Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Blümel, Carl; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Griechische Bildhauerarbeit — Berlin, Leipzig, Band 11.1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42528#0046
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34

Größe der Modelle

Alle diese Beweise werden durch ein Gegenbeispiel, welches H. Schräder!) an-
führt, kaum berührt. Er stellt in eingehender Besprechung Vorder- und Rückseite
des Amazonensarkophags in Wien gegenüber und weist nach, daß bei gleicher Ge-
samtkomposition sich viele Einzelheiten nicht decken, demnach ein sehr ein-
gehend behandeltes Modell nicht Vorgelegen haben kann. Nun sind die Vorbedin-
gungen für diese Sarkophagreliefs so verschieden von denen großer Giebelgruppen,
daß aus ihnen sich gar keine zwingenden Beweise herleiten lassen. E. Pernice 2) hat
schon vor Jahren auf eine sehr einschneidende Nachbesserung im Parthenonfries auf-
merksam gemacht, wo aus einem Pferdekopf ein Mantel für einen Reiter gemacht
wurde. Die Art dieser Korrektur macht es sehr wahrscheinlich, daß dem Parthenon-
fries keine bis in die Einzelheiten durchgeführten Modelle zugrunde gelegen haben
können. Sicher genügten für solche Reliefs dem Bildhauer große Zeichnungen vollauf.
An dem Amazonensarkophag handelt es sich überdies um die Darstellung von
Kampfesszenen, die in dieser Form von griechischen Künstlern ungezählte Male
zu dekorativen Arbeiten benutzt und abgewandelt wurden. Daß nun eine solche
Komposition in der selben Werkstatt und an dem selben Sarkophag nicht sklavisch
bis ins einzelne übereinstimmend wiederholt wurde, ist nur natürlich; aber mit der
einmaligen Ausführung eines ganz neuen großen rundplastischen Entwurfs in Stein
gar nicht zu vergleichen.
VI.
An sich wäre es schon ein Gewinn, wenn eine Sammlung der unvollendeten
antiken Skulpturen nur einen Einblick gewähren würde in viele technische Vorgänge,
die einmal ein lebendiger Besitz der Bildhauerwerkstätten waren, sich immer wieder
vom Meister auf die Lehrlinge und Gehilfen fortvererbten und dabei wie alles Le-
bendige sich beständig veränderten, denn viele Fragen der Formanschauung können
dabei eine anschaulichere und tiefere Klärung finden als durch manche schwierige
theoretische Erörterung. Aber auch für ganz nüchterne, kritische Fragen gibt diese
Kenntnis gelegentlich ein sehr brauchbares Werkzeug an die Hand. Man kann heute
griechische Baureste der klassischen Zeit mit Sicherheit von römischen unter-
scheiden, weil man die technischen Einzelheiten in der Architektur recht gut kennt,
dagegen stößt man noch gelegentlich auf die größte Unsicherheit, wenn es gilt, zu
entscheiden, ob eine Skulptur ein griechisches Original oder eine römische Kopie ist.
Mit technischen Gründen hat man in den zweifelhaften Fällen kaum zu arbeiten ver-
sucht; gewöhnlich kam es zu einem Streit um den künstlerischen Wert der Arbeit,
der mit subjektiven Argumenten geführt, fast immer unentschieden bleiben mußte.
Zweifellos werden die Schwierigkeiten bei der Beurteilung technischer Fragen in der
Steinplastik immer sehr viel größer bleiben als in der Architektur, weil oft eine sauber
geglättete Oberfläche Rückschlüsse auf die technischen Vorgänge bei der Arbeit
nicht mehr gestattet und doch gibt es einige antike Skulpturen, bei denen ein klarer
technischer Befund bei ihrer wissenschaftlichen Einordnung unbedingt berücksichtigt
J) Schräder, Phidias 99 Abb. So—83. Dagegen sprach 2) Pernice, Bonner Studien, Kekule gewidmet,
sich aus Johansen, AA. 1923/24, 146. S. 194 f. Koepp, Archäologie3 Bd. 2, 98 f.
 
Annotationen