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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0478

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XIV. Die spätere Entwicklung. Manilins und Firmicus.

401

Gaukler und Taucher, Schauspieler und Dichter, Jäger und Fischer
und alle Stände vorführt, hat Firmicus in seine schwere Prosa herüber-
genommen; bei ihm wird denn freilich alles reizloser, plumper,
moralisierend. An Worten hatte er allerdings immer Überflufs, und
so hat er hier allerlei eigene dürftige Erfindungen eingemengt, nament-
lich nicht selten auf eigene Verantwortung die Planeten mitspielen
lassen, von denen bei Manilius keine Rede ist. Es lohnt nicht, sich
mit diesen Varianten zu beschäftigen, ohne zugleich den Textverderb-'
nissen bei Manilius nachzuspüren; so mag nur noch daran erinnert
werden, dafs weder Salmoneus und Bellerophon zum Heniochos
(Manilius v. 91 ff.), noch der alte Cato zum Kepheus (v. 464) bei
Firmicus fehlen. Genug davon; die Frage, ob die Aufgänge der
Sternbilder von Firmicus aus Manilius entlehnt sind, ist schon durch
Scaliger endgültig entschieden und hätte nie mehr aufgeworfen werden
sollen. Firmicus hatte rhetorische Bildung genug, um nicht immer
nur abschreiben zu müssen; aber der Kern seiner Sternaufgangs-
deutungen geht ausschliefslich auf Manilius zurück, und es ist gänz-
lich überflüssig, daneben sich noch eine zweite Quelle zu denken.
Was Firmicus mehr hat, ist, abgesehen von ein paar gelegentlich
eingeschalteten Lesefrüchten, sein eigenes Erzeugnis.

Wie steht es aber nun mit den Untergängen der Sternbilder,
die bei Firmicus jedesmal sogleich nach ihren Aufgängen unter den
12 Zeichen besprochen werden? Eines läfst sich von vorneherein
sagen: diese Untergänge können nur entweder von Manilius oder
von Firmicus erdacht worden sein. Denn das ganze System sehliefst
sich in Astronomie und Astrologie aufs engste an die Aufgänge an,
die Firmicus von Manilius entlehnte: es ist also hier die ganze Reihe
der rein persönlichen astronomischen Irrtümer des Manilius noch ein-
mal wiederholt und ebenso ist die Deutung der Untergänge, wie sich
zeigen wird, fast immer nur das Gegenbild der Aufgangsbedeutungen
bei Manilius. Dadurch ist es ausgeschlossen, dafs Firmicus hier eine
neue Quelle benützt hat. Entweder hat er den Manilius auch hier
paraphrasiert oder er giebt seine eigenen Einfälle zum Besten: tertium
non datur.

Scaliger hat (a. a. 0. S. 385) die Meinung ausgesprochen, dafs
Manilius aufser dem erhaltenen Buch über die Aufgänge noch ein
weiteres nicht nur geplant, sondern auch geschrieben habe, in welchem
gesagt worden sei, was die Sternbilder bedeuten, cum merguntur in
undas. Zu Firmicus' Zeit sei dieses Buch noch vorhanden gewesen
und von ihm ebenso wie das fünfte in Prosa übertragen worden.

Boll, Sphaera barliarica. 26
 
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