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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0333
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Drittes Kapitel. Die Mensa des Altares 315

Wenn die Kirche, sagt er, ihre Weihe verliere, falls ihr Altar — gemeint ist der
Hochaltar — bewegt werde, so müsse um so mehr das gleiche vom Altare selbst
gelten, der ja durch diese Übertragung bewegt worden sei. Der mystische Grund
ist derselbe, den Anseimus anführt. Doch fügt Ivo noch an, weil der Altar ein
Fundament haben müsse, darum sei es Brauch, das Portatile mit einer Unterlage
von Holz oder sonst einem Material zu versehen. Es müsse aber auch das Portatile
neu geweiht werden, wenn sein Stein aus der ihn umgebenden Fassung heraus-
genommen werde29.

Kurz, aber klar antwortet Innocenz III. 1198 dem Bischof von Drontheim
auf dessen diesbezügliche Anfrage: Altare, in quo tabula, cui consecrationis
benedictio pontificali ministerio adhibetur, si mota fuerit, debet non immerito
consecrari30; eine Entscheidung, die dann durch ihre Aufnahme in die De-
kretalen Gregors IX. allgemeine Verbindlichkeit erhielt31. Nur ihr Echo ist die
Bestimmung der Synoden von Würzburg (1298), Bayeux (1300), Coutances
(13.—14. Jahrh.) und Nantes (13.—14. Jahrh.): Praecipimus, quod in altari,
in quo tabula mota fuerit. . ., sacerdos non celebret, donec altare consolidetur
et iterum consecretur".

Auffallend ist, daß weder Anseimus noch Ivo den wirklichen Grund darlegt,
weshalb die Trennung von Mensa und Stipes die Exekration des ganzen Altares wie
seiner Teile herbeiführt. Er ist ein ganz anderer als die von ihnen angegebenen.
Der ganze Altar wird nämlich durch die Loslösung der Mensa
exekriert, weil er, wenn die Mensa vom Stipes losgelöst wird, die Form ver-
liert, unter der er konsekriert wurde, somit zerstört wird und nur mehr in seinen
Teilen, nicht aber als das Ganze fortbesteht, was er bei der Weihe war und als was
er geweiht wurde, d. i. als Altar. Mensa wie Stipes werden exekriert,
weil sie nicht als etwas Gesondertes und für sich Bestehendes konsekriert wurden,
sondern nur als Teile des einheitlichen Ganzen, das sich aus ihnen zusammensetzt,
des altare flxum. Allerdings vollziehen sich die Zeremonien der Weihe an beiden,
am Stipes wie an der Mensa, sie gelten aber nicht sowohl ihnen, als vielmehr dem
von ihnen gebildeten Ganzen. Bichtig ist ferner, daß nach der Weihe nicht bloß
der Altar, sondern auch Mensa und Stipes konsekriert sind, jedoch nur, weil und
insofern sie Teile des konsekrierten Altares sind und demgemäß auch nur so lange,
als die Konsekration des Altares fortdauert Sobald der Weihecharakter des Altares
durch Trennung der Mensa vom Stipes zerstört wird, erlischt zugleich und ohne
weiteres auch der Weihecharakter der beiden Teüe, aus denen er sich zusammensetzt.

Bei den Kanonisten des späteren Mittelalters stand es angesichts der vorhin er-
wähnten, in die Dekretalen Gregors IX. aufgenommenen Entscheidung Innocenz' III.
ganz außer Zweifel, daß die Loslösung der Mensa vom Stipes sowohl die Exekration
des ganzen Altares wie die seiner Teile zur Folge habe, wenn sich das Sepulcrum
nn Stipes befand, gleichviel, ob die Mensa auf einen anderen Stipes übertragen oder
Wieder auf dem ursprünglichen befestigt wurde. Nicht ganz einig war man dagegen
über die Wirkung der Trennung von Mensa und Stipes, wenn das Sepulcrum nicht
mi letzteren, sondern in ersterer angebracht war. Zwar galt auch in diesem Falle
allgemein der ganze Altar als exekriert, die Mensa hielten jedoch einige noch für
geweiht33. Da nämlich an dieser letzteren alle Zeremonien und Gebete vorgenommen
Worden waren, die der Bischof an dem Portatile bei dessen Konsekration zu voll-
ziehen pflegte und insbesondere auch das Sepulcrum sich unversehrt in ihr vor-

" Ep. 72 (M. 162, 92); vgl. auch Ivos Brief " Vgl. oben S. 309.

an Abt Wilhelm von Fecamp ep. 80 (1. c. 101). " Panormit. in Decret. 1. 3, c. 1, 3; VI

" M. 214, 361. (Lugd. 1512) 196.
" L. 3, tit. 40, c. 3.
 
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