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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0451
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Erstes Kapitel. Das Material des Tragaltares 433

Ein Gegenstück zu den drei vorhin erwähnten Portatilien in Peterborough17 ist
ein Tragaltar im Weifenschatz, ein schmuckloses Zedernbrett von 26,8 cm Breite,
20,4 cm Tiefe und 3 cm Dicke, in das als Stein ein Plättchen aus weißem Kalkstein
eingelassen ist, laut einer auf dem Rahmen angebrachten Inschrift des 12. Jahr-
hunderts: De petra, super quam natus est Christus18.

In der neueren Zeit wurden edlere Steinarten nur noch ausnahms-
weise zu Tragaltären gebraucht. Schiefer, Granit, weißer, seltener farbiger
Marmor, feinkörnige Sandsteine bildeten das gewöhnliche Material, aus dem
man sie jetzt in der Regel herstellte. Der Hauptgrund waren wohl die be-
deutenderen Abmessungen, die der Stein nun gewöhnlich hatte. Platten
edlerer Steinarten dieser Größe zu beschaffen, war meist nicht möglich oder
doch zu schwierig, und so begnügte man sich mit häufiger vorkommenden
und darum unschwer erhältlichen Steinarten.

Wie die Mensa des altare fixum keine erheblichen Beschädigungen aufweisen
darf, und wie namentlich jeder bedeutende Bruch der Mensa den Altar exekriert,
so verhält es sich ähnlich mit dem Portatile. Auf die von Bischof Feßler von
St. Polten 1867 gestellte Anfrage, ob ein Altarstein noch als konsekriert gelten könne,
der einen ganz fadenartigen Riß habe, dessen Sepulcrum aber unverletzt sei, ant-
wortete die Ritenkongregation unter dem 31. August jenes Jahres verneinend1'.
Daß die heutige Auffassung aber noch im 17. Jahrhundert nicht in ihrer vollen
Strenge in Geltung bestand, erhellt z. B. aus der Verordnung der Kölner Synode
von 1662, daß zwar ein bedeutender Bruch des Steines das Portatile exekriere, daß
jedoch dieses weiterhin als geweiht angesehen und gebraucht werden dürfe, falls
nur ein Stück des Steines noch die Patene zu fassen vermöge20. Bei den mittelalter-
lichen Kanonisten ist nie, in den mittelalterlichen Synodalstatuten aber kaum je die
Rede davon, daß der Stein des Portatiles unversehrt sein müsse, und daß ein
bedeutender Bruch desselben es exekriere. Ein Beispiel bieten die Statuten der
Synode von Gubbio aus dem Jahre 130321. Man hielt das offensichtlich für so selbst-
verständlich, daß man es für unnütz ansah, ausdrücklich darauf aufmerksam zu
machen. Da das Portatile Ersatz des altare fixum ist und deshalb wie dieses
geweiht werden mußte, das altare fixum aber durch einen enormen Bruch gemäß
der Entscheidungen Alexanders III. und Innocenz' III.22 seine Weihe verlor, so
wurde natürlich auch das Portatile exekriert, wenn sein Stein eine derartige
Verletzung erlitt. Die Frage konnte nur sein, was bei ihm unter einem enormen
Bruch des Steines zu verstehen sei. Auf diese sind im Mittelalter weder die Synodal-
statuten noch die Kanonisten je eingegangen.

Das neue kirchliche Rechtsbuch bestimmt, das Portatile müsse aus einem
einzigen, unversehrten, nicht zerreiblichen Naturstein bestehen. Von der Art des
Steines sagt es nichts. Es kann dieser also jede Art von Naturstein sein. Exekriert
wird das Portatile gleich dem altare fixum sowohl durch einen quantitativ* erheb-
lichen Bruch als auch durch jeden Bruch, durch den eine der Salbstellen vom übrigen
getrennt wird23.

" Vgl. oben S. 431. !0 C. 3, § 2 (Hartzh. IX, 994): Ad retinendam

i8 xt„ „ ,. . , .,„„ consecrationem suffieit, si patenam capiat.

Neumann, Reliqu.enschatz 173. „ c „ (Archivio per ,„ storia ecclesiastica

" Decr. auth. n. 3162; vgl. auch die Ent- dell'Umbria I [1913] 319): Item ut (altare via-

scheidung vom 23. Juni 1879 (a. a. O. n. 3497 ticum)... sit unus lapis integer.

ad 2), nach der ein Riß im Sigillum des Se- " Decret. 1. 3, tit. 40, c. 1 3.

Pulcrums das Portatile exekriert. " Can. 1198, § 1 und 1200, § 2.

Braun, Der christliche Altar I. 28
 
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