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Heft 28.
Das Buch für Alle.
Und, da, da sagte er, wenn ich seine Frau sei, käme ich
hierher zurück, und sonst nicht, und könne den Vater
wiedersehen, so oft ich wolle. Da" — sie drückte ihre
Stirn in neu aufsteigender Schamröthe auf Egbert's
Hand — „da habe ich gesagt, ich wolle Alles thun,
wenn ich nur wieder zurückküme."
Einen Moment stand er von tiefster Rührung be-
wältigt und in einem Freudengefühl da, das ihm völlig
neu war. Der häßliche Verdacht war wie ein finsterer
Nebel gesunken und entschwunden. Rein und klar breitete
sich das unberührte Herz, die jungfräulich durchglühte
Seele Margetli's vor seinen entzückten Blicken aus.
Sie kam ihm so zart, so kostbar vor in dem Schmelz
ihrer keuschen Kindlichkeit, welcher gleichwohl eine Liebes-
kraft ohne Gleichen innewohnte, daß er es nicht wagte,
ihr auch nur die Hände zu drücken, obwohl dieselben
seine Rechte nicht fahren ließen.
„Verzeih' mir!" sagte er leise. „Ich werde Dich
Das OeUurtstagsgesrsienlr.
Herr Schwammerl ist in tiefes Nachsinnen versunken.
Heute ist der Geburtstag seiner lieben Ehehälfte, es handelt
sich um eine passende Geburtstagsüberraschung.
Ha! ein Vans sx mnoirinn — der schöne Kanari, die
prächtige Färb' — goldgelb und was kann er Alles d --
Pfeifen, rollen, Buckerl machen, Busserl geben, und kostet
nur 5 Mark. Den kauf' ich! ruft. Schwammerl eifrig.
L-ingen thut er zwar noch nicht, er ist halt noch fremd;
a Wasserl kriegst, Hansi, das wird Dich auffrifchen bei der
Hitze!
Mach Skizzen von W. Grögker.
Die Hauptsache ist, etwas Neues, Originelles zu finden
und — nicht zu theuer! Kauf' ich ihr ein Kleid, eine Jacke
oder dergleichen, kalkulirt Herr Sckwammerl, und ich er-
rathe ihren Gusto nicht — dann ist's gefehlt — und das
Gebrumm geht 's ganze Jahr nicht aus!
Nachdem er noch einen neuen Käfig für 10 Mark dazu
besorgt hat, überreicht Schwammerl seiner Eheliebstcn feier-
lich das Geschenk, welche über dieses originelle zarte Angebinde
ihre hohe Zufriedenheit knndgibt.
Hansi stürzt sich mit einer wahren Leidenschaft in daS
Bad, doch scheint seine schone goldgelbe Farbe darunter
etwas zu leiden, sie zeigt allmählig ein undefinirbares Grün-
gelb, Grau, um
broche wär' nicht ohne, aber diese Preise! Nee, geht nicht
bei den schlechten Zeiten! jammert Herr Schwammerl.
Siehst, diesmal hast es errathen, so ein' Kanari hab'
ich mir schon lang gewünscht! Herr Schwammerl benutzt
diese freudige Stimmung seiner Gattin, um in seine Stamm-
nach einer länger fortgesetzten Erfrischungskur in ein veri-
tables Schwärzlichgrau übcrzugch'n! Ein Spatz ! ein gefärbter
Spatz!! schreit Frau Schwammerl ihrem eben eintretcndcn
Gatten entgegen! — Der Rest ist Schweigen!
schützen, ganz sicher, vor jeder Vergewaltigung." Sie
nickte. In diesem Augenblick, wo er sich zu ihr nieder-
beugte, loderte schon wieder ihr Enthusiasmus für
ihn hell auf. Vergessen war, daß er ihr lange sehr
weh gethan. Ein Blick in seine dunklen, ernsten Augen
löschte alles Leid und alle Thränen.
„Hast Du mir wirklich diese Stunde verziehen?"
fragte er mit einer Innigkeit des Tones, die sie noch
nie von ihm gehört, welche ihr aber bis in's Herz drang.
„Du mußt denken — Eines denken!"
„Was?" sagte Margetli unter ihren noch feuchten
Wimpern lächelnd. „Was soll ich denken?"
„Daß diese Stunde nie gekommen wäre, wenn ich
Dich — mcht so lieb hätte!"
Sie zuckte zusammen.
Er beobachtete sie einige Sekunden in der unein-
gestandenen Erwartung, daß jener wundervolle, räthsel-
hafte Blick abermals in Margetli's blauen Augen auf-
tauchen sollte. Dann befreite er langsam seine Rechte
und drückte sanft sein Taschentuch auf die Wunde an
ihrer Stirn. „Thut's weh?"
Heft 28.
Das Buch für Alle.
Und, da, da sagte er, wenn ich seine Frau sei, käme ich
hierher zurück, und sonst nicht, und könne den Vater
wiedersehen, so oft ich wolle. Da" — sie drückte ihre
Stirn in neu aufsteigender Schamröthe auf Egbert's
Hand — „da habe ich gesagt, ich wolle Alles thun,
wenn ich nur wieder zurückküme."
Einen Moment stand er von tiefster Rührung be-
wältigt und in einem Freudengefühl da, das ihm völlig
neu war. Der häßliche Verdacht war wie ein finsterer
Nebel gesunken und entschwunden. Rein und klar breitete
sich das unberührte Herz, die jungfräulich durchglühte
Seele Margetli's vor seinen entzückten Blicken aus.
Sie kam ihm so zart, so kostbar vor in dem Schmelz
ihrer keuschen Kindlichkeit, welcher gleichwohl eine Liebes-
kraft ohne Gleichen innewohnte, daß er es nicht wagte,
ihr auch nur die Hände zu drücken, obwohl dieselben
seine Rechte nicht fahren ließen.
„Verzeih' mir!" sagte er leise. „Ich werde Dich
Das OeUurtstagsgesrsienlr.
Herr Schwammerl ist in tiefes Nachsinnen versunken.
Heute ist der Geburtstag seiner lieben Ehehälfte, es handelt
sich um eine passende Geburtstagsüberraschung.
Ha! ein Vans sx mnoirinn — der schöne Kanari, die
prächtige Färb' — goldgelb und was kann er Alles d --
Pfeifen, rollen, Buckerl machen, Busserl geben, und kostet
nur 5 Mark. Den kauf' ich! ruft. Schwammerl eifrig.
L-ingen thut er zwar noch nicht, er ist halt noch fremd;
a Wasserl kriegst, Hansi, das wird Dich auffrifchen bei der
Hitze!
Mach Skizzen von W. Grögker.
Die Hauptsache ist, etwas Neues, Originelles zu finden
und — nicht zu theuer! Kauf' ich ihr ein Kleid, eine Jacke
oder dergleichen, kalkulirt Herr Sckwammerl, und ich er-
rathe ihren Gusto nicht — dann ist's gefehlt — und das
Gebrumm geht 's ganze Jahr nicht aus!
Nachdem er noch einen neuen Käfig für 10 Mark dazu
besorgt hat, überreicht Schwammerl seiner Eheliebstcn feier-
lich das Geschenk, welche über dieses originelle zarte Angebinde
ihre hohe Zufriedenheit knndgibt.
Hansi stürzt sich mit einer wahren Leidenschaft in daS
Bad, doch scheint seine schone goldgelbe Farbe darunter
etwas zu leiden, sie zeigt allmählig ein undefinirbares Grün-
gelb, Grau, um
broche wär' nicht ohne, aber diese Preise! Nee, geht nicht
bei den schlechten Zeiten! jammert Herr Schwammerl.
Siehst, diesmal hast es errathen, so ein' Kanari hab'
ich mir schon lang gewünscht! Herr Schwammerl benutzt
diese freudige Stimmung seiner Gattin, um in seine Stamm-
nach einer länger fortgesetzten Erfrischungskur in ein veri-
tables Schwärzlichgrau übcrzugch'n! Ein Spatz ! ein gefärbter
Spatz!! schreit Frau Schwammerl ihrem eben eintretcndcn
Gatten entgegen! — Der Rest ist Schweigen!
schützen, ganz sicher, vor jeder Vergewaltigung." Sie
nickte. In diesem Augenblick, wo er sich zu ihr nieder-
beugte, loderte schon wieder ihr Enthusiasmus für
ihn hell auf. Vergessen war, daß er ihr lange sehr
weh gethan. Ein Blick in seine dunklen, ernsten Augen
löschte alles Leid und alle Thränen.
„Hast Du mir wirklich diese Stunde verziehen?"
fragte er mit einer Innigkeit des Tones, die sie noch
nie von ihm gehört, welche ihr aber bis in's Herz drang.
„Du mußt denken — Eines denken!"
„Was?" sagte Margetli unter ihren noch feuchten
Wimpern lächelnd. „Was soll ich denken?"
„Daß diese Stunde nie gekommen wäre, wenn ich
Dich — mcht so lieb hätte!"
Sie zuckte zusammen.
Er beobachtete sie einige Sekunden in der unein-
gestandenen Erwartung, daß jener wundervolle, räthsel-
hafte Blick abermals in Margetli's blauen Augen auf-
tauchen sollte. Dann befreite er langsam seine Rechte
und drückte sanft sein Taschentuch auf die Wunde an
ihrer Stirn. „Thut's weh?"