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Das Buch für Alle
Heft 26.
keit und Unterhaltung geboten, als früher. Am Strande,
dem sogenannten Unterland, erhebt sich die neue, gut ein-
gerichtete Schwimm- und Badeanstalt, welche besonders an
stürmischen Tagen, wenn die Ueberfahrt nach der Badedüne
nicht rathsam ist, stark besucht wird; und an Stelle des früheren
Strandpavillons hat man ein neues Kurhaus errichtet, das
für die Vereinigring der Gäste den willkommenen Mittelpunkt
abgibt. Der Verkehr mit dem Oberlande, jener rothen
68 Meter hoch ans dem Meere aufsteigenden Klippe, welche
nebst dem flachen vorgelagerten Strande die ganze ^nsel aus-
macht, wird durch eine breite, bequeme Treppe von 190 Stufen
vermittelt. Die ganz Bequemen befördert der daneben an-
gebrachte Fahrstuhl mühelos auf die Höhe. Unser Bild auf
S. 625 versetzt den Beschauer auf den mittleren Absatz der
Treppe; man sieht von dort herab auf die kleinen Logirhäus-
Hnmoriftisches.
Die
Wohnt hier der Kunstmaler Fenerbrand? — Jawohl,
Herr Wachtmeister, Uber vier Stiegen links!
Nwhaftung des Anarchisten.
Aach Skizzen von W. GrögLer.
Jesses, Jesses! Der Wachtmeister mit aufgcpflanztem
Seitengewehr! Weib, ich glaub' allwcil, der Feuerbrand
ist ein Anarchist oder Hochverräther; bei die Künstler is
'Alles möglich! Der Name klingt schon so verdächtig!
Denken's Ihnen, Jungfer Kathi, grad' is der Polizei-
wachtmeister zum Maler Feuerbrand 'nauf, um ihn zu ver-
haften als Anarchist oder Hochverräther. Da erleben wir
heut noch 'was!
Sie, Frau Stcngelhuderlii, haben Sie's schon gehört?
Die Gendarmerie is droben beim Maler Feucrbrand, er
is, hör' ich, ein Mörder oder Antichrist oder so 'was ähn-
lich's. — Wer halt' jetzt dees glaubt!
Die G'fchicht dauert mir zu lang! Wissen's was, ich
geh' 'nauf und horch' a bist an der Thür, da erfahrn wir
schon, was is mit dem säubern Mussiöh!
Halt! jetzt hör' ich 'was rumpeln und stürzen! Ahal
wahrscheinlich halt er Haussuchung!
Herrsch ! Ketten hab' ich klirren g'hört; der Wachtmeister
schreit: Hab' ich Dich endlich, Du Lump miscrabligcr! Und
der Feuerbrand lacht hellauf dazu! Na so ein schlechter Kerl!
Anfpasscn! Jetzt kommcn's! Ja, aber wo is denn der
Feucrbrand? In die Taschen schiebt er 'was 'nein, der Wacht-
meister, und lacht dabei iiber's ganze Gesicht!
Ich den Fcncrbrand verhaften? so ein' noblen, patenten
Herrn? Ha, das wär' nit schlechtAbphosographirt hat er mich
in der Geschwindigkeit, weil er ein' Gendarm braucht für
sein Bild — das Ende des Wilderers! Wie ich gerad' dem
Kerl das Bajonnct an die Brust sei;' und schrei: Hab' ich
Dich endlich, Du Lump Du miscrubliger!
chen des Unterlandes, das Meer mit den Fischerbooten und
einen am Horizont hinziehenden Dampfer; gerade im Mittel-
gründe steigt der durch Dampfkraft bewegte Aufzug empor.
Aus der großen Treppe herrscht tagsüber reges Leben. Wer
oben im Dorfe wohnt, muß des Badens und der Unterhaltung
wegen hinab; wer unten logirt, steigt hinauf, um auf dein
Falm längs der Klippen oder in der Kartoffelallee, die das
Oberland in der Mitte durchschneidet, einen Spaziergang zu
machen bis zum Leuchtthurm oder zum Nathurnstak, von wo
aus mail großartige Aussichten auf das ewig bewegte, nach
allen Seiten sich endlos dehnende Meer hat. Voll den deut-
scherseits auf dem Oberlande angebrachten Festungswerken
gewahrt man fast nichts, da sie unterirdisch angelegt sind;
dagegen trifft man häufig genug Leute von der Besatzung an,
die aus 60 Mann Marineartillerie besteht. Einen scharfen
Gegensatz zu den lebhaft umherschwärmenden Badegästen bilden
die Helgoländer, die am Strande, auf der Treppe oder am
Falm tagelang herunlfnulenzen, falls fie nicht als Lootsen,
Fischer oder Schiffer gerade in Anspruch genommen find, wo
sie dann auch wieder Tage und Nächte hindurch angestrengt
thätig sein können. Uebrigens haben diese biederen Insulaner
gar nichts Urwüchsiges mehr, sondern verstehen sich auf das
Fremdengeschüft wie ein moderner Gastwirth.
Das Buch für Alle
Heft 26.
keit und Unterhaltung geboten, als früher. Am Strande,
dem sogenannten Unterland, erhebt sich die neue, gut ein-
gerichtete Schwimm- und Badeanstalt, welche besonders an
stürmischen Tagen, wenn die Ueberfahrt nach der Badedüne
nicht rathsam ist, stark besucht wird; und an Stelle des früheren
Strandpavillons hat man ein neues Kurhaus errichtet, das
für die Vereinigring der Gäste den willkommenen Mittelpunkt
abgibt. Der Verkehr mit dem Oberlande, jener rothen
68 Meter hoch ans dem Meere aufsteigenden Klippe, welche
nebst dem flachen vorgelagerten Strande die ganze ^nsel aus-
macht, wird durch eine breite, bequeme Treppe von 190 Stufen
vermittelt. Die ganz Bequemen befördert der daneben an-
gebrachte Fahrstuhl mühelos auf die Höhe. Unser Bild auf
S. 625 versetzt den Beschauer auf den mittleren Absatz der
Treppe; man sieht von dort herab auf die kleinen Logirhäus-
Hnmoriftisches.
Die
Wohnt hier der Kunstmaler Fenerbrand? — Jawohl,
Herr Wachtmeister, Uber vier Stiegen links!
Nwhaftung des Anarchisten.
Aach Skizzen von W. GrögLer.
Jesses, Jesses! Der Wachtmeister mit aufgcpflanztem
Seitengewehr! Weib, ich glaub' allwcil, der Feuerbrand
ist ein Anarchist oder Hochverräther; bei die Künstler is
'Alles möglich! Der Name klingt schon so verdächtig!
Denken's Ihnen, Jungfer Kathi, grad' is der Polizei-
wachtmeister zum Maler Feuerbrand 'nauf, um ihn zu ver-
haften als Anarchist oder Hochverräther. Da erleben wir
heut noch 'was!
Sie, Frau Stcngelhuderlii, haben Sie's schon gehört?
Die Gendarmerie is droben beim Maler Feucrbrand, er
is, hör' ich, ein Mörder oder Antichrist oder so 'was ähn-
lich's. — Wer halt' jetzt dees glaubt!
Die G'fchicht dauert mir zu lang! Wissen's was, ich
geh' 'nauf und horch' a bist an der Thür, da erfahrn wir
schon, was is mit dem säubern Mussiöh!
Halt! jetzt hör' ich 'was rumpeln und stürzen! Ahal
wahrscheinlich halt er Haussuchung!
Herrsch ! Ketten hab' ich klirren g'hört; der Wachtmeister
schreit: Hab' ich Dich endlich, Du Lump miscrabligcr! Und
der Feuerbrand lacht hellauf dazu! Na so ein schlechter Kerl!
Anfpasscn! Jetzt kommcn's! Ja, aber wo is denn der
Feucrbrand? In die Taschen schiebt er 'was 'nein, der Wacht-
meister, und lacht dabei iiber's ganze Gesicht!
Ich den Fcncrbrand verhaften? so ein' noblen, patenten
Herrn? Ha, das wär' nit schlechtAbphosographirt hat er mich
in der Geschwindigkeit, weil er ein' Gendarm braucht für
sein Bild — das Ende des Wilderers! Wie ich gerad' dem
Kerl das Bajonnct an die Brust sei;' und schrei: Hab' ich
Dich endlich, Du Lump Du miscrubliger!
chen des Unterlandes, das Meer mit den Fischerbooten und
einen am Horizont hinziehenden Dampfer; gerade im Mittel-
gründe steigt der durch Dampfkraft bewegte Aufzug empor.
Aus der großen Treppe herrscht tagsüber reges Leben. Wer
oben im Dorfe wohnt, muß des Badens und der Unterhaltung
wegen hinab; wer unten logirt, steigt hinauf, um auf dein
Falm längs der Klippen oder in der Kartoffelallee, die das
Oberland in der Mitte durchschneidet, einen Spaziergang zu
machen bis zum Leuchtthurm oder zum Nathurnstak, von wo
aus mail großartige Aussichten auf das ewig bewegte, nach
allen Seiten sich endlos dehnende Meer hat. Voll den deut-
scherseits auf dem Oberlande angebrachten Festungswerken
gewahrt man fast nichts, da sie unterirdisch angelegt sind;
dagegen trifft man häufig genug Leute von der Besatzung an,
die aus 60 Mann Marineartillerie besteht. Einen scharfen
Gegensatz zu den lebhaft umherschwärmenden Badegästen bilden
die Helgoländer, die am Strande, auf der Treppe oder am
Falm tagelang herunlfnulenzen, falls fie nicht als Lootsen,
Fischer oder Schiffer gerade in Anspruch genommen find, wo
sie dann auch wieder Tage und Nächte hindurch angestrengt
thätig sein können. Uebrigens haben diese biederen Insulaner
gar nichts Urwüchsiges mehr, sondern verstehen sich auf das
Fremdengeschüft wie ein moderner Gastwirth.