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Weber, Paul [Editor]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0281

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Gartenhäuser.

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handen. Dagegen Gartenhäuser aus verschiedener Zeit in großer Zahl rings um die Altstadt. Aus
der Barockzeit ein — äußerlich einfaches — Lusthaus in dem Garten, der zu dem Hause „am
neuen Teich Nr. 21“ gehört. Der Hauptraum ist überspannt von einem aus Brettern gefügten
Spiegelgewölbe, auf welchem Venus mit ihren Begleiterinnen, alle in Barocktracht, gemalt sind. Da-
neben eine Reihe von Amorettenszenen, datiert 1708, mit Versen zu jedem Bilde. Grobe Malerei,
aber originelle Behandlung des Stoffes.
Das Spielhausensche Gartenhaus in der Schloßhohle ist ein äußerlich ebenfalls
schlichter, aber recht geräumiger zweistöckiger Steinbau des 18. Jahrhunderts mit einer sehr feinen
Freitreppe. Über dem Kellerfenster das Spielhausensche Wappen in Stein gehauen. Im Obergeschoß
Deckengemälde: Orpheus unter den Tieren, und in einem Nebenzimmer „Die Arbeiter im Weinberge“.
Bemerkenswerte Ausstattung mit Öfen und Möbeln aus der Rokokozeit.
Seiner ursprünglichen Ausstattung entkleidet ist das Gartenhaus seitwärts der Land-Tafel 197,2
straße nach Weidebrunn, einst ein zierlicher Rokokobau, noch jetzt von sehr gefälliger Er-
scheinung.
Von besonderem Reiz der Anlage ist das aus Holz erbaute am Rückersberg (BesitzerTafel 197,1
Happich) mit einer Vorhalle und Resten einer geschmackvollen Louis XVI.-Ausstattung.
Der Klassizismus gestaltet dann auch diese Art von Bauwerken zum antiken Tempel
um. Ein besonders charakteristisches Beispiel dafür ist das Gartenhaus im Liebaugschen Garten,Tafel 197,3
unmittelbar am Fuße des großen Nordzwingers des Schlosses zwischen den einstigen Gräben vor
der Stadtmauer gelegen, von einem Reiz der Stimmung, wie er sich eben nur in abseits gelegenen
alten Städten zu erhalten vermag.
Wir schließen dieses anmutige Kapitel, das auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt,
sondern nur Typen gibt, mit dem kleinen Biedermeierhause des Erbeschen Gartens vor dem Tafel 197, 4
Reiherstore, das die Erinnerung an den antiken Tempel noch in der dreiteiligen Vorhalle leise an-
klingen läßt, im übrigen aber das klassizistische Gewand abgestreift hat und nichts weiter sein will,
als ein recht behagliches deutsches Gartenheim. Überaus charakteristisch in seiner Gesamterschei-
nung und Ausstattung für das Geschlecht zwischen 1820—1850, das für den Genuß solcher Idyllen
noch die Zeit und die innere Sammlung besaß, charakteristisch aber zugleich für das ganze Leben
der damals in tiefen Schlaf versunkenen Stadt Schmalkalden, aus welchem die neue Zeit mit dem
Pfiff der Lokomotive und dem Hämmern und Stampfen der Großindustrie die alte berühmte Stadt
nunmehr gründlich aufgeweckt hat.
 
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