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Altägyptische Festungen

Der Festungsbau.

Im Vorstehenden ist eine Anzahl von bisher recht wenig bekannten altägyptischen
Festungen in ihren Einzelheiten besprochen und dadurch der Stoff, der uns bis dahin für das
Verständnis des ägyptischen Festungsbaues zur Verfügung stand, nicht unerheblich vergrößert
worden. Daher tritt die Versuchung nahe, zum Schluß hier einen allgemeinen Überblick über
den Festungsbau der alten Ägypter1 unter Heranziehung des altbekannten und des neuen
Materials zu geben, selbst auf die Gefahr hin, dadurch stellenweise von Anderen2 Gesagtes
zu wiederholen.

Die Angriffe auf ägyptische Festungen wurden nur mit recht einfachen Waffen und
Werkzeugen unternommen. Zur Vertreibung der Besatzung von den Mauern standen die
beiden Fernkampfwaffen Bogen3 und Schleuder4 zur Verfügung, die weniger weit reichende
Wurflanze kam dafür wohl kaum in Betracht. Die Nahkampfwaffen, Keule, Axt, Lanze,
Sichelschwert, Dolch und später das Langschwert konnten erst zur Verwendung kommen,
wenn mindestens ein Teil der Befestigung genommen war. Von diesen Nahkampfwaffen
dienten aber in ältester Zeit die Keule5 6 und später die Axt8 auch zur Überwindung der Ver-
teidigungswerke, nämlich zum Einschlagen der hölzernen Tore. Sonst konnten die Verteidi-
gungswerke nur durch Erklettern und Einreißen überwunden werden. Das Ersteigen erfolgte
auf langen Sturmleitern7, zu denen auch bewegliche hohe Gerüste8 hinzukamen. Das Ein-
reißen konnte oberirdisch mit Stangen9 und Haken10 oder unterirdisch durch Untergraben11
versucht werden. Für die Zerstörung der hölzernen Teile der Befestigungsanlagen kommt
natürlich auch das Inbrandsetzen in Frage.

Die verschiedenen Angriffswaffen und -arten sehen wir in den Abbildungen zwar nur
von Ägyptern gegen feindliche Festungen verwendet, aber die Ägypter werden im besten

1) Nur als Tempelumwallungen anzusehende Mauern, wie z. B. die von Karnak, wenn sie auch verteidi-
gungsfähig waren, sind nicht in den Kreis dieser Betrachtung hineingezogen, ebensowenig Stadtmauern, wie z. B.
die von Tanis, bei denen wir eigentlich nicht mehr als den allgemeinen Verlauf kennen. Nicht berücksichtigt wurde
ferner die von Maspero, Hist. anc. i, 479, erwähnte Festung von Derr, die ich weder sonst aus dem Schriftum
(Weigall, Antiq. of Lower Nubia und Blackman, Derr, erwähnen sie auch nicht) kenne, noch bei unserem Aufent-
halt in Derr gesehen habe. M. Maspero, den ich 1901 nach dieser Festung fragte, konnte mir leider auch nichts
darüber mitteilen. Von Anibe, das mir nur aus den wohl nicht einwandfreien Angaben Weigalls, Report on
the Antiquities of Lower Nubia 117 und Bl. 60, bekannt ist, standen mir die neueren Ermittlungen der Grabung der
E. v. Sieglin-Expedition noch nicht zur Verfügung. Ebensowenig konnte ich die Aufnahmen der badischen Grabung von
El-Hibe jetzt benutzen; die Skizze Achmed Bey Kamals, die er in Annales 2, 85 davon gibt, ist unzureichend.

Anlagen, die sicher aus griechisch-römischer oder noch späterer Zeit stammen, oder die Fremden zuge-
schrieben werden (Flinders Petrie, Hyks.os and Israelite Cities S. 3fF. und Bl. 2—4), sind auch gänzlich unbe-
rücksichtigt geblieben. Hierzu möchte ich nebenbei bemerken, daß ich die in Naukratis und Daphnae (Petrie,
Naukratis 1 Bl. 43 und Nebesheh and Defenneh Bl. 54) gefundenen Grundmauern nicht für solche von Befesti-
gungsanlagen halte.

2) Wilkinson in Trans. Roy. Soc. Lit. 2, 4, iooff. und in Manners and customs (1878) 1, 268ff.; Hölscher,
Hohes Tor 56fr.; Perrot-Chipiez, Hist, de l’art I 189fr.; Maspero, L’archeol. egypt. (1907) 24fr.; Somers
Clarke in Journ. Eg. Arch. 3, 155ff; Erman, Aeg. und aeg. Leben 692fr. und 701fr.; Weill, Journ. asiat. 1900,
8off. und 201 fT. und Andere.

3) Deshashe 4 (A. R. Dyn. 5); Beni Hasan x, 14 (M. R.).

4) Beni Hasan 2, 5 (M. R.).

5) Zeremonie in Soleb, L. D. 3, 83.

6) Z. B. Medinet Habu (Berl. Fremd Völkeraufnahmen 464 A = Champollion, Mön. 3, 228).' Auffallend
ist, daß die kleinen Streitäxte auch zum Einschlagen der schweren Türen verwendet werden.

7) Deshashe 4 (A. R. Dyn. 5) und öfter.

8) Ein Belagerungsgerüst auf Rädern (?), das mit Wuchtebäumen vorgeschoben wird, fand Quibell in
einem Wandgemälde der 5. Dyn. bei Saqqara.

9) Bei Belagerungen Beni Hasan 1,14, 2, 15 und 4 Bl. 23 (M. R.). Dort arbeiten zwei Mann unter einer
wohl beweglichen hölzernen mit Fellen (?) bedeckten Schutzhütte mit einer langen, schwarz gemalten Stange mit
weißer (Farbe abgefallen?) Spitze, die sich gegen das graue Ziegelmauerwerk neben oder hinter einem gelben
hölzernen Aufbau richtet. Benihassan 2, 15 stoßen die Leute auf eine tiefere Stelle der Mauer.

10) Bei der Einnahme von Dapur (Berl. Fremdvölkeraufn. 548 = L. D. 3, 166) versucht ein Mann die
Zinnen vor dem Tor mit einem Haken herabzureißen oder zieht sich mit dem Haken hinauf.

11) Scheint dargestellt in Deshashe 4, da sonst, wenn es sich hier um oberirdisches Einstoßen der
Mauer handeln sollte,, der in der Festung am Boden Horchende nicht recht zu erklären wäre.
 
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