Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weber, Paul [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0150

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
130

Schmalkalden, Geschichte.

seine niedrigeren Ausläufer gegen Norden und Süden. Im Westen wird das Bild abgegrenzt durch
die jenseits des Werratales aufsteigenden Vorberge der Rhön.
Was die Lage der Stadt zu den Verkehrswegen anbelangt, so ist ein großer Unterschied
zwischen Vergangenheit und Gegenwart von vornherein im Auge zu behalten: In alter Zeit trafen
hier die Heerstraßen von Frankfurt nach Leipzig, von Thüringen nach Hessen, vom Werratale nach
Suhl zusammen, und ganz in der Nähe, an der Zwick, führt die große alte Handelsstraße von Nürn-
berg nach Niederdeutschland vorbei1).
Dieses Zusammentreffen vieler Heeresstraßen war für die Entwicklung der Stadt Schmal-
kalden von entscheidender Bedeutung. Die Stadt lag nicht, wie jetzt, abseits vom großen Verkehr,
sondern sozusagen im Mittelpunkte desselben. Das ist wohl auch ein Hauptgrund gewesen, warum
im 16. Jahrhundert die Beratungen der evangelischen Reichsstände, aus denen der „Schmalkaldische
Bund“ hervorwuchs, viele Jahre lang in Schmalkalden stattfanden.
Das Zeitalter der Eisenbahnen schlug andere Wege ein. Schmalkalden blieb lange Zeit
abseits liegen, verdankt diesem Umstande allerdings auch die gute Erhaltung seines historischen
Stadtbildes bis an die Schwelle unserer Tage.
Erst im letzten halben Menschenalter ist es wieder an den Verkehr angeschlossen. Die
Zweigbahn Zella St. Blasii-Wernshausen stellt die Verbindung einerseits mit der großen Verkehrs-
linie Erfurt-Ritschenhausen, andererseits mit der Werrabahn her.

Geschichte der Stadt Schmalkalden.
1. Teil.
Bis zum Jahre 1626.
Schmalkalden (874 Smalacalta, 1057 Smalekaldun2) hat seinen Namen von dem hier vorbei-
fließenden Fluß Schmalkalde und gehört zu den ältesten Orten des heutigen Thüringens. Wenn
man der Angabe eines alten Chronisten3) Glauben schenken darf, so war es bereits 1227
Stadt. Denn in diesem Jahre soll Landgraf Ludwig von Thüringen „aus seiner Stadt Schmalkalden“
aufgebrochen sein, um an dem Kreuzzug, von dem er nicht zurückkehrte, teilzunehmen. Urkundlich
ist Schmalkalden zuerst für das Jahr 1272 als Stadt (civitas) bezeugt4).
Wegen des Reichtums der Umgegend an Eisenerzen entwickelte sich hier wahrscheinlich
schon frühzeitig das Eisengewerbe, das in seiner Mannigfaltigkeit nach und nach dem Ort zu ähn-
licher Berühmtheit verhalf, wie der Stadt Suhl die dortigen Waffenschmieden. Schmalkaldens
Bedeutung wuchs namentlich unter seinem Landesherrn Graf Berthold dem Großen von Henneberg,
der um das Jahr 1315 die Stadt befestigte5) und 1319 das reichbegüterte Kollegiatstift (s. d.) hier

1) Das „Duplikat Lagerstück und Steuerbuch der Stadt Schmalkalden“ von 1767, Marburger Archiv, Bd. I,
nennt folgende „Passagen“: Frankfurt-Leipziger Frachtwagen. 2. Thüringen nach Hessen. 3. Nürnberger Straße an der
Zwick vorbei. 4. Nach Suhl.
2) Dobenecker, Regesta historiae Thuringiae, I, 55 und 168.
3) Auctor historiae de landgraviis Thuringiae, apud Eckard, Historia genealogica Saxoniae superioris, pag. 420.
4) Schultes, Diplomatische Geschichte des gräflichen Hauses Henneberg, I, 127.
5) Urkunde im Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archiv zu Meiningen, Nr. 118 (gedruckt im Hennebergischen
Urkundenbuch, I, 62 und 63).
 
Annotationen