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zu Grunde liegende Gedanke ist die unter Beihülfe und Mitwirkung
ganzer Schaaren allegorischer Herrschaften bewerkstelligte Verherrlichung
der Tugend und des Sturzes verschiedener Untugenden in entsprechender
abschreckender Personifizierung. Eine Anspielung auf den neuerwählten
und noch zu krönenden Kaiser Karl VII. ist hierbei jedenfalls ins Auge
gefasst, jedoch mit Verzicht auf direkte Einführung seines Porträts in
das Gemälde.
In den obersten Theil des hell erstrahlenden Himmels ragt zur
Rechten ein hoher Obelisk hinein, über welchem Putten schweben, die
Krone und Szepter als Belohnung für die Tugend emporhalten, welche
ein zu Füssen des Obelisken sitzender, bekränzter Jüngling in der Person
eines jungen Weibes, an das er sich anschmiegt, erwählt zu haben scheint,
denn sie hält einSpruchband mit den Worten: „Virtutemeligo", d. li. ich
wähle die Tugend, wodurch freilich auch dem Verdachte Baum gegeben
werden kann, dass nicht der Jüngling sie, sondern vielmehr sie den tugend-
haften Jüngling erwählte. Doch, man darf bei solchen Allegorien nicht
allzu kritisch untersuchen! Vor der beschriebenen Gruppe hat sich Chronos
als Zeitengott niedergelassen; wir sind ihm auch schon zu ähnlichem
Zwecke in Leimbergers Bild begegnet, wie wir uns denn noch auf mehrere
derartige Begegnungen alter Bekannten gefasst machen müssen. Eine
Gruppe von Putten hat den Obelisken mit Guirlanden umwunden und be-
schäftigt sich mit denselben noch an dessen Fusse, während ein inmitten
des Bildes hoch oben fliegender Putto lustig Bänder in der Luft umher-
schwingt.
Auf der linken oberen Bildseite steigt aus den Wolken ein mit blauer
Lorica gekleideter Krieger, unter welchem wir uns wohl den Kaiser zu
denken haben, hinauf nach der Glorie zu. An ihn schwingt sich von
oben herab querüber eine nackte weibliche Figur mit fliegendem Gewände
heran, eine Posaune in der linken Hand haltend, muthmasslich der Bulim,
der sich seiner Person bemächtigt. Zu ihm heran steigt von unten eine
weitere weibliche Erscheinung, die in der Beeilten einige lose Pfeile, in
der Linken aber ein Spruchband mit den Worten hält: „Omnibus unus",
d. h. Einer für Alle, also ein Sinnbild der Einigung des Beiches durch
den Kaiser. Ihr folgt aufsteigend eine zweite Dame, welche eine Krone
emporhält, von welcher Ordens- und Gnadenketten in Fülle herabfallen,
wohl als Freigiebigkeit aufzufassen.
Zwischen diesen beiden Seitengruppen und in sie hinaufragend baut
sich in den Wolken die Mittelgruppe auf, kräftiger als jene in Lokaltönen
und Schatten gehalten. Zu oberst in derselben sitzt die Tapferkeit,
ein behelmtes Weib mit blauem Schild, in dem ein Löwe abgebildet ist;
an sie lehnt sich die Klugheit mit dem Spiegel in der Linken, in der
Beeilten einen von einer Schlange umwundenen Pfeil haltend. Hinter ihr
sitzt eine Dame, die aus goldenem Krug rothen Wein in eine silberne
Schaale giesst: ist es die Aufrichtigkeit, die reinen Wein eingiesst?
 
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