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Mirgisse

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noch irgendwo anzugraben, dazu reichte die Zeit nicht; aber auch ohne auf Grabungser-
gebnisse zu fußen, kann man das Charakteristische des Schnitts dieser Mauersysteme wieder-
geben. Als Beispiel sei die Westseite gewählt (Bl. 3d). Vor der niedrigen Mauer, welche
keinen anderen Zweck haben kann, als die für die Bebauung freigelassene innere Fläche der
Festung zu begrenzen, zieht sich eine schmale Gasse entlang, die „Mauergasse“ genannt
werden soll, und die den freien Zugang zur Rückseite der Mauer überall ermöglicht. Davor
steigt die starke Festungsmauer mit geböschter Rückseite und senkrechter oder fast senk-
rechter Vorderseite an. Ihre ursprüngliche Höhe, ist nirgends mehr bestimmbar. Da sie
gegen lange Leitern sturmfrei gewesen sein muß, so darf man sie wohl nicht unter io m
hoch annehmen. Der Fuß der Mauer, von deren inneren Konstruktion unten zu sprechen sein
wird, ist vorn mit geböschter Bruchsteinpackung gesichert — eigentlich steht die Mauer
auch hier wohl wie bei anderen Festungen auf der Bruchsteinpackung. In größeren Ab-
ständen von rund 30 m treten rechteckige Vorsprünge vor die Mauer vor, die vielleicht höher
geführt die laufende Mauer turmartig überragten. Sie dienen dazu, den Mauerfuß zwischen
ihnen seitlich bestreichen zu können. An den Ecken des inneren Mauerrechtecks liegen ähn-
liche turmartige Vorsprünge1 (Bl. 4 c). An einigen Stellen hat die Mauer auch auf der Innen-
seite Vorlagen, für die ich aber keine Erklärung geben kann. Vor dem Mauerfuß außen
liegt ein rund 8 m breiter trockener2 Graben, der heute aber nur an der Westseite noch
nachweisbar ist. An Nord- und Südseite wird er wohl durch Grabung auch noch fest-
stellbar sein; an der Ostseite war er nicht nötig. Vor dem trockenen Graben liegt bis zur
vorderen Mauer eine heute glatte, vielleicht unbebaut gewesene Fläche, dann erhebt sich die
äußere Mauer, wie die innere auf einem Fuß von Steinpackung. Davor liegt nun ein
breiter — rund 36 m — trockener Graben, der auch tiefer ist als der innere. Bei ihm ist
der vordere Rand durch einen breiten, in all seinen Ansichtsflächen mit Steinen abgepflasterten
Wall gebildet. Dessen Querschnitt ist so angelegt, daß er für Geschosse von. der Mauer-
höhe nirgends tote Winkel bildet, d. h. seine vordere Böschung ist flach genug, daß sie
von der Mauer her an allen Punkten eingesehen und bestrichen werden kann. Der breite
trockene Graben und sein Wall sind nur auf der West- und Südseite voll entwickelt, auf
der Nordseite war dafür kein Platz, hier mußte also eine schmalere und einfachere Anlage
(Bl. 3e) dafür eingesetzt werden. Hier ist der Graben nur rund 10 m breit, und der Wall
davor hat keine flache Krone, besteht vielmehr eigentlich nur aus einer gepflasterten An-
rampung gegen den Graben zu.

Die Konstruktion der Mauern ist die beim ägyptischen Ziegelbau übliche, jedem, der
sich Umfassungsmauern in Ägypten einmal näher angesehen hat, bekannte. Wenn sie hier
dennoch in Einzelheiten beschrieben werden soll, so geschieht dies nur, weil wir hier aus
Verschiedenheiten in den einzelnen Bauteilen vielleicht baugeschichtliche Schlüsse ziehen können.

Ob die des öfteren3 schon beschriebene ägyptische Art, Ziegelmauern von großer
Stärke in turmartigen Abschnitten zu errichten, zwischen denen die Breschen später gefüllt
wurden, auch hier angewendet worden ist, muß zweifelhaft bleiben. Ich kann zur Zeit nur
eine durchgehende geböschte Fuge (Abb. 3), die darauf schließen ließe, nachweisen, muß
aber die Möglichkeit offen lassen, das es sich dabei um den Ansatz eines fortlaufenden

1) Somers Clarke und Douglas Wells a. a. 0. Bl. 28 geben an der Südseite tiefere, sehr dicht gesetzte
Vorsprünge, für die Somers Clarke a. a. 0. 166 aber keine Erklärung geben kann. Auch an der Innenseite
eines Mauerstücks geben sie a. a. O. solche Vorsprünge. Wir haben diese Vorsprünge nicht bemerkt, was aber
nicht gegen ihr Vorhandensein spricht. Klarheit kann hier nur eine Grabung schaffen.

2) Daß diese Gräben hier und an anderen Stellen nie mit Wasser gefüllt gewesen sein können, zeigt ihre
Lage über dem Fluß und, wenn man Füllung durch künstlich gehobenes Wasser annehmen wollte, das Fehlen
einer dichten Grabensohle. Bei Kuri (Chirbe) gegenüber Kuban sind die Grabenböschungen sogar aus lufttrockenen
Ziegeln gebildet, was bei Wassergräben unmöglich wäre.

3) Hölscher, Hohes Tor, 27 und Honroth in Ä. Z. 46 (1909) 39 ff.
 
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