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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0020
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2 Einleitung

Nach katholischer Lehre ist die eucharistische Handlung beides, Opfer
und Opfermahl; Opfer, sofern Christus in der Wandlung von Brot und Wein und
durch dieselbe unblutigerweise sein Kreuzesopfer erneuert; Opfermahl, sofern das
eucharistische Brot und der eucharistische Wein, in denen und durch die sich das
Opfer vollzogen hat, übernatürliche, die Seele mit Christus vereinigende Speise ist.

Ausdrücklich hat das Tridentinum im Kanon 1 der 22. Sitzung ausgesprochen,
daß die Messe ein verum et proprium sacrificium sei und sich nicht bloß damit be-
gnügt, gegenüber den Neuern des 16. Jahrhunderts ihren Charakter als Sühnopfer
dogmatisch festzulegen. Eine Definition des Opfers im allgemeinen, wie des Meß-
opfers im besonderen hat das Konzil freilich nicht gegeben. Was es unter verum
et proprium sacrificium verstand, kann jedoch nach seinen sonstigen Äußerungen
und nach der Lehre der damaligen Theologen nicht zweifelhaft sein. Daß ins-
besondere auch das Meßopfer eine reale Darbringung sei, und zwar eine Darbrin-
gung von Christi Leib und Blut unter den Gestalten von Brot und Wein, erhellt mit
Bestimmtheit aus C. 1 der 22. Sitzung, wo das nicht als bloße Begründung, sondern
als Lehrinhalt ausgesprochen wird*.

Mit der Anschauung der katholischen Kirche stimmt überein die Lehre der
orientalischenRiten, und zwar insbesondere auch jener Zweige und Vertreter
derselben, welche sich schon in altchristlicher Zeit von der Einheit der römischen
Kirche losgerissen haben und seit eineinhalb Jahrtausenden abseits dieser letzteren
stehen. Denn auch nach ihrem Lehrbegriff ist die Eucharistiefeier nicht bloß ein
Mahl, das Christus zu seinem Gedächtnis in seiner Kirche bis zum Ende der Zeiten
zu halten gebot, sondern auch, ja vor allem ein wahres, eigentliches Opfer, eine reale
Darbringung, die wirkliche, wenn auch unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers.

Wie es sich aber heute nach katholischer Lehre um den Charakter der Euchari-
stiefeier verhält, so verhielt es sich nach ihr im wesentlichen um diesen zu aller
Zeit, und zwar namentlich auch schon in den Tagen der Urkirche. Die gegen-
teilige Auffassung ist mit dem katholischen Dogma von der wesentlichen Unver-
änderlichkeit der von Christus durch die Apostel dem kirchlichen Lehramt anver-
trauten Glaubenshinterlage nicht vereinbar. Wohl zeigt auch die katholische Lehre-
von dem Charakter der Eucharistiefeier einen Fortschritt, eine Entwicklung, aber
nicht in Gestalt eines völlig neuen Dogmas noch auch in Gestalt einer Erweiterung
des von den Aposteln überkommenen ursprünglichen Lehrbegriffes durch Einfüh-
rung einer neuen, in diesem Begriff nicht gegebenen Idee, sondern nur durch klarere-
Erfassung und schärfere Ausgestaltung der in der apostolischen Glaubenshinterlage
enthaltenen Wahrheit. Nach katholischer Lehre war demnach die Eucharistie schon
zur apostolischen Zeit nicht bloß ein Mahl zur Erinnerung an des Herrn Opfertod,
sondern auch ein Opfer, und zwar ein wahres und wirkliches Opfer im Sinne eines
objektiven Opfercharakters und einer realen Darbringung Christi, nicht ein Opfer in
lediglich übertragenem Sinne, etwa ein Lobopfer in Gestalt des subjektiven Gebets-
lobes des das eucharistische Gedächtnismahl begehenden Bischofs, des um diesen
versammelten Klerus und der an der heiligen Handlung teilnehmenden Gemeinde.
Das Gerät aber, auf dem sich die eucharistische Feier vollzog, war, dem Charakter
dieser letzteren entsprechend, nach katholischer Auffassung von Anfang an eine
wahre Opferstätte, ein Altar im vollen und eigentlichen Sinne des Wortes. Freilich
nur vorübergehend, wenn es bloß in einem vereinzelten Falle zur Darbringung des
eucharistischen Opfers benützt wurde, wie das in der vorkonstantinischen Zeit häufig
vorgekommen sein dürfte, dauernd dagegen, wenn es ein und für alle Male für die-

1 Ober die Lehre des Tridentinums hin- Charakters der Messe betrifft nicht die Frage,.
Jichtlich der Messe als Opfer vgl. nament- ob diese eine reale Darbringung sei — dar-
lieh E. Dorsch, Der Opfercharakter der Eucha- über besteht bei ihnen kein Zweifel —, son-
ristie (Innsbruck 1909) 105 f. Die auch jetzt dem nur die andere, in welchem Akte der
noch nicht entschiedene Kontroverse der Messe sich die eigentliche Opferhandlung voll-
katholischen Theologen hinsichtlich des Opfer- ziehe und worin das Wesen derselben bestehe.
 
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