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£>2 Zweiter Abschnitt. Die liturgische Gewandung.

tausends. An Amikt und Albe bürgern sich im 12, Jahrhundert im Zu-
sammenhang mit einem solchen Bestreben die als Paruren bezeichneten
Zierbesätze ein. Die letzte Schöpfung der dritten Periode ist der litur-
gische Farbenkanon, der hart vor Schluß derselben seine endgültige Fest-
stellung erführt als Frucht der seit der Karolingerzeit so eifrig gepflegten
Symbolik.

Als Amalarius von Met/, im Beginn des 9. Jahrhunderts seine Schrift
«De officiäs divinis» schrieb, zählten zur liturgischen Gewandung 11 Stücke:
Amikt, Albe, Cingulum, Manipel, Stola, Tunika, Dalmatik, Kasel, Ponti-
fikalschube, Pontifikalstrümpfe und Pallium. Um 1200 waren es, um vom
päpstlichen Fano abzusehen, 17; es waren also sechs neue Gewänder
hinzugekommen.

Die vierte Periode brachte in Beziehung auf die Zahl der Ge-
wänder keine Veränderung. Wohl kam das Subcinctorium bei den Bischöfen
allmählich außer Gebrauch, doch erhielt es sich in der päpstlichen Ponti-
fikalkleidung. Auch hinsichtlich der Art der Verwendung der liturgischen
Gewänder ist kaum etwas anderes von einiger Bedeutung zu ver-
zeichnen, als daß das Snperpelliceum immer mehr die Albe verdrängte
und namentlich allgemein das liturgische Gewand der niederen Kleriker
wurde.

Weit wichtiger wurde die letzte Periode für die Ausstattung und
formelle Umbildung der liturgischen Gewänder. Unter der Gunst der
äußeren Verhältnisse und unter dem Einfluß gesteigerter Prachtliebe so-
wie namentlich auch opferwilligster Religiosität werden diese im späteren
Mittelalter allgemein mit einem Reichtum und einer Kunstfertigkeit aus-
gestattet, wie man es bisher nie gesehen. Auch die Neuzeit legte auf
eine glänzende Ausstauimg der liturgischen Gewänder vielen Wert und
schuf manches prunkvolle und großartige Stück. War die gesteigerte
Sorge für den Schmuck der heiligen Gewänder eine erfreuliche Er-
scheinung, so kann das nicht auch von der formellen Umbildung, richtiger
Verbildimg, gesagt werden, die mit ihnen im 13. Jahrhundert anhob und
dann langsam, aber stetig fortschritt. Sie ist charakterisiert durch das
Streben, die Gewänder immer mehr zuzustutzen, vor allem in Bezug auf
die Länge. Am ärgsten wurde der Kasel mitgespielt, die aus einem
weiten, faltigen, glockenförmigen Mantel, den sie noch um 1200 darstellte,
ein unbedeutendes Skapulier wurde. Nur beim Pluviale und der Mitra
machte sich sonderbarerweise eine entgegengesetzte Strömung geltend.
Bei jenen erhielten Schild und Besätze allmählich eine zu dem Gewand
in keinem Verhältnis mehr stehende Ausdehnung, die Mitra aber wuchs
sich zu einem häßlichen, aller Proportionen entbehrenden turmartigen
Ungetüm aus.
 
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