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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0117
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Zweites Kapitel. Altare fixum und altare portatile in Gegenwart und Geschichte 99

anderen oben in der Mitte in einer Versenkung eine geweihte Holztafel angebracht
ist, welche nach Bedürfnis weggenommen und als Portatile verwendet werden
kann. Sind Altäre der ersten Art ein Gegenstück des abendländischen altare fixum,
dann sind die der zweiten ein solches zu unserem altare quasi-fixum. Denn die
hölzerne Altartafel wird auch auf diese nicht für jede Messe von neuem gelegt
und nach derselben wieder entfernt, sie liegt vielmehr andauernd auf ihnen, kann
aber wie das Portatile des lateinischen altare quasi-fixum aus der Vertiefung, in
die sie eingebettet ist, zeitweilig herausgenommen und als Tragaltar oder auf einem
anderen Altare benutzt werden; ein Fall übrigens, der sehr selten vorkommt, da
das heilige Opfer bei den Kopten nur in dringendsten Notfällen außerhalb der Kirche
gefeiert wird. Gut kommt das Verhältnis des festen, aus Ziegeln oder Stein errich-
teten Aufbaues zu der in seiner Oberseite eingesenkten Holztafel in dem Gebet
zum Ausdruck, welches der Bischof bei der Weihe der Tafel spricht: „Segne diese
Holztafel, damit sie werde ein heiliger Altar und eine heilige Mensa für den hohen,











11

M



Koptische Altäre» Oberseite

(Nach Butler)

aus Stein erbauten Altar"". Übrigens finden Altäre mit eingelegter Holztafel nur
noch beschränkte Verwendung. Am gewöhnlichsten sind heute Altäre mit ein-
gefügter Steinplatte, besonders in den Klöstern der Wüste.

Über die Geschichte des altare fixum und des altare portatile im koptischen
Ritus liegen kaum Angaben vor. Das vom Patriarchen Gabriel (1411) heraus-
gegebene koptische Rituale enthält ein Formular für die Weihe der Holztafel*4; ein
unter dem Namen des hl. Klemens gehender Kanon schreibt vor: „In jeder Kirche
sollen zwei Altäre sein, einer, welcher von einem Ort zum andern getragen wer-
den kann, wie die Lade der Israeliten, die in der Wüste getragen wurde, und ein
anderer, der unbeweglich ist. Wenn der unbewegliche abgebrochen oder von
seinem geheiligten Platz versetzt wird, so wisse, daß die Heiligkeit von ihm schwin-
det. Es ist jedoch erlaubt, ihn zum zweiten Male zu heiligen55." Daß der Kanon von
Klemens herrührt, ist ausgeschlossen, doch wird er jedenfalls dem ersten Jahr-
tausend entstammen.

Von den Armeniern kennen nur die mit Rom wieder vereinigten einen
Tragaltar, der aber bei ihnen erst in jüngerer Zeit, nach freundlicher Mitteilung
des P. Vardan Hatzuni zu Konstantinopel56 erst vor etwa einem Jahrhundert, in
Gebrauch kam. Bei den Nichtunierten findet er noch heute keine Verwendung. Die
Messe darf bei ihnen bloß in der Kirche und bloß auf einem feststehenden steiner-

Renaudot I, 55; vgl. auch den Kommentar
*um Weiheritus 1. c. 311.

14 Renaudot 1. c.

. W. Riedel, Kirchenrechtsquellen des Pa-
triarchats Alexandrien (Leipzig 1900) 172.

" Durch die gütige Vermittlung des Rektors
der Congregazione Mechitarista Armena Bene-
dictina zu Rom, P. Serapio Ulohogian und
meines Ordensgenossen P. Herrn, van Laak
S. J., Professor an der Gregoriana zu Rom.

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