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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0262
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244 Zweiter Abschnitt. Das altare fixum

kehle. Gewöhnlich geschieht sie in Gestalt des sog. verkehrt steigenden Kar-
nies. Im letzten Falle baucht der Stipes sich oben aus, im ersten unten, im
zweiten zeigt er eine Höhlung. Ausbauchung und Höhlung finden sich in der
Regel sowohl vorn wie an den Seiten, doch kommen auch wohl Beispiele vor,
wo sie nur an den Seiten auftreten, während die Front eine gerade Fläche
bildet

Vergleicht man den Sarkophagaltar nach seiner Bildung und Gliederung mit
dem Blockaltar, so kann nicht zweifelhaft sein, daß er nicht etwas ganz Neues,
sondern bloß eine Umbildung dieses letzteren ist, der alte Blockaltar in etwas
veränderter, einem Sarkophag mehr oder weniger nachgebildeten Form.

Mit dekorativen Zutaten wurde der Sarkophagaltar in der Regel
nur in beschränktem Maße ausgestattet. Den Ecken wurde gern ein Blatt auf-
gelegt, um die hier minder gut wirkende harte Kante zu verdecken und eine
Überleitung von der Front zu den Seiten herzustellen. Auch ist bisweilen zu
demselben Zweck die Kante von der Mensa an bis zum Sockel durch eine breite
Abfasung weggenommen. Immer wird die Mitte der Front durch ein Ornament
ausgezeichnet, bald durch ein vertieftes Feld, dem ein Symbol, ein Kreuz,
ein Monogramm oder ähnliches eingefügt ist, bald durch bloßes Ornament. Die
Fläche zwischen dem Mittelstück und den Ecken bleibt bald frei von aller Zutat,
bald wird sie mit vertieftem Felde belebt oder mit Leisten gegliedert, bald mit
Ornament überzogen. Figürliche Darstellungen sind an den Sarkophag-
altären nicht häufig; begreiflich, da diese für Bildwerk zu wenig geeigneten Raum
boten. Wenn solches an ihnen angebracht ist, findet es sich darum auch fast
immer bloß in der Mitte der Front. Gewöhnlich sitzt es in einer barocken oder
Rokokoumrahmung, stets aber besteht es in nur leicht vortretendem Flachrelief,
gleichviel, ob es eine Einzelfigur, eine Gruppe oder eine Szene darstellt.

Selten sind die Sarkophagaltäre isoliert aufgestellt. Die Regel ist,
daß sie einem Hinterbau, der das Retabel oder doch die Leuchterbänke trägt,
vorgesetzt sind. Selbst wenn der Altar einer Wand vorgebaut ist oder unter
einem Ciborium steht, fehlt der Hinterbau nur ausnahmsweise.

Stilistisch unterscheiden sich die Sarkophagaltäre bis gegen Ende
des 18. Jahrhunderts nur durch den Charakter des Ornaments, das zunächst
die Sprache des Barocks redet, dann die des Rokokos. Mit dem Einsetzen des
Klassizismus nimmt der Dekor, der schon bis dahin bei ihnen selten reich
war, noch mehr ab, so daß die Sarkophagaltäre aus der Spätzeit des Jahr-
hunderts oft genug ein äußerst nüchternes Aussehen haben.

Die Form bleibt bis zu Ende des Rokokos im wesentlichen unverändert.
Erst dann, namentlich aber unter dem Einfluß des Empire, tritt insofern ein
Wandel ein, als nun die geschweifte Bildung des Stipes einer in geraden
Flächen sich vollziehenden Erweiterung desselben weicht (Tafel 40). Nun zeigt
die Front die Form eines Trapezes, die Schmalseiten die eines halben Trapezes,
oder auch wohl die eines Rechtecks, je nachdem die Front senkrecht steht
oder sich wie die Seiten nach vorn überneigt. Die steife Vornehmheit solcher
Altäre wird dann noch wohl dadurch erhöht, daß der Front glatte oder md
Rinnen versehene nüchterne Pflaster vorgelegt sind.
 
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