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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0474

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XIV. Die spätere Entwicklung. Manilius und Firmicus

399

den Orion zum Widder stellt und den Perseus überhaupt ausläfst;
wenn er aus der ganzen Dodekaoros, den Haedi und der Ziege zur
Gesellschaft, den einzigen Haeclus beibehält; wenn er die Krone blofs
aus dichterischer Laune zur Juugfrau zieht; wenn er die Pleiaden
nach den Hyaden aufgehen läfst, so spricht ihm das alles der un-
wissende Plagiarius gläubig nach. Es ist ganz unwahrscheinlich, dafs
Manilius auch in diesen Dingen durch seine Vorlage getäuscht und diese
nämliche Vorlage auch von Firmicus benützt worden sein soll: mau
mufs die selbständige Erfindung und Willkür da suchen, wo die freie
Phantasie eines Poeten waltet, der um astronomische Exaktheit sich
nicht viele Sorgen machte, aber nicht in den ernster gemeinten Prosa-
texten, die ihm vorlagen. Die verhältnismäfsig unbedeutenden Ab-
weichungen des Firmicus im astronomischen Gerüst sind nicht weniger
belehreud als die gewöhnliche Übereinstimmung mit Manilius. Er
ändert ein paarmal die Gradangaben oder setzt solche hinzu, wo sie
bei dem Dichter fehlen; dem Argion = Prokyon giebt er Q, 20° statt
27°, wie Manilius annimmt; dem Altar n\ 1° statt 8°; dem Schwan £ 10°
statt 13°; dem Kepheus & 15° statt » Anfang; und bei Ophiuchos
(Firmicus *5 'in primis partibus'), Delphin (M 8°), Ketos ()( cin ex-
tremis partibus') fehlen die Gradangaben bei Manilius. Diese Zusätze
also sind die eigene Arbeit des Firmicus; aber der Anschein von
Genauigkeit, den er sich damit geben wollte, ist völlig trügerisch,
denn mit diesen ganz prinziplosen Änderungen wird auch nicht ein
einziger der zahlreichen Irrtümer des Manilius beseitigt, einige im
Gegenteil nur noch verschlimmert. Nur der Ansatz des Haedus auf
15° (bei Manilius fehlt der Grad) ist vielleicht auf zufällige ander-
weitige Kenntnis des Firmicus zurückzuführen (vgl. oben S. 319).
Was die Namen der Sternbilder angeht, so darf der falsche Ersatz
von iugulae durch aselli1) nicht dem Firmicus selbst zur Last gelegt

1) Dafs auch bei Firmicus wirklich iugulae zu lesen ist, würde durch die
Deutung des Unterganges dieses Sternbildes klar, falls es überhaupt noch eines
Beweises bedürfte: acerba morte iugulabitur. Wie man sieht, dachte Firmicus
bei iugula an iugulare. Dasselbe that vielleicht auch Isidor, aus dem der
Gercnanicusscholiast schöpft ; vgl. eine Bemerkung Buttmanns (hs. Note in Idelers
Handexemplar der r Sternnamen', zu S. 222): „Wenn ich Isidors etwas verwirrte
Worte (Origg. III 70) hunc Latini Iugulam vocant, quod sit armatus ut gladius,
et stellarum luce terribilis etc. recht verstehe, so will er das Wort von iugulare
abgeleitet wissen. Ein solcher Name, der Töter, der Mörder, wäre [für Orion]
ganz passend. Allein ich glaube nicht, dafs sich von iugulare ein solches Ver-
bale wie scriba, advena, analogisch bilden liefse." Vgl. über die richtige Etymo-
logie oben S. 385, 1.
 
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