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Das Buch für All e.
deswegen den König Tiengt-
song-tni-oang im Jahre 1800
lieber an einer Geschwulst im
Rücken sterben, als daß man
einen operativen Eingriff mit
dem Messer zugab, der ihm
sicherlich das Leben gerettet
hätte Niemand darf vor dein
Könige ohne die vom Cere-
monieuamte vorgeschriebeue
Kleidung und dann nur unter-
fortwährenden Verbeugungen
erscheinen. Jeder Reiter mus;
vor emem königlichen Palaste
absteigen rind seinen Weg zu
Fuße fortsetzen Der König
darf gegen Niemand vertrau-
lich sein, kommt es jedoch vor,
daß er Jemand berührt, so
hat der Betreffende an dieser
Stelle em sichtbares Zeichen,
gewöhnlich eine rothe Seiden-
schnur zu tragen, um jeder-
zeit an diese unerhörte Gunst-
bezeigung erinnert zu werden.
König Li-Hm sieht noch recht
jugendlich aus, hat lebhafte
Augen, kurzen, koreanischen
Kinnbart und einen freundli-
chen Ausdruck in dem blassen
Gesicht — Das ganze Ne-
gierungsfystem ist dem chine-
sischen gleichartig; die ge-
stimmte Beamtenschaft, von
den Mandarinen (siehe die
Skizze in der Mitte links) bis
zu den geringsten Angestellten,
ist korrumpirt und bestechlich
Heft 4.
— Das koreanische Militär
(siehe die Skizze in der Mitte
rechts) besteht aus etwa
50,000 Mann, wovon in Söul
6750, in Pmggang 1000 Mann
stehen, der Nest ist auf die
übrigen größeren Städte ver-
theilt. Das Heerwesen ist
wiederum dem chinesischen
Bannersystem nachgebildet.
Die Soldaten sind mit Lun-
tenslinten, Spießen, Pfeil und
Bogen bewaffnet; sie bilden
eine abgeschlossene und wenig
geachtete Kaste Geschütze gibt
es gar nicht, auch nicht aut
der Flotte, die nichts weiter-
ist, als eine Ansammlung von
elenden Dschonken chinesischer
Bauart.
In der Heuernte.
(Siehe das Bild auf Seite 105.) i
1-^^enn die Sonne vom
blauen Himmel ihr Gold
auf die Erde herabstrahlt, die
Lüfte lau und warm gehen
und anhaltendes, trockenes
Wetter in Aussicht steht, dann
ist es Zeit für die Heuernte,
diezweimalstattfindet,imJuni
meist der erste, im August der
zweite Schnitt. Bereits bei Ta-
gesgrauen ziehen die Schnit-
ter mit der Sense auf die
Wiese, und bald folgen die
Koreanischer Mandarin. (S. 103)
Der König von Korea. (S. 103"
Koreanische Soldaten. (S- 103)
Frauen, den Kopf mit Tü-
chern umhüllt, den Rechen
geschultert, und der Bube
mit dem Wasser- oder Most-
kruge fehlt nicht im Zuge.
Das geschnittene Gras ist
trocken geworden. Die Sonne
hat ihr Werk vollendet. Das
Heu knistert und sendet süße
berauschende Düfte empor. O,
welche Lust ist es dann, spa-
zieren zu gehen in dem Wohl-
geruch, den Inbegriff der
Sommer-Pracht zu athmen
Das hat auch jedenfalls die
Mutter, welche unser Bild
auf S. 105 darstellt, empfun
den, und nicht minder die
Kleinen. Sie wissen noch
nicht, was es ist, sie kennen
den Zauber des Heugeruches
nicht, sie können sich keine
Rechenschaft davon geben —
aber die Wirkung ist da
Der Duft macht sie lustig,
er weckt in ihnen den Wunsch,
das Heu zusammen zu raffen,
auf diesem zu liegen, sich mit
Heu.zu bedecken, in das Heu
zu verkriechen, nut all' dem
Uebermuth, welchen der Ju-
gend eigen Das ist eine
Freude, das ist ein Spaß, so
köstlich wie nichts sonst. Sie
haben ein Kaninchen mit-
genommen, das muß die Lust
Atter Walast in Söul. (S. 103)
theilen, das wird gleichfalls
in zusainmengescharrten Heu-
haufen versteckt — aber dem
Thierchen wird angst. Es frißt
das Heu gern, ihm ist auch
der Duft süß, jedoch ganz be-
deckt damit, dort eingedrückt
zu werden, daß es nichts
sehen und nicht ruhig die
dürren Halme verspeisen kann,
das ist kein sonderliches Ver-
gnügen, und es ergreift die
Flucht, Lächelnd schaut die
Mutter dem übermüthigen
Treiben ihrer Kinder zu. Die
weit sich hindehnenden Wie-
sen sind ihr Eigenthum; das
Heu wird die Kühe nähren,
die prächtige Milch den Kin-
dern zu Gute kommen. Der
Sommer schafft Segen für sie
und füllt ihre Speicher; sie
ist noch jung und schön, sie
ist selbst noch im Sommer
des Lebens Sinnend steht
der alte Schnitter bei den
Glücklichen und schaut dem
heiteren Treiben zu. Da ist
wirklich Sommer, sagt er sich,
möge er den Glücklichen noch
recht lange bleiben. — Diese
Sommerlust in Natur und
Leben bringt unser Bild „Heu-
ernte" sehr ausdrucksvoll zur
Anschauung.
Das Buch für All e.
deswegen den König Tiengt-
song-tni-oang im Jahre 1800
lieber an einer Geschwulst im
Rücken sterben, als daß man
einen operativen Eingriff mit
dem Messer zugab, der ihm
sicherlich das Leben gerettet
hätte Niemand darf vor dein
Könige ohne die vom Cere-
monieuamte vorgeschriebeue
Kleidung und dann nur unter-
fortwährenden Verbeugungen
erscheinen. Jeder Reiter mus;
vor emem königlichen Palaste
absteigen rind seinen Weg zu
Fuße fortsetzen Der König
darf gegen Niemand vertrau-
lich sein, kommt es jedoch vor,
daß er Jemand berührt, so
hat der Betreffende an dieser
Stelle em sichtbares Zeichen,
gewöhnlich eine rothe Seiden-
schnur zu tragen, um jeder-
zeit an diese unerhörte Gunst-
bezeigung erinnert zu werden.
König Li-Hm sieht noch recht
jugendlich aus, hat lebhafte
Augen, kurzen, koreanischen
Kinnbart und einen freundli-
chen Ausdruck in dem blassen
Gesicht — Das ganze Ne-
gierungsfystem ist dem chine-
sischen gleichartig; die ge-
stimmte Beamtenschaft, von
den Mandarinen (siehe die
Skizze in der Mitte links) bis
zu den geringsten Angestellten,
ist korrumpirt und bestechlich
Heft 4.
— Das koreanische Militär
(siehe die Skizze in der Mitte
rechts) besteht aus etwa
50,000 Mann, wovon in Söul
6750, in Pmggang 1000 Mann
stehen, der Nest ist auf die
übrigen größeren Städte ver-
theilt. Das Heerwesen ist
wiederum dem chinesischen
Bannersystem nachgebildet.
Die Soldaten sind mit Lun-
tenslinten, Spießen, Pfeil und
Bogen bewaffnet; sie bilden
eine abgeschlossene und wenig
geachtete Kaste Geschütze gibt
es gar nicht, auch nicht aut
der Flotte, die nichts weiter-
ist, als eine Ansammlung von
elenden Dschonken chinesischer
Bauart.
In der Heuernte.
(Siehe das Bild auf Seite 105.) i
1-^^enn die Sonne vom
blauen Himmel ihr Gold
auf die Erde herabstrahlt, die
Lüfte lau und warm gehen
und anhaltendes, trockenes
Wetter in Aussicht steht, dann
ist es Zeit für die Heuernte,
diezweimalstattfindet,imJuni
meist der erste, im August der
zweite Schnitt. Bereits bei Ta-
gesgrauen ziehen die Schnit-
ter mit der Sense auf die
Wiese, und bald folgen die
Koreanischer Mandarin. (S. 103)
Der König von Korea. (S. 103"
Koreanische Soldaten. (S- 103)
Frauen, den Kopf mit Tü-
chern umhüllt, den Rechen
geschultert, und der Bube
mit dem Wasser- oder Most-
kruge fehlt nicht im Zuge.
Das geschnittene Gras ist
trocken geworden. Die Sonne
hat ihr Werk vollendet. Das
Heu knistert und sendet süße
berauschende Düfte empor. O,
welche Lust ist es dann, spa-
zieren zu gehen in dem Wohl-
geruch, den Inbegriff der
Sommer-Pracht zu athmen
Das hat auch jedenfalls die
Mutter, welche unser Bild
auf S. 105 darstellt, empfun
den, und nicht minder die
Kleinen. Sie wissen noch
nicht, was es ist, sie kennen
den Zauber des Heugeruches
nicht, sie können sich keine
Rechenschaft davon geben —
aber die Wirkung ist da
Der Duft macht sie lustig,
er weckt in ihnen den Wunsch,
das Heu zusammen zu raffen,
auf diesem zu liegen, sich mit
Heu.zu bedecken, in das Heu
zu verkriechen, nut all' dem
Uebermuth, welchen der Ju-
gend eigen Das ist eine
Freude, das ist ein Spaß, so
köstlich wie nichts sonst. Sie
haben ein Kaninchen mit-
genommen, das muß die Lust
Atter Walast in Söul. (S. 103)
theilen, das wird gleichfalls
in zusainmengescharrten Heu-
haufen versteckt — aber dem
Thierchen wird angst. Es frißt
das Heu gern, ihm ist auch
der Duft süß, jedoch ganz be-
deckt damit, dort eingedrückt
zu werden, daß es nichts
sehen und nicht ruhig die
dürren Halme verspeisen kann,
das ist kein sonderliches Ver-
gnügen, und es ergreift die
Flucht, Lächelnd schaut die
Mutter dem übermüthigen
Treiben ihrer Kinder zu. Die
weit sich hindehnenden Wie-
sen sind ihr Eigenthum; das
Heu wird die Kühe nähren,
die prächtige Milch den Kin-
dern zu Gute kommen. Der
Sommer schafft Segen für sie
und füllt ihre Speicher; sie
ist noch jung und schön, sie
ist selbst noch im Sommer
des Lebens Sinnend steht
der alte Schnitter bei den
Glücklichen und schaut dem
heiteren Treiben zu. Da ist
wirklich Sommer, sagt er sich,
möge er den Glücklichen noch
recht lange bleiben. — Diese
Sommerlust in Natur und
Leben bringt unser Bild „Heu-
ernte" sehr ausdrucksvoll zur
Anschauung.