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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0408

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XII. Dodekaoros, Marrnorfragrnent des Bianchini und ostasiat. Tiercyclus. 335

520 sie annum mensesque suos natura diesque

atque ipsas voluit nnmerari signa per horas,
oninia ut omne foret divisurn tempus in astra
perque alterna suos variaret sidera motus,
ut cuiusque vices ageret redeuntis in orbem.

Man kann das Prinzip, das der chinesischen Zeiteinteilung und Be-
nennung zu Grunde liegt, nicht kürzer geben als mit den Versen
520—522. „So wollte die Natur Jahr und Monate und Tage und
Stunden nach den Zeichen1) des Tierkreises gezählt wissen, damit alle
Zeit auf alle Sternbilder [der Ekliptik]2) verteilt sein solle/'3) In
den vorhergehenden Versen und dann v. 537—559 erklärt der Dichter
zwei Methoden, wie dieses System auf die Genethlialogie des einzelnen
Individuums anzuwenden ist; darauf brauche ich hier nicht näher
einzugehen.4) In Vers 520—522 ist dagegen diese Art der Zeit-

1) Man mufs konstruieren per signa; signa per ist, wie Bentley bemerkt,
eine Anastropke: „ut Virgilius transtra per, et te sine."

2) Astrum heilst hier immer (so auch v. 519, 536, 540, 545, 550, 561) soviel
wie signum. cAd astrum, eic tö ÜJpocKOTroöv £wöiov' erklärt Scaliger zu v. 545
(p. 290).

3) Das heilst: die Stunde gehört z. B. dem Widder; aber der Tag, dem sie
angehört, ist der Tag des Schützen, der Monat der des Steinbocks und das Jahr
das der Fische. So ist „alle Zeit auf alle Tierkreisbilder verteilt".

4) Eine gute Erklärung der Verse 510—559 nach der astrologischen Seite
findet man bei Bouche-Leclercq, L'astrologie grecque p. 489 ff. Ich stimme ihm
ganz bei in seinem Widerspruch gegen Scaligers und Salmasius' falsche Ein-
mischung der Planeten in diesen rein zodiakalen Cyclus. Nicht zustande ge-
kommen ist B.-L. mit v. 544 ff., mit dem sich auch Scaliger und Salmasius ver-
geblich abgemüht haben. Scaliger und Bentley schreiben die Verse so:

venit omnis ad astrum
hora die bis, mense dies semel, unus in anno
mensis, et exaetis bis sex iam mensibus annus.

Das heilst also: Jede Stunde kommt zweimal am Tage zu einem Zeichen (d. h.
wird reihum nach ihm benannt), der Tag im Monat einmal, ein Monat im Jahr,
und nach zweimal sechs Monaten ein Jahr. Das scheint alles in Ordnung, bis
auf die Behauptung, dafs der Tag im Monat nur einmal zu demselben Zeichen
gehöre; das ist unmöglich, und die früheren Erklärer haben sich verzweifelt mit
dem Widersinn herumgeschlagen. Es kommt aber nur darauf an zu wissen, dafs
Manilius an Doppelstunden denkt. Dann braucht es nichts weiter als die
Änderung von zwei Kommata, von denen das zweite schon Bechert in seiner
neuen Ausgabe umgesetzt hat:

venit omnis ad astrum
hora die, bis mense dies, semel unus in anno
mensis, et exaetis bis sex iam mensibus annus.

Also im Tag kommt jede Stunde zu einem Zeichen, und zweimal im Monat
kommt der Tag zum gleichen Zeichen; das letztere ist allerdings ungenau oder
 
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