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Weber, Paul [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0237

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Altes Schloß Wallrab.

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Wagner1) berichtet, daß der Nachfolger Bertholds, Graf Heinrich von Henneberg, 1340
die Burg habe ausbessern und erweitern lassen.
Während der hennebergisch-hessischen Doppelherrschaft über Schmalkalden (1360—1583)
besaßen die Henneberger Grafen und die Landgrafen von Hessen die Burg gemeinschaftlich, woraus
sich mancherlei Schwierigkeiten ergaben2). So war z. B. die „große Kemenate“ in zwei nebeneinander
befindliche Hälften für die beiden Herrscherlinien abgeteilt. 1467 entspann sich bei einer Bausache
ein besonders heftiger Streit, worauf die Hessen dem Henneberger die ganze Kemenate unter Vor-
behalt einräumten. Doch wird 1580 auch eine „alte hintere Kemenate“ erwähnt3).
1516 ließ Graf Wilhelm IV. von Henneberg vielerlei auf der Burg bauen, um sie recht be-
haglich mit seiner Familie bewohnen zu können, 1517 auch einen (wahrscheinlich überdeckten)
Gang hinüber in die Stiftskirche errichten4).
Über die Zahl der Zimmer läßt sich aus den Inventarien des Schlosses ein guter Überblick
gewinnen5). Es werden da aufgezählt: Des Grafen Stube und Stüblein, der Gräfin Stüblein, in das
1516 noch eine Kammer eingebaut wurde, der jungen Herren Stube, die Kammer der Edelleute,
die Stube uud die Kammer der Jungfrauen, der Saal, die Ofenstube, mindestens vier andere Kammern
und mehrere Vorräume, des Kellners Kammer, die Hofstube, die neue Stube, die neue Herrenkammer,
die Badestube, eine Kanzleistube mit Kammer, die obere Stube, dazu die Küche mit einem Kämmer-
lein darüber, Speisekammer, Backhaus, Marstall und zwei andere Ställe, ein „unterer Raum in der
alten Kemenate“, mehrere Keller, das Kornhaus.
Platz war also genug vorhanden, um während der Tagungen des Schmalkalder Bundes
einem Teile der fürstlichen Gäste Unterstand zu gewähren.
Die Rechnungsbücher, soweit sie erhalten sind, verzeichnen aber für die Jahre nach den
Fürstentagungen nur noch selten größere Instandhaltungsarbeiten6).
Der Verfall muß ziemlich rasch vorwärts geschritten sein.
Als 1566 der Sturm einen der Giebel umwarf, konnte sich keiner
von beiden Besitzern zum Neubau entschließen.
Als Schloßkapelle wird in älterer Zeit die St. Jakobs-
ader Marien-?)kapelle, unmittelbar vor der Burg gelegen, gedient
haben, dann die Stiftskirche.
Über die äußere Erscheinung der alten Burg können
wir uns eine ungefähre Vorstellung machen nach dem kleinen
Stadtbilde auf dem Juist Moersschen Plane der Herrschaft
Schmalkalden. Danach war der am meisten in die Augen fallende Teil eine große Kemenate, drei-
geschossig, mit steilem Satteldach, an den Ecken mit vier spitzen Erkertürmchen bewehrt. Das

Altes Schloß Wallrab und Stifts-
kirche vor 1585. Nach Juist Moers.


1) Ztschr. d. Ver. f. hess. Gesch. IV, 238.
2) Vgl. E. Koch, Einige Nachrichten über das frühere Schloß zu Schmalkalden. Ztschr. d. Ver. f. henneb. Gesch.
in Schmalk., Heft XV, S. 86 fg.
3) Rentereirechnung Marburg, Staatsarchiv, 1580.
4) Koch, a. a. 0. S. 96.
5) Die von 1526, 1530 u. 1531 abgedruckt von Koch, a. a. O. Im Marburger Staatsarchiv findet sich dann noch
ein Inventar über allen Hausrat aus dem Schlosse, der den Erben der Henneberger 1584 abgekauft wurde, beigeheftet
den Amtsrechnungen von 1585.
6) 1539 „Ofen zu der Thorstuben offen Schloß zu machen“. 1570 Ausbesserungen am Gefängnis. 1573 „das dach
auf dem schloß über der steinern stigen neu mit schindell gedeckt, das Rahd ahm pron (Brunnen) gebessert, die stell (Ställe)
im hoff geflickt — auf’s Hirschessen (!). 1576 „Bronn gemacht“. 1580 Neue Fenster in’s Wohnzimmer. „Die alte Hinder
Kimneten neu gedeckt“ mit 4000 Falzziegeln. 1583 „Neu Brücke ufm Schloß sambt darzu gehörigen gelendern*. Amts-
u. Rentereirechnungen der betreffenden Jahre, Marburg, Staatsarchiv.

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