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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0193

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1039 iNo. 33/4.J BERLINER PHILOLOGISCHE WOCHENSCHRIFT. |20. August 1904.J 104

dem des Teukros Werk in einer persischen
Ubersetzung vom Jahr 542 vorlag. Abü Ma'sars
Schrift ihrerseits ist zweimal ins Lateinische,
ferner von Ibn Esra im 12. Jahrb. ins Hebrä-
ische, dann im 15. Jahrb. von da ins Lateinische
übersetzt und so 1507 in Venedig gedruckt worden;
ja auch eine mittelgriechische Übersetzung nach
dem arabischen Original ist vorhanden. An diese
persisch - arabische Bearbeitung schließt sich auf
asiatischem Boden eine ganze Litteratur, welche
aus dem früh nicht mehr verstandenen, schon
bei Abü Ma'äar in starker Interpolation vor-
liegenden Stoffe maßlos phantastische Gebilde
herausspinnt. Diese philologisch recht interessante
Überlieferungsgeschichte wird von B. im XV.
Kap. (S. 412 ff.) und von ihm und Dyroff in der
Einleitung zu Beilage 6 erörtert; die Ausgabe
des trotz aller Entstellung nicht völlig zu ent-
behrenden arabischen Textes hat (in Beilage 6)
K. Dyroff besorgt und mit einer deutschen Über-
setzung begleitet1).

Eine zweite Gruppe von griechischen Texten
(vom Herausg. „der zweite Teukrostext" benannt)
läßt sich, obwohl uns auch hier im Titel der
Name Teukros begegnet, nicht ganz in gleicher
Weise in ihrem vollen Bestände auf Teukros
zurückführen. Der große Vorzug der Gruppe ist,
daß die astrologischen Deutungen erhalten sind;
indes ist eben in sie so viel sehr spätes Sprach-
gut eingemengt, daß man eine starke Über-
arbeitung der Vorlage anzunehmen genötigt ist.

Noch etwas weiter entfernt sich von Teukros,
obgleich es an formellen und inhaltlichen Be-
ziehungen zu ihm nicht ganz fehlt, ein Exzerpt
aus dem astrologischen Dichter Antiochos (3. Jahrb.
n. Chr.).

Als vierte Gruppe endlich nimmt die
Kompilation des Valens (aus der Zeit der Anto-
nine) bei nur z. T. verwandtem Inhalt eine so
selbständige Stellung ein, daß Abhängigkeit von
Teukros nicht nachgewiesen werden kann. Er
liefert denn auch für den Hauptgegenstand des
Buches wenig Material; von um so größerer Be-

') Ich erwähne gleich hier eine weitere Bei-
lage, die sich mit dem Material der Teukros-Rhe-
torios-Überlieferung beschäftigt, die 2.: „Buchstaben
und Tierkreiszeichen". Jedem Zeichen sind bei Teu-
kros-Rhetorios zwei Buchstaben beigeordnet; gleiches
findet sich auf einem geschnittenen Stein in München,
den B. publiziert. Auch litterarische Parallelen
werden besprochen. Bolls Untersuchungen sind bereits
weitergeführt worden durch Reitzenstein, Poimandres
S. 260 ff., 286.

deutung ist sein Verzeichnis von auvavaroXai' für
die Überlieferungsgeschichte der griechischen
Astronomie, indem es, wie B. schlagend nach-
weist, direkte Benützung des Eudoxos zeigt.
Eine andere Schiebt in jenem Verzeichnis gibt
B. Anlaß, in der 3. Beilage die Lehren von der
tutela deorum über die Tierkreiszeichen, die in
den inschriftlich erhaltenen römischen Bauern-
kalendern eine Eolle spielt, neu zu behandeln;
es ergibt sich dabei, daß auch für diese Lehre
Eudoxos die Quelle ist. Einen weiteren Aus-
blick noch eröffnet die höchst wahrscheinliche
Hypothese, daß-die Lehre am letzten Ende auf
Babylon zurückgeht, ja daß mit ihr der Zwölf-
götterkreis überhaupt auf Babylon und so auf
astronomische Vorstellungen als Urquell weist.

Was ist nun das spezifisch Neue an diesen
Paranatellontenverzeichnissen? Sie wären für die
Geschichte des Himmelsglobus von ziemlich unter-
geordnetem Wert, wenn es sich, wie überwiegend
bei Valens, nur um die uns geläufigen grie-
chischen Sternbilder handelte. Aber wahllos mit
diesem Gut vermischt findet sich eine ungeheure
Menge — etwa hundert — völlig fremd an-
mutender Namen; auf den ersten Blick bemerkt
man darunter Ägyptisches, auch etwa einzelne
Gestalten, die an Babylon erinnern. Die Ent-
wirrung des Knäuels ist die wesentliche Aufgabe
des Buches.

Ihr gilt der umfangreichste, zweite, Teil, betitelt
„Die Sternbilder in den neuen Texten". Aus-
gehend von der Analyse des Begriffes uapava-
xeXXeiv, worüber oben berichtet ist, werden in
Kap. VII—IX die in den Texten erwähnten Stern-
bilder der griechischen Sphäre untersucht. Die
Arbeit war nötig, um die Zuverlässigkeit der
Positionsangaben in den Texten zu prüfen und
die gewonnene Bestimmung des Begriffes Trapava-
teXXeiv völlig sicher zu stellen2); nur so war
eine feste Grundlage für die Identifikation der

') Bei einer Nachprüfung der Stellen bin ich nur
an einer Stelle zu einem abweichenden Urteil ge-
kommen. Wenn der Fluß zum Wassermann genannt
wird (S. 135), braucht man wohl nicht an eine andero
Bestimmung des Umfangs des Koxa\x6<; zu denken, als
sie die geläufigen antiken Darstellungen des Stern-
bildes geben. Die Schwierigkeit ist, wie mir scheint,
ähnlich wie es B. selbst bei der Argo (S. 142) tut,
dadurch zu lösen, daß man annimmt, es sei zwischen
dem Zeichen und dem Bild des Wassermanns nicht
genügend unterschieden: das Bild ist schon im Auf-
gang, während der Fluß in seiner gewöhnlichen Aus-
dehnung sein Antimesuranema hat.
 
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