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Fünftes Kap. Die liuirg. Hand- u. Fußbekleidung. DieMitra. lH.DieMitra. igrj

als der beiden Testamente. Der Circulus ist das Bild des Bischofs, der
aus den Schätzen beider Testamente schöpft mm Nutzen der Gläubigen;
die Behänge versinnbilden Geist und Buchstaben, die mystische und die
literale Auslegung der Heiligen Schrift, die roten Fransen an ihrem
Ende, daß der Bischof bereit sein muß, für den Glauben sein Leben zu
lassen. Daß sie über die Schultern herabhangen, mit denen man die
Lasten trägt, will sagen, daß auch der Bischof das Gesetz tragen, d. h. zur
Tat werden lassen müsse, was er mit dem Munde lehrte. Typisch-dog-
matisch wird die Mitra von Honoritts auf die Kirche Ghristi gedeutet,
welche wie ein Schmuck das Haupt des Bischofs umgibt, wenn die
Gläubigen Ghristus treu nachfolgen, dem Bischof ihre Verehrung zollen
und sich mit dem Klerus um ihn als ihren Hirten scharen. Innozenz III.
aber legt sie typisch-dogmatisch aus auf die Erhöhung, welche der hei-
ligen Menschheit Christi die hypostatische Vereinigung mit der Person
des Sohnes Gottes brachte. Typisch-repräsentativ sah man die Mitra als
Sinnbild der Dornenkrone an.

Ein Gebet beim Aufsetzen der Mitra zu sprechen, war im Mittel-
alter Ausnahme. Das heute dabei gebräuchliche lautet: «Setze, o Herr,
die Mitra als Helm des Heiles auf mein Haupt, damit ich gegen des
alten Feindes und aller Gegner Nachstellungen geschirmt sei.» Das
Gebet, welches der Bischof spricht, wenn er am Ende der Konsekrations-
feier den Neukonsekrierten mit der Mitra schmückt, stammt erst aus dem
14.—15. Jahrhundert. Vordem war bei der Zeremonie ein Gebet nicht
gebräuchlich.

4. Die Tiara. Die nahen Beziehungen der Mitra zur Ti ara dürften
es zur Genüge rechtfertigen, daß wir hier einige Worte über die Ge-
schichte der Tiara anreihen. Der päpstliche außerliturgische Kopfschmuck
wird zum erstenmal im Liber Pontificalis erwähnt, und zwar in der Vita
des Papstes Konstantin 1. ("j" 715), zum zweitenmal dann noch in demselben
Jahrhundert in dem sog. «Constitutum Constantini», der I'seudo-Konstan-
tinischen Schenkung. Dort heißt er camelaucum, hier phrygium
(pileus phrygius). Allem Anschein nach eine Entlehnung aus der byzan-
tinischen Holtracht, war er nach dem neunten römischen Ordo Mabillons
noch im 9. Jahrhundert lediglich eine schlichte, helmähnliche Mütze aus
weißem Zeug. Möglich, daß sich unten um ihn herum ein Zierstreifen zog,
mit einem Kronreifen war er jedoch damals wohl noch nicht versehen.
Allerdings heißt er im neunten Ordo regnum, doch muß auffallen, daß
in der Beschreibung, die derselbe von ihm gibt, auch mit keiner Silbe das
Vorhandensein eines Kronreifens angedeutet ist und der Akt des Auf-
setzens des Kopfschmuckes nur als Aufsetzen, nicht wie später stets als
Kronen bezeichnet wird. Auf keinen Fall gab es vor dem 9. Jahrhundert
einen Kronreifen an ihm, da ja der Papst vor dieser Zeit noch nicht welt-
licher Herrscher war. Wann der päpstliche Kopfschmuck mit demselben
ausgestattet wurde, ist unbekannt; indessen liegt die Vermutung nahe, es
 
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