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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0750
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732 Fünfter Abschnitt. Die Altarweihe

dreifachen Salbung, jedoch vor der Salbung des ganzen Portatiles mittels Öl
und Chrisam erfolgt, fünftens endlich die wesentliche Vereinfachung
des Konfirmationsaktes, bei dem alle Salbungen fehlen, obwohl an sich eine
solche an der Front des Steines sehr wohl möglich wäre. Auch die Orationen
sind zum Teil verschieden. Insbesondere sind der Portatilienweihe eigen-
tümlich das Einleitungsgebet, die Oration Exaudi nos, das nach der dreifachen
Salbung gesprochen wird, die Konsekrationsgebete sowie das Konfirmations-
gebet; alles Gebete, die von jeher zwar nicht ausschließlich, aber doch vor-
nehmlich bei der Weihe der Portatilien im Unterschied von derjenigen des
altare fixum gebraucht wurden.

II. DIE PORTATILIENWEIHE IM MITTELALTER
1. Allgemeines. Die mittelalterlichen Ordines der Porta-
tilienweihe bieten ein ungemeinwechselndesBild, und zwar nicht
bloß infolge der zahlreichen Verschiedenheiten, die sie in geringfügigen oder
doch mehr nebensächlichen Punkten zeigen, sondern auch infolge solcher
Abweichungen voneinander, welche die hauptsächlichen Elemente des Ritus
betreffen. Sehen wir von allen unbedeutenderen Unterschieden ab und
berücksichtigen wir ebensowenig die mannigfachen Eigenarten, die sich in
den Pontifikalien bezüglich der näheren Ausgestaltung der Hauptelemente
offenbaren, nehmen wir also nur diese letztere als maßgebend an, so lassen
sich sechs Typen unterscheiden. Sie sind keineswegs unabhängig von-
einander, da die entwickelteren aus den einfacheren hervorgegangen sind,
diese als Grundlage haben. Allein sie lösen einander nicht ab, laufen vielmehr
noch lange nebeneinander her. Neben den fortgeschritteneren behaupten
sich auch weiterhin ältere, primitivere im Gebrauch, so daß noch die Ponti-
fikalien des 14. Jahrhunderts für fast alle Typen Beispiele bieten.

Daß auch das Portatile schon wenigstens im 6. Jahrhundert irgendeine Art von
Weihe erhielt, ja daß bereits damals eine solche als nötig galt, erhellt aus dem
Schreiben der Bischöfe Licinius, Melanius und Eustochius an die britischen Priester
Lovocat und Catihern. Es lag das aber auch in der Natur der Sache, da ja andernfalls
jeder Tisch ohne weiteres als Altar hätte dienen können und darum ein Tragaltar
überflüssig gewesen wäre. Leider erfahren wir bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts
nichts Näheres über den Ritus der Portatilienweihe. Denn erst aus dieser Zeit
stammt der älteste uns bekannte Ordo derselben; es ist der Ordo der Portatilien-
weihe im Sakramentar von Gellone. Freilich ist derselbe nicht erst um 750 ent-
standen und erst für dieses Sakramentar verfaßt. Vielmehr hat der Schreiber
desselben wie in bezug auf die Kirch- und Altarweihe, so auch hinsichtlich der
Portatilienweihe zweifellos nur den längst in Gallien gebräuchlichen Ritus wieder-
gegeben. Wie weit aber der Ordo des Gellonense über die Mitte des 8. Jahrhunderts
hinaufreicht, läßt sich nicht feststellen. Nach Sprachcharakter und Habitus seiner
Gebete dürfte er als gallikanisch, nicht als römisch zu bezeichnen sein.

In den Pontifikalien des 9. bis 12. Jahrhunderts hat die Weihe der Portatilien
ihren Platz meist im Ritus der Kirch- und Altarweihe, und zwar ist sie in ihnen
am häufigsten unmittelbar nach den Konsekrationsgebeten des Altares eingefügt,
also vor der Segnung des Altargerätes. Im späteren Mittelalter erscheint der Ordo
der Portatilienweihe stets von dem Ordo der Kirch- und der Altarweihe losgelöst
Er ist inzwischen zu einem diesem nebengeordneten, durchaus selbständigen Bestand-
 
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