588
Das Buch für Alle.
Heft 24.
Leben allein in
Am Back- und Brutofen.
Ausgabefenster.
gegangen. Man ist aber so
an stch gepresst. Dann tnsste er ste unter dem naren
Nachthimmel, wo die ungezählten kleinen Sterne auf
ihre Nachwirkung. Der Schatten ist tobt,
erkannt, daß er ein Wahngebild
Glück und mein
er zu Grunde
eitel! Es klingt so großartig: .die hat ein
Bist Du zufrieden mit mir?" Er schloß sie wortlos
in die Arme. Beide Gatten fühlten, daß sie sich erst
heute in Wahrheit gefunden hatten. Kein Schatten
schwebte mehr über dem Haupte der Glücklichen.
loren hab' ich es nicht — was Du mir einmal geschenkt,
das bleibt ewig mein, nicht wahr, lieber, harter, ge-
liebter Mann?"
Erschüttert stand er still und hielt sein Weib fest
Summe Geldes zustellen lassen mit dem Bedeuten, daß
er schleunigst das Dorf verlassen möge. Verlaß Dich
darauf, er nimmt das Geld und geht. — Und nun
komm', wir wollen nach Hause! Ich halte hiermit die
Ereignisse des heutigen Tages für nbgethan."
war, dann mußte es schlimm stehen nut dem Opfer des
eifersüchtigen Schmieds.
„Wo ist der Herr?" fragte Emma die Umstehenden
in zitternder Haft.
„In der Stube, gnäd'ge Frau."
Wirklich. Durch das eingeschlagene Fenster erblickte
sie ihren Gatten neben dem Schänktisch, auf dem die
Scherben von zerbrochenen Flaschen lagen, in einer
Lache von Flüssigkeiten, die in einen: fort auf die
schmutzigen Dielen Heruntertropfteil. Er hatte den
großen Schmied im Verhör, der zerrauft, bleich und
verstockt auf die Erde starrte, während seine Braut, die
Rosa, auf der Ofenbank kauerte und in ihre Schürze
weinte. Doch Alles dieses hätte eher beruhigend aus
die junge Frau wirken können, wenn nicht im Hinter-
gründe vor der Kammerthür ein Mensch hingestreckt
gelegen hätte, die Faust noch geballt, den Mund halb
geöffnet, als ob er röchele, den Rock und die Weste
über der Brust ausgelassen, das unsaubere Hemd dar-
unter zerfetzt, mit Blut befleckt.
Alls der Stirn der jungen Frau sammelten sich
große Tropfen kalten Schweißes all, denn bei den:
Schein der qualmenden Hängelampe erkannte sie das
fahle, verzerrte Gesicht: es war der „schöne Asfessor".
Todt vielleicht? Nein, er regte sich. Die Muskeln
seiner Fällst erschlafften; er streckte die Arme von sich
und ließ ein paar lallende, unverständliche Worte hören.
Günther wandte sich um nach ihm.
„Er ist nur betrunken, weiter nichts," sagte er ruhig.
„Schafft ihn in die Kammer! Da mag er ausschlafen.
Und Du, Schmied, laß Dir den Schreck zur Warnung
dienen, wenn Dich 'mal wieder die Wuth übermannen
sollte. Es ist schließlich kein Spaß, einen Todtschlag
auf sich zu laden."
Damit verließ er die Schänke. Die Leute draußen
traten ihm ehrerbietig aus dein Wege. Die Arbeiter
hielten den Mund und rissen die Mütze vom Kops.
„Guten Abend!" sagte der Gutsherr gelassen. Dann
aber Hütte er doch beinahe die Fassung verloren: es
legten sich plötzlich ein paar weiche Arme um seinen Hals,
und die Stimme seines Weibes nannte seinen Namen.
„Du, Emma! Du hier?"
Sie lehnte, an allen Gliedern zitternd, in seinem
Arm. „Weißt Du — wer es ist — der Fremde —
der Betrunkene?"
„Nun, ich habe es mir mit wenig Scharfsinn denken
können. Außerdem, ich sah ja heute Abend den Kerl
über den Wiesengraben setzen."
Da brach sie in ein leises Weinen aus.
„O Günther, es mar gut, daß ich ihn sah in seiner-
ganzen Verworfenheit! Nun weiß ich genau, auch ohne
mich wäre
dumm, so
Herz gebrochen!' Aber nein !" —lsier wurde ihre Stimme
fester — „ich habe keines gebrochen, am allerwenigsten
Dein treues, festes, gesundes, mein Günther! Auch ver-
„Ja," sagte sie, „das sind sie. Bleiben aber soll
's' ' ' '. Ich habe
ivar, und daß mein
Deiner Liebe beruht.
Eine birmanische Sommerfrische.
(Siehe das Bild auf Seite 585.)
"s)sm 1. Januar 1886 wurde das hiuterindische Königreich
Birma dem britischen Weltreiche einverleibt, und seit-
dem ist das an Naturschätzen reiche Land
in raschem Aufschwünge begriffen. Die
intelligente Bevölkerung hat sich schnell
an die englische Herrschaft gewöhnt, die
den: Lande innere und äußere Ruhe und
Sicherheit gewährleistet, nur die halbchine-
sischen Schau-Stämme im Grenzgebirge des
Nordens von Birma gegen die chinesische
Provinz Jünnan hin, führten noch eine
Zeitlang den Guerillakrieg gegen die Eng-
länder fort. Jetzt haben auch sie die Vor-
züge der neuen Negierung schätzen gelernt,
und die englischen Beamten in Mandaleh,
der birmanischen Hauptstadt, ziehen jetzt
so sorglos in die Schangebirge, um dort
ihre Sommerfrische abzuhalten, wie die in
Kalkutta lebenden Engländer nach Dard-
schiling. Unsere Bilder auf S. 585 ver-
setzen den Leser nach der birmanischen
Sommerfrische Mapmpo in den Schau-
bergen. Das ehemals ganz unbedeutende
Dorf, das sich nur durch seine schöne
landschaftliche Umgebung, sowie durch seine
für militärische Zwecke günstige Lage aus-
zeichnete, wurde während des Kampfes mit
den Schau zur Anlage eines Forts aus-
ersehen (Skizze 1), in welchen: auch nach
Beendigung desselben eine Besatzung indi-
scher Truppen zurückblieb (Skizze 3). Im
Schutze des Forts aber begannen sich als-
bald die erholungsbedürftigen englischen
Regierungsbeamten und Offiziere anzu-
siedeln, die während der heißen Zeit aus
Mandaleh nach dem 1200 Meter höher-
gelegenen Maymyo flüchteten, um dort
anstatt der Patinen und Bananen einmal
wieder Fichten zu sehen und kühlere Lüfte
zu athmen. Gleich im Jahre darauf kamen
auch sogar englische Offiziersdamen nach
der neuentdeckten Sommerfrische, die sich,
obwohl die Wege noch unsicher und be-
waffnete Begleitmannschaft nöthig war,
auf den Schultern stämmiger Schau den
steilen Bergpfad nach Mapmpo empor-
tragen ließen (Skizze 6). Jetzt ist der Ort
in schnellen: Aufblühen begriffen, und zwar
nicht nur als Sommerstntion, sondern
auch als Handelsplatz. Es kommen dorthin die Händler aus
den verschiedenen Schanstaaten, und allwöchentlich pasfiren
lange Karawane:: von Buckelochsen durch, welche in Körben die
Landesprodukte aus den Bergen nach Mandaleh hinabbringen
(Skizze 5). Auch der Markt von Mapmpo ist aus der engeren
und weiteren Umgebung stets gut besucht (Skizze 4), und man
sich gepreßt. Dann küßte er sie unter dem klaren
sie herab blinkten und der Herbstwind sich leise im
Schlummer regte.
„Keine Thrünen mehr, Emma, mein armes, liebes
Weib. Unser Kampf, den Du so tapfer mit mir allein
führen wolltest, ist bereits zu Ende. Wohl uns, daß
er nicht mehr als ein paar Thrünen und harte Worte
gekostet hat. Jetzt keinen Gedanken mehr für jenen
Elenden! Ich werde ihm morgen in der Frühe eine
Das Buch für Alle.
Heft 24.
Leben allein in
Am Back- und Brutofen.
Ausgabefenster.
gegangen. Man ist aber so
an stch gepresst. Dann tnsste er ste unter dem naren
Nachthimmel, wo die ungezählten kleinen Sterne auf
ihre Nachwirkung. Der Schatten ist tobt,
erkannt, daß er ein Wahngebild
Glück und mein
er zu Grunde
eitel! Es klingt so großartig: .die hat ein
Bist Du zufrieden mit mir?" Er schloß sie wortlos
in die Arme. Beide Gatten fühlten, daß sie sich erst
heute in Wahrheit gefunden hatten. Kein Schatten
schwebte mehr über dem Haupte der Glücklichen.
loren hab' ich es nicht — was Du mir einmal geschenkt,
das bleibt ewig mein, nicht wahr, lieber, harter, ge-
liebter Mann?"
Erschüttert stand er still und hielt sein Weib fest
Summe Geldes zustellen lassen mit dem Bedeuten, daß
er schleunigst das Dorf verlassen möge. Verlaß Dich
darauf, er nimmt das Geld und geht. — Und nun
komm', wir wollen nach Hause! Ich halte hiermit die
Ereignisse des heutigen Tages für nbgethan."
war, dann mußte es schlimm stehen nut dem Opfer des
eifersüchtigen Schmieds.
„Wo ist der Herr?" fragte Emma die Umstehenden
in zitternder Haft.
„In der Stube, gnäd'ge Frau."
Wirklich. Durch das eingeschlagene Fenster erblickte
sie ihren Gatten neben dem Schänktisch, auf dem die
Scherben von zerbrochenen Flaschen lagen, in einer
Lache von Flüssigkeiten, die in einen: fort auf die
schmutzigen Dielen Heruntertropfteil. Er hatte den
großen Schmied im Verhör, der zerrauft, bleich und
verstockt auf die Erde starrte, während seine Braut, die
Rosa, auf der Ofenbank kauerte und in ihre Schürze
weinte. Doch Alles dieses hätte eher beruhigend aus
die junge Frau wirken können, wenn nicht im Hinter-
gründe vor der Kammerthür ein Mensch hingestreckt
gelegen hätte, die Faust noch geballt, den Mund halb
geöffnet, als ob er röchele, den Rock und die Weste
über der Brust ausgelassen, das unsaubere Hemd dar-
unter zerfetzt, mit Blut befleckt.
Alls der Stirn der jungen Frau sammelten sich
große Tropfen kalten Schweißes all, denn bei den:
Schein der qualmenden Hängelampe erkannte sie das
fahle, verzerrte Gesicht: es war der „schöne Asfessor".
Todt vielleicht? Nein, er regte sich. Die Muskeln
seiner Fällst erschlafften; er streckte die Arme von sich
und ließ ein paar lallende, unverständliche Worte hören.
Günther wandte sich um nach ihm.
„Er ist nur betrunken, weiter nichts," sagte er ruhig.
„Schafft ihn in die Kammer! Da mag er ausschlafen.
Und Du, Schmied, laß Dir den Schreck zur Warnung
dienen, wenn Dich 'mal wieder die Wuth übermannen
sollte. Es ist schließlich kein Spaß, einen Todtschlag
auf sich zu laden."
Damit verließ er die Schänke. Die Leute draußen
traten ihm ehrerbietig aus dein Wege. Die Arbeiter
hielten den Mund und rissen die Mütze vom Kops.
„Guten Abend!" sagte der Gutsherr gelassen. Dann
aber Hütte er doch beinahe die Fassung verloren: es
legten sich plötzlich ein paar weiche Arme um seinen Hals,
und die Stimme seines Weibes nannte seinen Namen.
„Du, Emma! Du hier?"
Sie lehnte, an allen Gliedern zitternd, in seinem
Arm. „Weißt Du — wer es ist — der Fremde —
der Betrunkene?"
„Nun, ich habe es mir mit wenig Scharfsinn denken
können. Außerdem, ich sah ja heute Abend den Kerl
über den Wiesengraben setzen."
Da brach sie in ein leises Weinen aus.
„O Günther, es mar gut, daß ich ihn sah in seiner-
ganzen Verworfenheit! Nun weiß ich genau, auch ohne
mich wäre
dumm, so
Herz gebrochen!' Aber nein !" —lsier wurde ihre Stimme
fester — „ich habe keines gebrochen, am allerwenigsten
Dein treues, festes, gesundes, mein Günther! Auch ver-
„Ja," sagte sie, „das sind sie. Bleiben aber soll
's' ' ' '. Ich habe
ivar, und daß mein
Deiner Liebe beruht.
Eine birmanische Sommerfrische.
(Siehe das Bild auf Seite 585.)
"s)sm 1. Januar 1886 wurde das hiuterindische Königreich
Birma dem britischen Weltreiche einverleibt, und seit-
dem ist das an Naturschätzen reiche Land
in raschem Aufschwünge begriffen. Die
intelligente Bevölkerung hat sich schnell
an die englische Herrschaft gewöhnt, die
den: Lande innere und äußere Ruhe und
Sicherheit gewährleistet, nur die halbchine-
sischen Schau-Stämme im Grenzgebirge des
Nordens von Birma gegen die chinesische
Provinz Jünnan hin, führten noch eine
Zeitlang den Guerillakrieg gegen die Eng-
länder fort. Jetzt haben auch sie die Vor-
züge der neuen Negierung schätzen gelernt,
und die englischen Beamten in Mandaleh,
der birmanischen Hauptstadt, ziehen jetzt
so sorglos in die Schangebirge, um dort
ihre Sommerfrische abzuhalten, wie die in
Kalkutta lebenden Engländer nach Dard-
schiling. Unsere Bilder auf S. 585 ver-
setzen den Leser nach der birmanischen
Sommerfrische Mapmpo in den Schau-
bergen. Das ehemals ganz unbedeutende
Dorf, das sich nur durch seine schöne
landschaftliche Umgebung, sowie durch seine
für militärische Zwecke günstige Lage aus-
zeichnete, wurde während des Kampfes mit
den Schau zur Anlage eines Forts aus-
ersehen (Skizze 1), in welchen: auch nach
Beendigung desselben eine Besatzung indi-
scher Truppen zurückblieb (Skizze 3). Im
Schutze des Forts aber begannen sich als-
bald die erholungsbedürftigen englischen
Regierungsbeamten und Offiziere anzu-
siedeln, die während der heißen Zeit aus
Mandaleh nach dem 1200 Meter höher-
gelegenen Maymyo flüchteten, um dort
anstatt der Patinen und Bananen einmal
wieder Fichten zu sehen und kühlere Lüfte
zu athmen. Gleich im Jahre darauf kamen
auch sogar englische Offiziersdamen nach
der neuentdeckten Sommerfrische, die sich,
obwohl die Wege noch unsicher und be-
waffnete Begleitmannschaft nöthig war,
auf den Schultern stämmiger Schau den
steilen Bergpfad nach Mapmpo empor-
tragen ließen (Skizze 6). Jetzt ist der Ort
in schnellen: Aufblühen begriffen, und zwar
nicht nur als Sommerstntion, sondern
auch als Handelsplatz. Es kommen dorthin die Händler aus
den verschiedenen Schanstaaten, und allwöchentlich pasfiren
lange Karawane:: von Buckelochsen durch, welche in Körben die
Landesprodukte aus den Bergen nach Mandaleh hinabbringen
(Skizze 5). Auch der Markt von Mapmpo ist aus der engeren
und weiteren Umgebung stets gut besucht (Skizze 4), und man
sich gepreßt. Dann küßte er sie unter dem klaren
sie herab blinkten und der Herbstwind sich leise im
Schlummer regte.
„Keine Thrünen mehr, Emma, mein armes, liebes
Weib. Unser Kampf, den Du so tapfer mit mir allein
führen wolltest, ist bereits zu Ende. Wohl uns, daß
er nicht mehr als ein paar Thrünen und harte Worte
gekostet hat. Jetzt keinen Gedanken mehr für jenen
Elenden! Ich werde ihm morgen in der Frühe eine