Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 34.1933

DOI Artikel:
Wenzel, Ernst: Die Gebäude der Cyriakusabtei zu Eschwege
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35023#0019
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17

schwänz, die andere ein längliches Menschengesicht und vier Füße (wohl eine Sphinx)
hatte. Die Eschweger Chronisten (namentlich Hochhuth) haben über diese Figuren
allerlei gewagte Vermutungen; bald sollen es Götzen gewesen sein, die früher hier
verehrt wurden, bald Seehunde, die hier gefangen seien. Dergleichen Phantasie-
gebilde (auch Götzenbilder) findet man übrigens oft an alten Kirchen. Im Jahre 1250,
als der Herzog von Braunschweig Eschwege belagerte, brach eine Partei in der Stadt
einen Turin und einen Teil der Kirche ab, um die Steine zur Befestigung der Stadt
zu verwenden (Erfurter Chronik). (Die „eine Partei" war der Markgraf Heinrich
von Meißen, dem die Bürger des Königsdorfes die Herrschaft über sich übertragen
hatten. Auf dessen Veranlassung kam Günther von Arnsperg nach Eschwege, drang
in das Kloster ein und machte dasselbe zur Burg, dabei wurde ein Turm mit einem
Teil der Kirche, jedoch ohne den Chor, abgebrochen lind die Steine zur Befestigung
verwendet. Aber schon am 29. Dezember 1250 wurde der Königshof „rsZia villa",
die Pfalz mit dem Stift durch den Herzog Albrecht von Braunschweig eingenommen
und die Besatzung vom Cyriakusberge vertrieben.) Bald nachher wurde das Kloster
jämmerlich durch Brand vernichtet, und der Erzbischof von Mainz verlieh denen,
welche zur Herstellung desselben hilfreiche Hand leisten würden, einen vierzigtägi-
gen Ablaß, indem er zugleich alle Jndulgenzien genehmigte, die schon früher dem
Stifte von Erzbischöfen und Bischöfen zuteil geworden waren. Die noch erhal-
tene stattliche Urkunde ist ausgestellt ,,apacl braulrenkortba VII 6al. dlovoinbris
1290". Welch reichen Gewinn brachte doch der Ablaß den armen Klöstern und
Kirchen, und welche Lockspeise war er für die Gläubigen, um ihre milden Hände
zu öffnen. (Tatsächlich flössen die Zuwendungen und Stiftungen von da ab sehr
reichlich.)
Beinahe zwei Jahrhunderte später waren die Stiftsgebäude wieder sehr in
Verfall geraten, und abermals wurden die Gaben der Gläubigen in Anspruch
genommen. Landgraf Ludwig (II. von Hessen) erteilte zu dem Ende dem Stift
euren Almosenbrief, datiert „Cassel uff Montag Sank labiani ot Zobastiaai 1166",
worin es heißt: „nachdem das Closter Sant Cyriacusberge in unser Stad Eschwege
gelegerr etwas verfallen und bufellig ist, uns auch die wirdigen Eptischen (Äbtissin)
und ander Jnngfrawen desselbin Closters ersuchenlassen das sie wollen haben sulchen Stift mit buwe Widder uff zcu
rucken, das sie dann on Hulffe und stur (Steuer) fromer Lude nicht vollen brengen mugen und uns gebeten ine zu
gönnen der Almusen in unserm fürstenthumb und lande zcu gebruchen so ..."
Am Gregoriustage erließ sodann die Äbtissin Jutta von Elben eirr allgemeines Ausschreiben, worin sie klagt,
wie ihre Kirche und Kloster sehr verfallen sei und durch Brand großen Schaden genommen habe und alle „fronren
cristen Lude" um Beisteuer bittet, indem sie der: milden Gebern verheißt, daß sie sollten teilhaftig werden aller guten
Werke, die in ihrem und in anderen Stiften des heiligen Benediktus geschähen, so lvie eines Ablasses von 440 Tagen,
hinweisend auf die dem Stifte von sechs Erzbischöfen und zwölf Bischöfen
verliehenen Ablaßbriefe.
Zur Wiederherstellung wurden auch Stiftsgüter angegriffen; noch 1470
lösten die Augustiner einen Zins, den sie an ihrem Kloster zu Eschwege an das
Cyriakusstift geben mußten, mit 15 fl. ab, welche zum Bau der Kirche, nament-
lich des Chores, verwendet wurden, und 1491 wurden 2 Acker Land für 15 fl. ver-
kauft, die zu demselben Zweck verwendet wurden. Die Kirche hatte zwei Chöre,
den Jungsrauenchor für die Stiftsdamen (im Westen) und den Herrenchor
für die Stiftsgeistlichkeit (im Osten).
Seit der Säkularisation 1527 verfielen die Klostergebäude immer mehr.
Den Bodenraum (im Stiftsgebäude) hatte Landgraf Philipp den Zünften zu
einem Kornspeicher eingeräumt und 1558 einen Teil der Gebäude der Stadt
zur Knabenschule überlassen; damals lebte darin noch eine alte Klosterfrau, Anna
von Boyneburg, welche den Schlüssel zu der Tür verwahrte, die vom Krenzgang
in die Kirche führte. (Innerhalb des Kreuzganges lag der Friedhof der Kloster-
frauen, er wird urkundlich mehrfach erwähnt.)
Einen anderen Teil der Gebäude hatte Landgraf Moritz (in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts) zu einem Zuchthaus (?) bestimmt; dieser Plan kam
jedoch nicht zur Ausführung. (Diese Angaben sind nicht ganz richtig, denn es
handelte sich um einen Schloßbau des Landgrafen.)
Mb. 14. Der nördliche (?) Turm der Kirche zerfiel 1636 bei einer Erderschütterung,
Schnitt durch den schwarzen Turm. damals stürzte auch ein Teil der Kirchenmauer ein, in welcher ein Gerippe in



Abb. 13.
Der schwarze Turin zu Eschwege.
 
Annotationen