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Blümel, Carl; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Griechische Bildhauerarbeit — Berlin, Leipzig, Band 11.1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.42528#0059
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Die Hermesgruppe in Olympia

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es sich um eine Kopie handelt. Derselbe Sprachgebrauch läßt sich durch Lucian,
Philops. 18 auch für das Altertum belegen I), wo davon die Rede ist, daß sich im
Hofe eines Atheners Eukrates der myronische Diskoboi, der Diadumenos des Poly-
klet, die Tyrannenmörder von Kritios und Nesiotes und der Pelichos des Demetrios
sich befunden haben sollen. Die aufgeführten Werke sind zweifellos nur Kopien
gewesen. Ähnlich muß der Fall auch bei der kurzen Angabe des Pausanias über
die Hermesgruppe liegen.
Die Tatsache, daß man im Altertum geraubte Kunstwerke an ihrem alten
Platz durch Kopien ersetzte, ist jedenfalls mehrfach bezeugt: Lukian sah von dem
berühmten Bilde des Zeuxis, das eine Kentaurenfamilie darstellte, nur noch die
Kopie 2 * 4 *), das Original hatte Sulla entführt. Der Eros von Thespiae stand schon zur
Regierungszeit des Tiberius in Rom, Pausanias sah nur noch die Kopie des Athe-
ners Menodoros 3). Von Praxiteles allein sind an die fünfzehn Statuen von Plinius 4)
für Rom bezeugt. In einer Zeit, wo man Tausende von guten griechischen Origi-
nalen aus den heiligen Bezirken von Delphi und Olympia fortschleppte, ist es höchst
unwahrscheinlich, daß man gerade die Hermesgruppe des Praxiteles im Heraion
zurückließ. So führt alles zu dem einen Ergebnis, wobei man die Angaben des Pau-
sanias gar nicht in Zweifel zu ziehen braucht, daß im vierten Jahrhundert eine
Hermesgruppe des Praxiteles in das Heraion geweiht wurde, diese aber mit der
Basis später wie so viele Originale des Praxiteles entführt und durch eine Kopie
an derselben Stelle auf jüngerer Basis ersetzt wurde.
Endlich findet sich bei Plinius, Nat. hist. 34, 87 eine kurze Angabe, die hier
nicht außer acht gelassen werden darf: Cephisodoti duo fuere: prioris est Mercurius
liberum patrem in infantia nutriens. Diese Worte sind von 0. Rayet 5) und danach
von E. Seilers6) auf die Hermesgruppe bezogen worden; unter Hinweis auf die
Ähnlichkeit in der Komposition mit der Eirene des Kephisodot wurde auch die Gruppe
in Olympia diesem Künstler zugeteilt. Diese Ansicht hat keine Zustimmung ge-
funden 7), aber richtig ist daran wahrscheinlich die Vermutung, daß Plinius und
Pausanias von der gleichen Komposition sprechen. Die Lösung dieser Schwierigkeit
ist nach meiner Meinung in einer anderen Richtung zu suchen. Plinius, der in seiner
Naturgeschichte in erster Linie Werke, die in Rom standen, aufzählt, hat wahr-
scheinlich dort das aus Olympia entführte Original gesehen. In der Komposition
zeigte es die nächste Verwandtschaft mit der Eirenegruppe aber auch in der Form-
gebung kann diese Gruppe, die wirklich im vierten Jahrhundert entstanden war,
der Arbeit des Kephisodot nicht allzufern gestanden haben. Es hindert uns ja nichts,
dieses Werk sogar in die frühe Schaffenszeit des Praxiteles zu setzen, da man in der
Regel nur auf Grund der überfeinerten Form der Kopie in Olympia die Hermes-

l) Blümner, Arch. Studien zu Lucian. S. 93 ff.
3) Overbeck, Schriftquellen S. 314 Nr. 1663.
3) Pausanias 9, 27, 3. Overbeck, Schriftquellen
Nr. 1249, 1252.
4) Overbeck, Schriftquellen Nr. 1198, 1202—1204,
1208, 1211.

5) Rayet, GazBA. 2. p£r. Bd. 21, 1880, 410; ab-
gedruckt in Etudes d’archeologie et d’art.
1888 S. 68.
c) E. Seilers, GazBA. 3. p£r. Bd. 18, 1897,
l:9-
7) Lechat, REG. n, 1898, 204.
 
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