Heft 5.
135
von Stürmen, Orkanen, Wetterstürzen, Regengüssen,
Schlagwettergefahr, Erdbeben und Vulkanausbrüchen
vorher angekündigt.
Aus dem bisher Gesagten ist jedoch ersichtlich, daß
die Wetterpflanze, wenn ihre Voranzeigen genau sein
sollen, nicht von jedem beliebigen Laien gepflegt werden
kann, sondern ihre Kultur eine Wissenschaft bildet, die
erst durch langjährige Uebung erlernt und durch das
Zusammenarbeiten genügend vieler Kräfte nützlich ge-
macht werden kann. Infolge dessen arbeite ich eben
daran, die Gründung von vier internationalen Beob-
achtungsstationen zu bewerkstelligen, welche an den
günstigsten Punkten angelegt werden sollen, und ich
habe die frohe Hoffnung, mein Projekt bald verwirklicht
zu sehen." . . .
Soweit Herr Nowack über seine Entdeckung. Mancher
Leser wird aber noch ungläubig den Kopf schütteln und
sagen: „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt
der Glaube!"
Er mag sich aber trösten, denn ebenso ist es Jedem
ergangen, der zum ersten Male von der Wetterpflanze
gehört hat. Allein Herr Nowack hat bereits glänzende
Das Buch für Alle.
Beweise für seine Angaben erbracht. Als er unsere
Sternwarte besuchte, um unsere Mitwirkung zu erbitten,
legte er mir einen dicken Band seiner behördlich proto-
kollirten Voranzeigen und daneben die amtlichen Wetter-
karten für die vorbestimmten Zeiten vor, und ich mußte
über deren merkwürdige Übereinstimmung staunen.
Zwar gab es mitunter kleine Abweichungen, aber diese
erklären sich leicht, theils dadurch, daß der Entdecker
bisher auf seine eigenen Kräfte angewiesen war, also
nicht die physische Möglichkeit besaß, Alles zu beobachten,
theils durch die Unvollkommenheit der ihm von dem
„königlichen Astronomen" von England (wo er während
der letzten Jahre lebte) gelieferten astronomischen Mit-
theilungen. Denn da in London die Sonne nur an
ungefähr 70 bis 80 Tagen des Jahres sichtbar ist,
kann die Beobachtung der Sonnenslecken in England
nur ganz lückenhaft fein. Deshalb wurde Nowack in
letzterer Zeit auch von der Wiener k. k. Sternwarte
unterstützt. Aber weil auch in Wien nur etwa 200 Tage
im Jahre sind, welche Sonnenfleckenbeobachtungen er-
möglichen, sah sich Herr Nowack um eine günstiger ge-
legene Sternwarte um. Seine Wahl fiel stuf die neu¬
gegründete Sternwarte von Lussinpiccolo, deren Leitung
mir anvertraut ist, weil bei den außerordentlich günstigen
klimatischen Verhältnissen dieser Insel (welche jenen
von Nizza gleichkommen, wenn sie dieselben nicht gar
übertreffen, denn hier trägt z. B. die Dattelpalme
reife Früchte!) auf ungefähr 350 Sonnenbeobachtungs-
tage im Jahre gerechnet werden darf.
Merkwürdig ist auch, was mir Herr Nowack über
das Verhalten der Wetterpflanze in Bezug auf die
Sonnenflecken mitgetheilt hat. Wenn ein neuer Fleck
entsteht— und sei es auch auf der von uns ab gekehrten
Seite der Sonne — so beginnt ein Blatt unruhig zu
schwanken und zittert so lange, bis der betreffende Fleck
den Centralmeridian der Sonne erreicht hat. In dem-
selben Augenblicke nimmt das Blatt eine feste Stellung
ein und kann „abgelesen" werden. Seine Angaben be-
ziehen sich unfehlbar auf jene Zeit, zu welcher derselbe
Fleck zum zweiten Male den Centralmeridian der Sonne
passiren wird, was je nach seiner Lage nach 25 bis
28 Tagen der Fall ist. Sobald der nächste Central-
meridian-Durchgang des Flecks stattgefunden hat, fällt
das Blatt ab. Ebenso falls der Fleck sich schon früher
Die Kaiserin von Japan. (S. 131)
aufgelöst hätte. Sobald Herr Nowack aus dem Starr-
werden eines vorher schwankend gewesenen Blattes mit
Bestimmtheit weiß, daß eben ein Sonnenfleck den Central-
meridian der Sonne passirt hat, braucht er nur zu er-
fahren, wann dieser Durchgang zum zweiten Male statt-
sinden wird. Diese Zeit erfährt er aber von unserer
Sternwarte, weil wir aus der Lage eines Sonnenfleckes
berechnen können, wann derselbe nach einer vollen Um-
laufzeit wiederkehren wird. Alsdann vermag Herr
Nowack die nahenden Naturereignisse vorher zu be-
stimmen.
Der Entdecker hat mir auch zwei englische Blätter
(die „Correspondence Reuter" vom 31. Juli 1891 und
das „London-Journal" vom 5. November 1891) vor-
gelegt, welche glänzende Bestätigungen seiner Vorher-
ankündigungen enthalten. Aus dem erstgenannten geht
hervor, daß Palmieri in Neapel — der berühmte Vesuv-
Beobachter — erklärt hatte, die Erderschütterungen in
Oberitalien und die Ausbrüche des Vesuvs seien nun
für lange Zeit hinaus zur Ruhe gekommen. Nowack
in London hatte dies auf Grund der Anzeigen feiner
Wetterpflanze bestritten und gesagt, daß neue und hef-
tigere Ausbrüche zu gewärtigen feien, deren Tage er
zugleich angab. Er meldete dies u. A. auch dem tellu-
rischen Institut zu Bern. Die Folge zeigte, daß nicht
nur der Ausbruch des Vesuvs, sondern auch die Erd-
beben in Oberitalien beinahe auf den Tag genau ein-
trafen und zwar mit Verona als Mittelpunkt, wie Nowack
angekündigt hatte.
Die zweite Zeitung berichtet über eine Reihe von
wunderbaren Vorheranzeigen des Herrn Nowack (be-
ziehungsweise seiner Wetterpflanze), welche alle voll-
kommen genau eintrafen, als: die Tornados in Nord-
amerika, die Erdbeben in Sizilien und Bosnien, die
schlagenden Wetter in Westfalen und Staffordshire,
Stürme an den britischen und irischen Küsten u. s. w.
Dann heißt es wörtlich:
„Vor acht Wochen kündigte Herr Nowack in unserem
Blatte und anderswo an, daß große seismische Stö-
rungen zu erwarten seien, die sich namentlich auf der
Linie von Neu-Seeland über Japan, Madagaskar,
Martinique und Centralamerika äußern würden. Für
Martinique fei eine Wiederholung des Wirbelsturmes
bevorstehend, für Japan, Madagaskar und Central-
amerika gewaltige Erdbeben. Alles dies Mitte Sep-
tember. Und was geschah? Beinahe auf den Tag
wurde Centralamerika von einem unerhört heftigen
Erdbeben heimgesucht, dem einige Städte und Hunderte
von Menschen zum Opfer fielen; beinahe auf den Tag
ging in Bermuda, einer Nachbarinsel von Martinique,
der Wirbelsturm nieder: aus Madagaskar fehlten Nach-
richten: Japan allerdings blieb verschont. Herr Nowack
war aber sicher, daß das Erdbeben auch dort unaus-
bleiblich sei, die Katastrophe müsse sich dort vollziehen,
und zwar werde sie an Gewalt jener gleichkommen,
welche Sumatra im Jahre 1884 verheert hatte." Und
so geschah es! Am 2. November trat die Katastrophe
ein; binnen wenigen Minuten waren zahllose Städte
in Japan zerstört und über 20,000 Personen unter den
Trümmern begraben, oder von der weit in's Land ein-
dringenden See verschlungen.
Die Erfolge, welche Herr Nowack mit den Anzeigen
seiner Wetterpflanze erzielt hat, haben es endlich be-
wirkt, daß sich Persönlichkeiten, wie der königliche
Astronom für England, die Direktoren der k. k. Wiener
Sternwarte und der k. k. meteorologischen Reichsanstalt,
Professor Palmieri in Neapel, die Erzherzoge Joseph,
Rainer und Stephan, der k. k. Admiral Freiherr
v. Sterneck, der Ehrenpräsident der k. k. geographischen
Gesellschaft Graf Hans Wilczek, ferner die k. ungarische
Regierung, verschiedene Dampfschifffahrtsgesell'schaften
(darunter auch der Oesterreichische Lloyd), Schiffswerften,
Versicherungsgesellschaften u. f. w. für die Wetterpflanze
interesfirten und deren Entdecker zu unterstützen ver-
sprochen haben.
Sollte sein großartiger Plan in vollem Umfange
durchgeführt werden, so würde sich seine wunderbare
Entdeckung als eine der segensreichsten und nützlichsten
unseres Jahrhunderts erweisen und diesem einen glän-
zenden Abschluß geben!
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von Stürmen, Orkanen, Wetterstürzen, Regengüssen,
Schlagwettergefahr, Erdbeben und Vulkanausbrüchen
vorher angekündigt.
Aus dem bisher Gesagten ist jedoch ersichtlich, daß
die Wetterpflanze, wenn ihre Voranzeigen genau sein
sollen, nicht von jedem beliebigen Laien gepflegt werden
kann, sondern ihre Kultur eine Wissenschaft bildet, die
erst durch langjährige Uebung erlernt und durch das
Zusammenarbeiten genügend vieler Kräfte nützlich ge-
macht werden kann. Infolge dessen arbeite ich eben
daran, die Gründung von vier internationalen Beob-
achtungsstationen zu bewerkstelligen, welche an den
günstigsten Punkten angelegt werden sollen, und ich
habe die frohe Hoffnung, mein Projekt bald verwirklicht
zu sehen." . . .
Soweit Herr Nowack über seine Entdeckung. Mancher
Leser wird aber noch ungläubig den Kopf schütteln und
sagen: „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt
der Glaube!"
Er mag sich aber trösten, denn ebenso ist es Jedem
ergangen, der zum ersten Male von der Wetterpflanze
gehört hat. Allein Herr Nowack hat bereits glänzende
Das Buch für Alle.
Beweise für seine Angaben erbracht. Als er unsere
Sternwarte besuchte, um unsere Mitwirkung zu erbitten,
legte er mir einen dicken Band seiner behördlich proto-
kollirten Voranzeigen und daneben die amtlichen Wetter-
karten für die vorbestimmten Zeiten vor, und ich mußte
über deren merkwürdige Übereinstimmung staunen.
Zwar gab es mitunter kleine Abweichungen, aber diese
erklären sich leicht, theils dadurch, daß der Entdecker
bisher auf seine eigenen Kräfte angewiesen war, also
nicht die physische Möglichkeit besaß, Alles zu beobachten,
theils durch die Unvollkommenheit der ihm von dem
„königlichen Astronomen" von England (wo er während
der letzten Jahre lebte) gelieferten astronomischen Mit-
theilungen. Denn da in London die Sonne nur an
ungefähr 70 bis 80 Tagen des Jahres sichtbar ist,
kann die Beobachtung der Sonnenslecken in England
nur ganz lückenhaft fein. Deshalb wurde Nowack in
letzterer Zeit auch von der Wiener k. k. Sternwarte
unterstützt. Aber weil auch in Wien nur etwa 200 Tage
im Jahre sind, welche Sonnenfleckenbeobachtungen er-
möglichen, sah sich Herr Nowack um eine günstiger ge-
legene Sternwarte um. Seine Wahl fiel stuf die neu¬
gegründete Sternwarte von Lussinpiccolo, deren Leitung
mir anvertraut ist, weil bei den außerordentlich günstigen
klimatischen Verhältnissen dieser Insel (welche jenen
von Nizza gleichkommen, wenn sie dieselben nicht gar
übertreffen, denn hier trägt z. B. die Dattelpalme
reife Früchte!) auf ungefähr 350 Sonnenbeobachtungs-
tage im Jahre gerechnet werden darf.
Merkwürdig ist auch, was mir Herr Nowack über
das Verhalten der Wetterpflanze in Bezug auf die
Sonnenflecken mitgetheilt hat. Wenn ein neuer Fleck
entsteht— und sei es auch auf der von uns ab gekehrten
Seite der Sonne — so beginnt ein Blatt unruhig zu
schwanken und zittert so lange, bis der betreffende Fleck
den Centralmeridian der Sonne erreicht hat. In dem-
selben Augenblicke nimmt das Blatt eine feste Stellung
ein und kann „abgelesen" werden. Seine Angaben be-
ziehen sich unfehlbar auf jene Zeit, zu welcher derselbe
Fleck zum zweiten Male den Centralmeridian der Sonne
passiren wird, was je nach seiner Lage nach 25 bis
28 Tagen der Fall ist. Sobald der nächste Central-
meridian-Durchgang des Flecks stattgefunden hat, fällt
das Blatt ab. Ebenso falls der Fleck sich schon früher
Die Kaiserin von Japan. (S. 131)
aufgelöst hätte. Sobald Herr Nowack aus dem Starr-
werden eines vorher schwankend gewesenen Blattes mit
Bestimmtheit weiß, daß eben ein Sonnenfleck den Central-
meridian der Sonne passirt hat, braucht er nur zu er-
fahren, wann dieser Durchgang zum zweiten Male statt-
sinden wird. Diese Zeit erfährt er aber von unserer
Sternwarte, weil wir aus der Lage eines Sonnenfleckes
berechnen können, wann derselbe nach einer vollen Um-
laufzeit wiederkehren wird. Alsdann vermag Herr
Nowack die nahenden Naturereignisse vorher zu be-
stimmen.
Der Entdecker hat mir auch zwei englische Blätter
(die „Correspondence Reuter" vom 31. Juli 1891 und
das „London-Journal" vom 5. November 1891) vor-
gelegt, welche glänzende Bestätigungen seiner Vorher-
ankündigungen enthalten. Aus dem erstgenannten geht
hervor, daß Palmieri in Neapel — der berühmte Vesuv-
Beobachter — erklärt hatte, die Erderschütterungen in
Oberitalien und die Ausbrüche des Vesuvs seien nun
für lange Zeit hinaus zur Ruhe gekommen. Nowack
in London hatte dies auf Grund der Anzeigen feiner
Wetterpflanze bestritten und gesagt, daß neue und hef-
tigere Ausbrüche zu gewärtigen feien, deren Tage er
zugleich angab. Er meldete dies u. A. auch dem tellu-
rischen Institut zu Bern. Die Folge zeigte, daß nicht
nur der Ausbruch des Vesuvs, sondern auch die Erd-
beben in Oberitalien beinahe auf den Tag genau ein-
trafen und zwar mit Verona als Mittelpunkt, wie Nowack
angekündigt hatte.
Die zweite Zeitung berichtet über eine Reihe von
wunderbaren Vorheranzeigen des Herrn Nowack (be-
ziehungsweise seiner Wetterpflanze), welche alle voll-
kommen genau eintrafen, als: die Tornados in Nord-
amerika, die Erdbeben in Sizilien und Bosnien, die
schlagenden Wetter in Westfalen und Staffordshire,
Stürme an den britischen und irischen Küsten u. s. w.
Dann heißt es wörtlich:
„Vor acht Wochen kündigte Herr Nowack in unserem
Blatte und anderswo an, daß große seismische Stö-
rungen zu erwarten seien, die sich namentlich auf der
Linie von Neu-Seeland über Japan, Madagaskar,
Martinique und Centralamerika äußern würden. Für
Martinique fei eine Wiederholung des Wirbelsturmes
bevorstehend, für Japan, Madagaskar und Central-
amerika gewaltige Erdbeben. Alles dies Mitte Sep-
tember. Und was geschah? Beinahe auf den Tag
wurde Centralamerika von einem unerhört heftigen
Erdbeben heimgesucht, dem einige Städte und Hunderte
von Menschen zum Opfer fielen; beinahe auf den Tag
ging in Bermuda, einer Nachbarinsel von Martinique,
der Wirbelsturm nieder: aus Madagaskar fehlten Nach-
richten: Japan allerdings blieb verschont. Herr Nowack
war aber sicher, daß das Erdbeben auch dort unaus-
bleiblich sei, die Katastrophe müsse sich dort vollziehen,
und zwar werde sie an Gewalt jener gleichkommen,
welche Sumatra im Jahre 1884 verheert hatte." Und
so geschah es! Am 2. November trat die Katastrophe
ein; binnen wenigen Minuten waren zahllose Städte
in Japan zerstört und über 20,000 Personen unter den
Trümmern begraben, oder von der weit in's Land ein-
dringenden See verschlungen.
Die Erfolge, welche Herr Nowack mit den Anzeigen
seiner Wetterpflanze erzielt hat, haben es endlich be-
wirkt, daß sich Persönlichkeiten, wie der königliche
Astronom für England, die Direktoren der k. k. Wiener
Sternwarte und der k. k. meteorologischen Reichsanstalt,
Professor Palmieri in Neapel, die Erzherzoge Joseph,
Rainer und Stephan, der k. k. Admiral Freiherr
v. Sterneck, der Ehrenpräsident der k. k. geographischen
Gesellschaft Graf Hans Wilczek, ferner die k. ungarische
Regierung, verschiedene Dampfschifffahrtsgesell'schaften
(darunter auch der Oesterreichische Lloyd), Schiffswerften,
Versicherungsgesellschaften u. f. w. für die Wetterpflanze
interesfirten und deren Entdecker zu unterstützen ver-
sprochen haben.
Sollte sein großartiger Plan in vollem Umfange
durchgeführt werden, so würde sich seine wunderbare
Entdeckung als eine der segensreichsten und nützlichsten
unseres Jahrhunderts erweisen und diesem einen glän-
zenden Abschluß geben!