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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0425

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III. Teil. Geschichte der Sphaera baroarica.

barbarica weitergab oder phantastisch ausbaute, und endlich auch
ganz kurz die nicht geringen Einflüsse nachweisen, die jene trübe
mittelalterliche Überlieferung auf die Versuche einer Geschichte des
Sternhimmels bis auf den heutigen Tag mehr oder weniger offen-
kundig ausgeübt hat.

1. Der Name der Sphaera barbarica tritt uns zum erstenmal ent-
gegen bei einem römischen Schriftsteller, bei dem gelehrten P. Nigi-
dins Figulus, und zwar als Titel eines Buches, das im nächsten
gegensätzlichen Verhältnis stehen mufs zu der Sphaera graecanica des
gleichen Autors. Es ist von vornherein zu erwarten, dafs unsere
griechischen Texte endgültige Aufklärung schaffen werden über das
Wesen und den Inhalt dieser beiden Schriften, von denen wir nur
ziemlich geringe Reste besitzen. Ehe wir aber in die Diskussion ein-
treten, dürfte es gut sein, vor allem die von Swoboda1) zusammen-
gestellten Fragmente daraufhin anzusehen, was von ihnen wirklich zu
einer der beiden Sphären gehört und was nicht.

Direkt bezeugte Fragmente erhalten wir ausschliefslich aus dem
Kommentar des Servius zum ersten Buch der Georgica. Es sind im
ganzen ihrer drei (Swob. n. 84 sq. und 102); zwei von ihnen berufen
sich auf des Nigidius Sphaera graecanica, das dritte auf seine Sphaera
barbarica. Das erste enthält eine Angabe über den Jahresanfang mit
der Frühlings-Tagundnachtgleiche: das zweite belehrt darüber, mit
welchem Zeichen des Tierkreises der Hundsstern aufgeht, kulminiert
und untergeht. Die dritte Stelle endlich, die aus der Sphaera bar-
barica entnommen ist, spricht von einem Pflüger sub virginis signo,
den die Ägypter Horos nennen. Auf alle drei werden wir unten ge-
nauer zurückkommen müssen.

Eine zweite Gruppe von Fragmenten (Swob. n. 86 sq. und 89—100)
läfst uns teils durch direkte Angabe, teils durch sicheren Schlufs den
Nigidius als Autor erkennen, ohne dafs iedoch gesagt wäre, aus welchem
seiner Werke sie entlehnt sind. Dazu gehören erstlich Stellen aus den
Berner und Leidener Scholien zu Georg. I 218, wo von der der Richtung
des Tierkreises entgegengesetzten Lage des Stieres die Rede ist (da er
nämlich seinen Kopf nicht dem voraufgehenden, sondern dem nach-
folgenden Sternbild, dem der Zwillinge, zuwendet). Weiter überliefert
uns Gellius aus Nigidius als Namen für die Planeten statt des gewöhn-
lichen cerraticae' das Wort cerrones'. Und endlich zieht man zur Sphaera

1) P. Mgidii Figuli operum reliquiae coli. Ant. Swoboda (Vindob. 1889)
p. 106—128.
 
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