Zweites Kapitel. Die Form des Altares 187
bundener Einrichtungen in der Verkörperung der Idee des Tischaltares zu-
tage trat. Es ist eine förmliche Schar von Typen, von Untertypen und von
Variationen dieser Untertypen, die uns bei Betrachtung der ungemein vielen
Tischaltäre entgegentritt, welche die Vergangenheit der Gegenwart hinterließ.
Keine andere Altarform weist auch nur im entferntesten eine solche Fülle und
eine so große Verschiedenartigkeit der einzelnen Bildungen auf. Für den
Grundcharakter des Typus freilich ist aller Wechsel in der Zahl, der Art, der
stilistischen Ausgestaltung und der dekorativen Behandlung der Stützen ohne
Bedeutung. Ob die Mensa von einer oder von mehreren Stützen getragen
wird, ob die Stützen Säulchen, Pfeiler, Aufmauerungen oder Konsolen sind,
ob der Altar frei steht oder die Altarplatte an der Rückseite sich an eine Wand
oder an einen Hinterbau als Stütze anlehnt, immer hat und bewahrt der Altar
den Charakter des Tischaltares.
IX. DER TISCHALTAR IN DEN RITEN DES OSTENS
Auch in den Riten des Ostens, ausgenommen dem koptischen, der nur
Blockaltäre kennt, ist der Tischaltar gebräuchlich, vor allem im griechi-
schen Ritus, in dem er heute nicht nur vorherrscht, sondern sogar die
offizielle Altarform darstellt. Nach den Rubriken des griechischen Kirchweih-
und Altarritus soll der Altar nämlich vier Säulchen als Stützen der Mensa
aufweisen, welche oben zur Aufnahme des Nagels, mittels dessen die Altar-
platte bei der Weihe auf ihnen befestigt wird, mit einem Loch versehen wer-
den müssen1.
Zur Geschichte des Tischaltares in den Riten des Ostens liegt sehr wenig
Material vor. Auf den älteren wie jüngeren Bildwerken erscheint der
Altar meist so vollständig mit Decken und Behängen verhüllt, daß es nicht
möglich ist, zu erkennen, ob der Altar einen Tischaltar oder einen anderen
Altartypus darstellen soll. Was wir ihnen darum für den Tischaltar und seine
Geschichte zu entnehmen vermögen, ist nur, daß es neben Blockaltären auch
Tischaltäre gab, und daß sie bald einstützig, bald vierstützig waren.
Ein vierfüßiger Tischaltar begegnet uns auf einer dem 9. oder 10. Jahr-
hundert entstammenden Miniatur eines Psalters auf dem Berge Athos. Sie schildert
eme bei den griechischen Malern sehr beliebte Szene, die Austeilung der hl. Kom-
munion an die Apostel durch den Heiland, wobei der Abendmahlstisch wie gewöhn-
lich einem Altar nachgebildet ist. Während aber sonst die ihn bedeckenden Tücher
seinen Bau nicht erkennen lassen, hat er hier, wie die unten zum Vorschein
kommenden Füße zeigen, die Form eines vierstützigen Tisches. Auch auf einem
Fresko auf dem Berge Athos, das die göttliche Liturgie darstellt, hat der Altar,
Wie deutlich zu erkennen ist, vier Stützen5.
Als einstütziger Tisch erscheint der Altar auf der Darstellung einer Altarweihe
ln einer dem 12. Jahrhundert entstammenden Handschrift der Reden Gregors
v.on Nazianz in der Nationalbibliothek zu Paris3 sowie auf mehreren Miniaturen
eines syrischen Pontifikales aus dem Jahre 1239 in derselben Bibliothek, welche
' A- von Maltzew, Bitt- und Weihegottes. s Abb. in Fr. X. Kraus, Geschichte der
ownste der orthodoxen rassischen Kirche (Ber- christl. Kunst I (Freiburg 1896) 583.
»n 1897) 865. » F. gr. 543; eine Skizze bei Roh. VI, Tfl. 480.
bundener Einrichtungen in der Verkörperung der Idee des Tischaltares zu-
tage trat. Es ist eine förmliche Schar von Typen, von Untertypen und von
Variationen dieser Untertypen, die uns bei Betrachtung der ungemein vielen
Tischaltäre entgegentritt, welche die Vergangenheit der Gegenwart hinterließ.
Keine andere Altarform weist auch nur im entferntesten eine solche Fülle und
eine so große Verschiedenartigkeit der einzelnen Bildungen auf. Für den
Grundcharakter des Typus freilich ist aller Wechsel in der Zahl, der Art, der
stilistischen Ausgestaltung und der dekorativen Behandlung der Stützen ohne
Bedeutung. Ob die Mensa von einer oder von mehreren Stützen getragen
wird, ob die Stützen Säulchen, Pfeiler, Aufmauerungen oder Konsolen sind,
ob der Altar frei steht oder die Altarplatte an der Rückseite sich an eine Wand
oder an einen Hinterbau als Stütze anlehnt, immer hat und bewahrt der Altar
den Charakter des Tischaltares.
IX. DER TISCHALTAR IN DEN RITEN DES OSTENS
Auch in den Riten des Ostens, ausgenommen dem koptischen, der nur
Blockaltäre kennt, ist der Tischaltar gebräuchlich, vor allem im griechi-
schen Ritus, in dem er heute nicht nur vorherrscht, sondern sogar die
offizielle Altarform darstellt. Nach den Rubriken des griechischen Kirchweih-
und Altarritus soll der Altar nämlich vier Säulchen als Stützen der Mensa
aufweisen, welche oben zur Aufnahme des Nagels, mittels dessen die Altar-
platte bei der Weihe auf ihnen befestigt wird, mit einem Loch versehen wer-
den müssen1.
Zur Geschichte des Tischaltares in den Riten des Ostens liegt sehr wenig
Material vor. Auf den älteren wie jüngeren Bildwerken erscheint der
Altar meist so vollständig mit Decken und Behängen verhüllt, daß es nicht
möglich ist, zu erkennen, ob der Altar einen Tischaltar oder einen anderen
Altartypus darstellen soll. Was wir ihnen darum für den Tischaltar und seine
Geschichte zu entnehmen vermögen, ist nur, daß es neben Blockaltären auch
Tischaltäre gab, und daß sie bald einstützig, bald vierstützig waren.
Ein vierfüßiger Tischaltar begegnet uns auf einer dem 9. oder 10. Jahr-
hundert entstammenden Miniatur eines Psalters auf dem Berge Athos. Sie schildert
eme bei den griechischen Malern sehr beliebte Szene, die Austeilung der hl. Kom-
munion an die Apostel durch den Heiland, wobei der Abendmahlstisch wie gewöhn-
lich einem Altar nachgebildet ist. Während aber sonst die ihn bedeckenden Tücher
seinen Bau nicht erkennen lassen, hat er hier, wie die unten zum Vorschein
kommenden Füße zeigen, die Form eines vierstützigen Tisches. Auch auf einem
Fresko auf dem Berge Athos, das die göttliche Liturgie darstellt, hat der Altar,
Wie deutlich zu erkennen ist, vier Stützen5.
Als einstütziger Tisch erscheint der Altar auf der Darstellung einer Altarweihe
ln einer dem 12. Jahrhundert entstammenden Handschrift der Reden Gregors
v.on Nazianz in der Nationalbibliothek zu Paris3 sowie auf mehreren Miniaturen
eines syrischen Pontifikales aus dem Jahre 1239 in derselben Bibliothek, welche
' A- von Maltzew, Bitt- und Weihegottes. s Abb. in Fr. X. Kraus, Geschichte der
ownste der orthodoxen rassischen Kirche (Ber- christl. Kunst I (Freiburg 1896) 583.
»n 1897) 865. » F. gr. 543; eine Skizze bei Roh. VI, Tfl. 480.