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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0769
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Sechstes Kapitel. Die Symbolik des Altares 751

Typisch-dogmatisch gedeutet galt der Altar als Sinnbild Christi
und als Bild der von diesem gestifteten Kirche, typisch-repräsentiv
betrachtet als Christi Kreuz, als Christi Grab, als der Abendmahlstisch und
als die Krippe.

Die Deutung des Altares auf Christus ist sehr alt. Schon Eusebius sieht
in seiner Rede, die er 314 bei der Einweihung der Basilika zu Tyrus hielt, in dem
juovoyevkg dvoiaoTyQiov den eingeborenen Gottessohn, der hilfreich als Fürbitter und
Sachwalter der Menschen vor seinen Vater tritt und ihm zuerst seine und dann deren
Gebete als gefälliges Opfer darbringt2. Die pseudoambrosianische Schrift De sacra-
mentis fragt: Quid est enim altare nisi forma corporis Christi? Den Grund aber,
weshalb sie in dem Altar das Sinnbild Christi sieht, gibt sie an, wenn sie andernorts
sagt: Forma corporis altare est et corpus Christi est in altare3. Der Altar, d. i.
Christus, der auf ihm zugegen ist, um den Gläubigen sich zur Speise zu geben, ist
das corpus (Matth. 24, 28), bei dem die aquilae, die Neophyten, zum Genuß des Leibes
Christi sich zusammenfinden.

Häufig wird der Altar von den mittelalterlichen Liturgikern als Sinnbild Christi
bezeichnet, wie z. B. von Honorius4, von Rupert von Deutz5, von dem Sacramen-
tarium6, dem Verfasser der Sermones 1007, von Robertus Paululus8, dem Speculum de
mysteriis ecclesiae9, von Sicardus10, von Durandus ". Im Osten begegnet uns die
Deutung des Altares auf Christus beispielsweise in des Syrers Dionysius Bar Salibi
Expositio liturgiae12, in der maronitischen Bearbeitung dieser Schrift13 sowie bei
Simeon von Saloniki14.

Nach Rupert von Deutz versinnbildet der Altar Christum, weil er ebenso wie
Christus im mystischen Leibe der Kirche, im Gotteshause alles andere an Würde und
Erhabenheit überragt, nach dem Speculum, weil keine Opfergabe ohne Christus dem
Vater wohlgefällt, nach dem ersten der Sermones 100, weil wir nicht bloß alle guten
Werke, sondern namentlich auch alle Gebete Gott durch Christum aufopfern, da wir
dieselben ja mit den Worten schließen: Per dominum nostrum Jesum Christum, filium
tuum, nach Honorius, weil es gleichsam Christus ist, auf dem das Opfer der Kirche
dargebracht wird. Besonders ausführlich erörtert Sicardus, weshalb der Altar ein
Sinnbild Christi ist, weil dieser nämlich der Stein ist, der ohne Menschenhand aus
dem Berge herausgehauen wurde (Dan. 2, 34), der feste Stein, auf dem wir unsere
Bitten aufhäufen, indem wir sie durch Jesus Christus schließen, der Stein, auf dem
wir das Lamm schlachten und den Leib Christi bereiten, durch dessen Genuß wir mit
Christus als viele Glieder wie zu einem Leib und als viele Steine wie zu einem
Altar werden. Er knüpft bei seiner Auslegung, wie man sieht, an den Um-
stand an, daß der Altar nach altem Brauch und kirchlicher Vorschrift aus Stein
gemacht sein mußte. Nach Simeon von Saloniki symbolisiert derselbe ebenfalls, weil
er aus Stein besteht, Christum, den Grund- und Eckstein sowie den Felsen, dem
ewiges Leben spendendes Gnadenwasser entquillt, doch ist der Altar auch ein Sinn-
bild Christi, weil dieser als Opfergabe auf ihm ruht und immerfort als Hoherpriester
an ihm waltet.

Als Typus der Kirche deutete man den Altar, weil man dieselbe als den
großen, die ganze Welt erfüllenden Altar betrachtete, auf dem Gott dem Herrn aller
Orten Opfer des Lobes und der Anbetung dargebracht werden. Die Symbolik be-

' Euseb. Hist. eccl. 1. 10, c. 4 (Mg. 20, 877). ' C. 1 (M. 177, 337); c. 2 (ibid. 340).

8 L- 4, c. 2 (M. 16, 437); vgl. 1. 5, c. 2 (1. c. <« Mitral. 1. 1, c. 3 (M. 213, 18).

"7): Quid est enim altare nisi forma corporis n Ration. 1. 1, c. 2, n. 5.
Christi'

< rvm • , < „o, ™ ,™ «,« " C. 6 (C. SS. Syr. [Paris 1903] 93, 50).

* Uroma ammae 1. 1, c. 134 (M. 172, 586). v „ .. .. 7. „ j

* De off div 1 5 c 30 (M 170 150) " Expositio mimsterii oblat. c. 14 (Ass. Cod.

* C. 10 (M. 172," 745).' ' . Würg. IV, 2 [Romae 1752]) 264.

7 S. 1 (M. 177, 901). '* De sacra liturgia c. 98; Expositio de divino

' De offic. eccl. 1. 1, c. 6 (M. 177, 380). templo n. 10 (M. G. 155, 292 f., 705).
 
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