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fernliegt. Mit einer Wolke möchte man die kretischen Bauwerke vergleichen.
Hingehaucht, bizarr im Umriß, leicht schwebend, ohne Ahnung von Träger
und Getragenem, eingetaucht in Licht und Farben.
Dieser malerische Grundcharakter prägt sich auch in der Plastik aus.
Bald verläßt sie die starre Frontalität und wendet sich durchaus impressio-
nisten Tendenzen zu. Eine Auflösung der Form, wie sie im ganzen Alter-
tum nicht ihresgleichen hat, und die selbst unserer Zeit unerhört kühn erscheint,
tritt ein. Barocke Probleme werden in Werken wie dem Elfenbeinspringer
vorweg genommen und erstaunlich gelöst. Das Ende: ein unserem expressio-
nistischen Fuhlen verwandter Stil, der auf alle Details verzichtet und in seiner
zur Monumentalität gesteigerten Vereinfachung und Eindringlichkeit uns innerlich
am nächsten steht.
Gegenbewegungen machen sich auf dem Festlande geltend. Nur dort
konnten jene gewaltigen Kuppelgräberanlagen, jene imposanten Toranlagen ent-
stehen. Das Festland ist es auch, das den einfachen Megarontypus aufnimmt
und ausgestaltet. Die festländischen Fresken sind klarer, trockener, einfacher,
von einer gewissen Wucht und Derbheit. Die Plastik unterscheidet sich merk-
lich von der kretischen. Das Löwentorrelief, die Bleifigur von Kampos, der
Stuckkopf von Mykenai sind Leistungen, die in Kreta unmöglich gewesen wären.
Auch die mykenische Vasenmalerei geht neue Wege. Der Stil dieser Vasen
und der mykenischen Kleinplasfik ist es, der durch Jahrhunderte fortlebte, und
an den die erwachende griechische Kunst anknüpfte. Daß das Kreta der
archaischen Zeit dem Festlande ebenfalls Anregungen geben konnte, ist Tat-
sache. Aber die archaische Kunst Kretas war keine unmittelbare Fortsetzung
spätminoischer Gedanken. Sie hatte bereits das Erbe des Festlandes an-
getreten und es nur auf Grund guter künstlerischer Traditionen weiter gepflegt.
fernliegt. Mit einer Wolke möchte man die kretischen Bauwerke vergleichen.
Hingehaucht, bizarr im Umriß, leicht schwebend, ohne Ahnung von Träger
und Getragenem, eingetaucht in Licht und Farben.
Dieser malerische Grundcharakter prägt sich auch in der Plastik aus.
Bald verläßt sie die starre Frontalität und wendet sich durchaus impressio-
nisten Tendenzen zu. Eine Auflösung der Form, wie sie im ganzen Alter-
tum nicht ihresgleichen hat, und die selbst unserer Zeit unerhört kühn erscheint,
tritt ein. Barocke Probleme werden in Werken wie dem Elfenbeinspringer
vorweg genommen und erstaunlich gelöst. Das Ende: ein unserem expressio-
nistischen Fuhlen verwandter Stil, der auf alle Details verzichtet und in seiner
zur Monumentalität gesteigerten Vereinfachung und Eindringlichkeit uns innerlich
am nächsten steht.
Gegenbewegungen machen sich auf dem Festlande geltend. Nur dort
konnten jene gewaltigen Kuppelgräberanlagen, jene imposanten Toranlagen ent-
stehen. Das Festland ist es auch, das den einfachen Megarontypus aufnimmt
und ausgestaltet. Die festländischen Fresken sind klarer, trockener, einfacher,
von einer gewissen Wucht und Derbheit. Die Plastik unterscheidet sich merk-
lich von der kretischen. Das Löwentorrelief, die Bleifigur von Kampos, der
Stuckkopf von Mykenai sind Leistungen, die in Kreta unmöglich gewesen wären.
Auch die mykenische Vasenmalerei geht neue Wege. Der Stil dieser Vasen
und der mykenischen Kleinplasfik ist es, der durch Jahrhunderte fortlebte, und
an den die erwachende griechische Kunst anknüpfte. Daß das Kreta der
archaischen Zeit dem Festlande ebenfalls Anregungen geben konnte, ist Tat-
sache. Aber die archaische Kunst Kretas war keine unmittelbare Fortsetzung
spätminoischer Gedanken. Sie hatte bereits das Erbe des Festlandes an-
getreten und es nur auf Grund guter künstlerischer Traditionen weiter gepflegt.