Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0711
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zweites Kapitel. Der Altarweiheritus in der Vergangenheit 693

i

die in ihnen nurin der Bergung von Reliquien besteht, als besonderer,
an die Altarweihe sich anschließender Ritus", bei denen des zweiten fallen
Altarweihe und Reliquienrekondition zusammen, bilden ein Ganzes.

Von minder einschneidenden Abweichungen beider Typen sind etwa die folgen-
den die bemerkenswertesten. Nach dem ersten Typus vollzieht sich die Lustration
des Altares durch siebenmalige Besprengung desselben, nach dem zweiten durch
eine einmalige förmliche Abwaschung mit Hilfe eines Schwammes (spongia) oder
durch dreimalige Besprengung (Sakramentar Drogos von Metz). Nach Vollendung
der Lustration des Altares und der Kirche wird der Rest des Wassers jenem zufolge
am Fuße des Altares ausgegossen, diesem zufolge wird mit dem Wasser vor der
Lustration der Mörtel bereitet, der zur Einschließung der Reliquien dienen soll;
mit dem aber, was nach der Abwaschung des Altares von ihm noch übrig ist,
werden Kirche und Volk besprengt. Seiner Beschaffenheit nach setzt sich das
Lustrationswasser gemäß dem ersten Typus aus Wasser, Salz, Asche und Wein
zusammen, gemäß dem zweiten aus Wasser und Chrisam. Die Salbung des Altares
geschieht nach jenem dreimal hintereinander, zweimal mit Katechumenenöl und
einmal mit Chrisam, gesalbt aber wird die Mensa jedesmal zuerst an fünf einzelnen
Stellen, nämlich in der Mitte und an den vier Ecken, und dann ganz. Der zweite
Typus kennt nur eine einmalige Salbung der Mensa, die bloß mit Chrisam erfolgt
und lediglich auf den vier Ecken derselben vollzogen wird. Von einer Salbung
des Sepulcrums ist im ersten Typus keine Rede; nach dem zweiten wird dasselbe
nicht nur an den vier Ecken gesalbt, es wird auch die Verschlußplatte oben mit
Chrisam bezeichnet. Endlich hat bloß der erste Typus ein Konsekrationsgebet,
wie auch nur er eine Inzensierung des Altares nach dessen Lustration und Salbung
kennt. Ebenso soll lediglich nach dem ersten Typus vor der Beisetzung der
Reliquien ein Velum zwischen Altar und Volk ausgespannt werden10.

Es sind, wie aus dem Gesagten mit aller Deutlichkeit und Bestimmtheit erhellt,
zum Teil tiefgreifende Verschiedenheiten, die zwischen den beiden Typen bestehen.
Da nun aber der zweite derselben zweifellos römisch ist, kann der erste das
unmöglich ebenfalls sein; eine Bestätigung der schon gemachten Feststellung, daß
wir in ihm den gallikanischen Ordo der Altarweihe zu erkennen haben.

Aus Spanien und England fehlen für die Karolingerzeit nähere Nachrichten
über den Ritus der Altarweihe11. Die ersten Angaben über den in Irland gebräuch-
lichen Altarweiheritus stammen erst aus dem 11. Jahrhundert. Sie finden sich in
einer irischen Erklärung der Kirch- und Altarweihe12.

Sehr gut tritt das auch in den Erzählun- l'^glise wisigothique et mozarabe d'Espagne
gen Gregors von Tours zutage, so Vitae PP. (Paris 1904) 506 s. und Ebend., Le Liber Moza-
c- 8, n. 8 (M. G. SS. rer. Merov. I, 698): Sacravi rabicus sacramentorum (Paris 1912) 889 s. An
altare, decerpsi fila de linteo (welches auf dem der letztgenannten Stelle sind Antiphonen ver-
Kopf des hl. Nicetius geruht hatte), locavi in zeichnet, welche bei dem Einzug in die Kirche,
templo, dictis missis, facta oratione discessi; der Reliquienrekondition und der Bekleidung
c- 15, n. 1 (1. c. 421): Consecrato altari... des Altares zu singen waren. Die Oberschrift der
. ebratis missis, cum capsulam reliquiarum letzteren Ad oleandum altare ist irrig; es muH,
10 l°culo cuperent collocare etc.; De gloria worauf auch deutlich die erste Antiphon. In-
c°nf. c. 20 (1. c. 759): Altare, quod erexeramus, duit te Dominus tunica jucunditatis hinweist,
sanctificavimus, regressique ad basilicam (wo heißen: Ad velandum altare. Die Antiphonen
d'e Reliquien bis dahin aufbewahrt worden sind völlig verschieden von der im römischen
Waren) reliquias admovimus. und gallikanischen Ritus gebräuchlichen.

10 Wenn «.„«v. j „ i j o , " Veröffentlicht von T. Olden in Trans-

Drogos von M.£ h a k° f' Sakram,e?tarS actions oft the St. Paul's Ecclesiological Society

gedenkt so ii^ ^ Ausbre.tung emes Velums ty 2 (London m7) 9gs und yon ^^^

<* beimV" *' TdaS eme ^Entlehnungen, die Stotes/Tne Lheabar Breac tractate on the con-

^ wi ersten Typus gemacht hat. secration of a church in Miscellanea Lingu-

Einige spärliche Angaben bei D. Marius istica in onore di Graziadio Ascoli (Torino 1901)

•erotin, Le Liber ordinum en usage dans 363 s.).
 
Annotationen