Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
* 343

ein so bedrohlicher nnd skandalöser geworden, dass der Rath schon am
1. September 1712 ihren Abbruch beschloss, ohne dass es zur Ausführung
dieses Beschlusses kam. Am 2. Oktober 1721 endlich kam es zu einem
Vergleich zwischen dem Rathe und den von Fischbachschen Erben: diese
iiberliessen der Stadt die Kapelle für ewige Zeiten, wofür der Rath sich
verpflichtete, die Kirche so bald als möglich in Stand zu setzen, sie aber
nur zum protestantischen Gottesdienste zu verwenden; in der neu zu
erbauenden Kirche sollte eine Inschrift mit den Wappen Neuhaus und
Fischbach angebracht und darin der Stiftung und der IJeberlassung
an die Stadt gedacht werden. So wurde diese Kirche, die über 350
Jahre im Besitze der Familie Neuhaus gewesen war, Eigenthum der
Stadt.

Der Rath beeilte sich nicht mit der Wiederherstellung oder dem
Neubau; erst im August 1728 trat er dieser Frage näher, liess die Kirche
und den sie umgebenden Platz aufräumen und einen Riss anfertigen. Im
Oktober erfolgten weitere Räumungsarbeiten, da die Kapelle anscheinend
immer mehr verfiel.*) Am 10. April 1738 beschloss der Rath auf Antrag
des Consistoriums, welches eine Kirche für den östlichen Stadttheil noth-
wendig erachtete, nunmehr an den Wiederaufbau der damals schon voll-
ständig niedergelegten Kapelle zu gehen und die Kosten durch eine Kollekte
aufzubringen. Sie ergab etwa 2700 Gulden; Fräulein Justina Katharina
Steffan von Cronstetten stellte weitere 1500 Gulden in Aussicht, falls man
ihr zwei Frauenplätze in der neuen Kirche gewähre, ihr Wappen an Kanzel
und Altar anbringe und ihr ein Begräbniss in der Steffischen Kapelle
der Barfüsser-Kirche bewillige — ein Anerbieten, dem der Rath gern
zustimmte. Der Ertrag der Kollekte wurde dem Rechnei-Amte als Depo-
situm übergeben. Der Neubau wurde immer wieder verschoben; am 3. Mai
1753 beschloss der Rath, die Zinsen des für denselben bestimmten Depo-
situms zum Unterricht „der Unwissenden im Christenthum“ zu verwenden,
nachdem das Depositum schon 1741 auf Rücklieferung in die Rechnei-
Kasse geflossen war. Der Neubau ist niemals in Angriff genommen worden.
Der östliche Theil der Innenstadt entbehrt noch heute der protestantischen
Kirche, welche die Vorfahren als Nachfolgerin der Allerheiligen-Kapelle
errichten wollten.

Die Nachrichten über die bauliche Gestalt des Gotteshauses sind nur
sehr dürftige und Aufnahmen nicht vorhanden. Der Belagerangsplan und

0 Die Kapelle ist weder eingestürzt, wie Lersner IY, 107, noch abgebrannt, wie
Moritz II, 89 und Battonn Y, 328 angeben. Am 25. April 1760 fand allerdings ein
Brand in der Nähe des Kirchenplatzes statt, der aber die Kirche nicht in Trümmer
legen konnte, da diese längst nicht mehr bestand. Eine archivalische Nachricht
(Ugb B 46 Nr. 13) sagt ganz bestimmt, dass die Kirche „1729, 1730 ff.“ niedergerissen
und ihre Steine auf dem längst nicht mehr benutzten Kirchhofe aufgeschichtet
wurden.

23
 
Annotationen