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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0264
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246 Zweiter Abschnitt. Das altare flxum

dem der Künstler im vorliegenden Falle der Mensa eine runde Form gegeben
haben mag. Da sie als Relief aus der Fläche heraustritt, konnte er sie nicht wohl
mit scharfen Ecken versehen, und so bildete er sie statt viereckig rund. Wie es
sich indessen auch immer mit der Zuverlässigkeit der beiden Darstellungen ver-
hält, selbst als zuverlässig angenommen, beweisen sie nur, daß Rundaltäre im
eigentlichen Sinne Ausnahme waren. Denn die beiden Bildwerke verschwinden
vollständig in der Menge von Bildwerken, auf denen der Altar viereckig ist.

Wirklich noch existierender runder Mensen gibt es, wie eben gesagt, im
ganzen bloß drei, und selbst von diesen ist Rundmensa im vollen Sinne des
Wortes lediglich die runde Mensa in der Kathedrale zu Besancon; denn bei
den zwei anderen Beispielen, dem Altar im Museum zu Vienne und einer
Altarmensa zu Mettlach, handelt es sich nicht sowohl um runde als vielmehr
um halbrunde Mensen*.

Die runde Mensa in der Kathedrale zu Besancon (Tafel 42) wurde schon bei
der Besprechung des Tischaltares kurz erwähnt. Sie befand sich ursprünglich
in der Kirche St-fitienne, wo sie die Mensa des Hochaltares bildete. Von dort 1674
in die Kathedrale St-Jean überführt, wurde sie 1711 auch hier wieder Mensa des
Hochaltares und als solche damals durch den Erzbischof Franz Joseph de Gram-
mont konsekriert. Im Jahre 1790 von ihrem Platz entfernt, wurde sie in die
Wand des Chores eingemauert, 1698 aber von dort wieder weggenommen und
in der Taufkapelle auf eine Rundstütze gesetzt.

Die Mensa besteht aus weißem Marmor und hat bei einer Stärke von 11,5 cm
einen Durchmesser von 1,26 m. Ihr ursprüngliches Profil hat sich nur an einer
Stelle erhalten, überall sonst ist es heute abgehauen. Es bestand von oben nach
unten aus einer Platte von 3,5 cm Höhe, einem leichten, aus flacher Kehle und
Plättchen sich zusammensetzenden 3 cm hohen Vorsprung und einer zur Unterseite
überleitenden Schräge, jetzt aber nur mehr aus Platte und Schräge. Oben zeigt
die Mensa eine 4,3 cm tiefe und 90,5 cm im Durchmesser haltende kreisförmige
Vertiefung, in deren Mitte in ganz schwachem Relief3 ein Lamm dargestellt ist, auf
dessen Rücken sich ein Kreuz erhebt. Es trägt auf seiner Spitze eine Taube, unter dem
Querbalken aber bildet es mit einem griechischen X das Monogramm Christi, das
von einem Kreis umrahmt wird. Zwischen den Armen des X ist links das A
rechts das Ü angebracht, jedoch eingehauen, nicht in Relief. Rings um die innere
kreisförmige Vertiefung lagern sich nach Art eines gotischen Achtpasses acht
Rundpässe. Sie liegen ca. 4 mm über dem Boden der Vertiefung, sind 4 cm tief,
von einer 0,5 bis 1 cm breiten Rinne eingefaßt und reichen bis nahe an den Rand
der Mensa. In den Zwickeln ist in Kapitalen die Inschrift eingehauen: Hoc Signum
praestat popupis (sie) caelestia regna. Außerdem findet sich in einem der Zwickel
ein kleines, mit einem Sigillum aus weißem Marmor verschlossenes Sepulcrum, das

1 Nach Rohault de Fleury (La messe I, 161) setzte. Hätte Rohault de Fleury die Acta

gab es früher allerdings auch zu Vertou bei Sanctorum eingesehen, so würde er sicher sei-

Nantes eine runde Mensa. Allein er hat sich nen Irrtum erkannt haben. Denn sie benen-

durch den Ausdruck discus irreführen lassen, ten ausdrücklich, daß der fragliche DisK"s

mit dem in den Miracula S. Martini, abbatis noch 1780 als Mensa diente, und eine Marmor-

Vertabensis, die Mensa des fraglichen Altares tafel von 10' 3" Länge und 4' 8" Tiefe war,

bezeichnet wird. Das Wort hat dort nicht also kein Rund, sondern ein Viereck bilde e

den klassischen Sinn Scheibe, sondern nur die (AA. SS. 24 Oct.; X, 812). , ..

Bedeutung Platte. Der Marmordiskus, der zur * Rohault de Fleury, der nie Gelegennei

Zeit der Entstehung der Miracula die Mensa des hatte, die Mensa persönlich zu untersucn >

Altares zu Vertou bildete, war nach der Le- meint (La messe I, 160) unzutreffend, es s

gende das Geschenk eines Königs, dessen Toch- das Relief durch den Gebrauch der letzter

ter der heilige Abt geheilt hatte, und von S. nach und nach abgenützt worden und desna

Martin als Fahrzeug benutzt worden war, als so schwach,
dieser bei seiner Rückkehr über das Meer
 
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