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„Es geht mir und Mama
sehr nahe," erwiederte sie schnell.
„WenndieHerrschaften nichts
dagegen haben," fiel Lothar ein,
seine Mütze leicht berührend, „so
empfehle ich mich und konzen-
trire mich rückwärts. Ich bin
bei diesem Duo wohl überflüssig!"
Er grüßte und schritt üöer
den Fahrdamm davon.
Nach der eben vorangegange-
nen Unterredung mit der Gräfin
fiel dem Professor diese Hal-
tung ihres Sohnes zum ersten
Male unangenehm auf. Früher
hatte er den jungen Menschen
kaum beachtet.
Lilla errieth seine Gedanken
und sagte ruhig: „Lothar ist so
ungern aus Berlin hierher ge-
kommen und deshalb ewig ge-
reizter Laune. Man muß ihm
nichts übel nehmen."
„Wenn er die Erlaubnis
dazu von euch Beiden erhält,
kann ich nichts dagegen haben.
Mir gegenüber möchte ich diese
üble Laune lieber vermissen,"
versetzte Egbert bestimmt.
Sie erröthete, was ihren:
feinen Gesicht stets einen beson-
deren Reiz verlieh. „Ich werde
Maina darauf aufmerksam
mache::."
„Und Du stimmst hoffent-
lich mit mir überein?" fragte
er, ihren Blick suchend. „Doch
laß das jetzt ruhen! Unser
kurzes Beisammensein soll durch
solche Dinge nicht berührt wer-
den. Nur das Eine möchte ich
mir von: Herzen sprechen: ich
wäre glücklich, konnte ich Dich
so bald, wie ich es sehnlich
wünsche, als mein Weib heim-
führen. Dieser halbe Zustand,
dieses halbe Mirgehören, quält

Das B u ch f ü r All e.

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mich mehr, als es mich be-
glückt. Die Gefahr liegt so nahe,
daß Du nur entfremdet wirst."
„Ich bitte Dich, Egbert!"
sagte sie, unwillkürlich erschreckt.
„Ich komme von Deiner
Mutter," fuhr er ruhig fort,
„und zwar tief verstimmt. Du
mußt mir beistehen, meine ge-
liebte Lilla, die Autorität, welche
Dein Besitz mir einräumt, ihr
gegenüber zu wahren, zu unser
Aller Familienglück. Willst
Du, Lilla?"
„Du bringst mich da in eine
Lage, die'mir als Tochter sehr
peinlich sein muß."
„Jedenfalls weißt Du nun,
weshalb ich unsere eheliche Ver-
bindung so sehr zu beschleuuigen
wünschte," erwiederte er ernst.
„Meine Zeit ist zu Ende, ich
muß Dich verlassen. Eines ver-
sprich mir, Lilla! Lege für die
nächsten Wochen Trauer um
meine Schwägerin an. Ich müßte
es als einen Beweis der Gleich-
giltigkeit ansehen, wolltest Du
als meine Braut dem üblichen
Gebrauch Dich nicht unterwer-
fen. Es ist unbegreiflich, daß
davon überhaupt gesprochen wer-
den muß, und sehr peinlich für
meine Empfindungen."
Er hatte ihren Arm aus dem seinen gleiten
lassen, nur ihre Rechte hielt er noch fest umspannt.
„Ich werde Trauer anlegen," sagte Lilla. Aber
sie sagte es nicht freundlich zustimmend. Und so
konnte er sich über diese Worte auch nicht freuen.
„Ich danke Dir!" Er küßte ihre Hand und ver-
ließ sie. . . .
Die Gräfin, welche sich von ihrer Entrüstung kann:
erholt hatte, als ihre Tochter den Salon betrat, eilte
dieser ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit lebhaft ent-
gegen und rief: „Professor Frank hatte soeben die Güte,
mich über meine Pflichten zu belehren, was der Neu-
heit halber jedenfalls interessant war. Zugleich machte

Mm Wordoslseekanat: Kydrautische Maschinen. (L. 551)
Triginalzeichnung von F. Lindner.


Mm Mordostseekanak: Kanatverkehr. Originalze:chnung von F. Lindner (S. 551)
 
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