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Büttner, Nils [Editor]; Koch, Anne-Katrin [Editor]; Zieger, Angela [Editor]; Schneidler, Friedrich Hermann Ernst [Editor]; Ausstellung Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler <2013, Offenbach am Main> [Editor]; Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart [Editor]; Klingspor-Museum Offenbach [Editor]; Bertram, Gitta [Oth.]
Buch Kunst Schrift: F. H. Ernst Schneidler ; [diese Publikation erscheint begleitend zur Ausstellung "Buch - Kunst - Schrift: F. H. Ernst Schneidler", Klingspor-Museum Offenbach, 10. März bis 5. Mai 2013] — Stuttgart, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.38908#0299

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18
In: Wallraf Richartz Jahrbuch 2g, Köln
1963, S.240ff. Ladendorf schlägt hierbei
eine Orientierung Kafkas an der Kalligra-
phie des 16. und ly. Jahrhunderts vor.
19
Scheffler 1981 (wie Anm. 4).
20
Schneidler in einem Brief an einen Freund:
»Ich habe beinahe 30 Jahre lang mit großer
Hingabe mich bemüht, zu erforschen: Wie
macht man Schrift? Ich habe das bis zur
Besessenheit getrieben.« Zit. nach: Harald
Süß: »F.H. Ernst Schneidler und seine
Schriften. Ein Künstler auf ständiger Su-
che nach der idealen Formgebung«, in: Die
deutsche Schrift, Bd. 4, 2006. S.3-9

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flusster Protagonist jener Schriftszene, die das Funktionale des
Buchstaben- und damit Lektüreerzeugens zu einer ganzheitli-
chen Sache der Form erweitert.
Doch nicht allein dieser formale Aspekt spielt eine Rolle. Allen
großen Schrift-Persönlichkeiten, ob Schneidler, Koch oder Spe-
mann wird eine seelisch-körperliche Vereinnahmung durch das
Schreiben zugesprochen, das noch etwas anderes aufruft als das
Formprinzip, nämlich das existenzielle Verhaftetsein mit dem
Skripturalen.
Heinz Ladendorf erörtert in zweiten Teil seiner Abhandlung
Kafka und die Kunstgeschichte jene Stelle in der Erzählung Die
Strafkolonie (1914), die von der Malträtierung eines Körpers
durch eine Apparatur (die Egge) handelt, die Schrift in die Haut
sticht.18 Was der dabei »federführende« Offizier im zweiten Ka-
pitel über den Charakter der Schrifterscheinung auf den Vorla-
geblättern äußert, nach denen die Maschine gesteuert wird, hält
Ladendorf für eine vorweggenommene »Entwicklungslinie der
bildenden Kunst«: (auf den Einwand des Reisenden, den vorge-
zeigten, kunstvollen Entwurf nicht entziffern zu können): »Ja, [...]
es ist keine Schönschrift für Schulkinder. Man muß lange darin
lesen. Auch Sie würden es schließlich gewiß erkennen. Es darf
natürlich keine einfache Schrift sein; sie soll ja nicht sofort tö-
ten, sondern durchschnittlich erst in einem Zeitraum von zwölf
Stunden...Es müssen also viele, viele Zierarten die eigentliche
Schrift umgehen; die wirkliche Schrift umzieht den leib nur in
einem schmalen Gürtel, der übrige Körper ist für Verzierungen
bestimmt.«
Hier entsteht ein Zusammenhang zwischen dem Ausführen
der Form des Buchstabens und seiner Verbindung damit, dass
eine derartig exzessive Auslegung des Schreibaktes mit höchster
Mühe, Hingabe, ja auch einem nicht zu unterschätzendem Maß
an Leidenschaft) Hand in Hand geht. Eben dies ist der Boden,
auf dem Heroisches und Dämonisches in die Sache des Schrei-
bens eingetragen werden kann, und es ist auch diese Kategorie
des zermürbenden Leisten-Müssens, die die Aura der Schreib-
Fürsten prägt. Daher rührt Schauers Wort von der »Dämonie
des Schreibens«19 und versteht sich Schneidlers Bemerkung zum
Schreiben: »Ich habe das bis zur Besessenheit getrieben«.20
»In der Schrift«, so führte Oswald Spengler in Der Untergang
des Abendlandes aus, »hat nicht das Schauen, sondern das Ver-

Schneidler im Klingspor Museum
 
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