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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 34.1933

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Wenzel, Ernst: Die Gebäude der Cyriakusabtei zu Eschwege
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https://doi.org/10.11588/diglit.35023#0020
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voller Rüstung gefunden wurde, mit dem
Gesicht mittels einer kleinen Öffnung nach
Norden hin gerichtet. (Ein nördlicherTurm
kann 1636 nicht mehr vorhanden gewesen
sein, die Erzählung von dem eingemauer-
ten Ritter kann vor einer ernsthaften Kritik
kaum bestehen.)
Der südliche (aber doch einzige) Turm
hatte ein hohes hölzernes Dach, mit Schin-
deln gedeckt, und die oberste Spitze des-
selben stürzte 1637 bei einem Orkane herab.
(Tatsächlich fehlt dem heutigen Turmdach
das letzte Ende der Spitze, die dann durch
eine sogenannte Laterne ersetzt wurde.)
Dieses Ereignis wurde für eine
schlimme Vorbedeutung gehalten, und am
4. Sonntag nach Epiphanias nahm der
Pfarrer in der Predigt darauf Bezug.
(Handschriftliche Chronik auf der Biblio-
thek zu Kassel.) Das Unglück brach auch
bald herein; noch in demselben Jahre ging
Eschwege in einem Flammenmeere unter.
Am 29. Juni 1648 wurde der Knopf auf
diesem Turm wieder aufgesteckt, und der
letztere steht noch als Zeuge aus fernen
Jahrhunderten; er trägt den Namen des
schwarzen Türmchens. 1662 berichtet der
Amtmann zu Eschwege, daß sämtliche Ge-
bäude des Cyriakusklosters in Verfall be-
griffen seien (Akten im Regierungsarchiv).
(Dieser Bericht dürste tendenziös sein, um
den Abbruch rechtfertigen zu können und
weitere Unterhaltungskosten zu sparen.)
Die Stiftskirche wurde 1735 vollends
abgebrochen, als man Material zum
Schleusenbau nötig hatte. 1718 hatte
man beim Abbruch einer Mauer drei
zinnerne Kannen, dünn wie Papier, ge-
funden.
Länger stand noch die Nikolaüskapelle, in welche inan aus dein Kreuzgang gelangte, und die alten Gebäude der
Knabenschule (Klostergebäude). Uber der westlichen Tür zu derselben, die in den Kreuzgang führte, stand die Jahres-
zahl 1610. Südlich vom Kreuzgang führten zwei Türen in das Gebäude, in welchem sich die Wohnung des Rektors



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Abb. 15. Aus der Handzeichnung des Landgrafen Moritz (Landesbibliothek Kassel).

und einige Lehrzimmer befanden.
Als 1822 die Knabenschule ins ehemalige Hochzeitshaus verlegt wurde, quartierte man die Gendarmerie ins
Kloster, das 1828 aber gänzlich abgebrochen wurde (bis aus den Turm). Aus seinen Trümmern erhob sich die statt-
liche Töchterschule, so daß die geheiligte Stätte nunmehr wieder eine Beziehung zu ihrer ursprünglichen Bedeutung
gewonnen hat. Seitdem auch das alte Lazarettgebäude (nordwestlich der Kirche) weggeschafft worden ist, erstand
oben auf dem Cyriakusberge eine schöne Lindenesplanade, von der man eine entzückende Aussicht ins Tat genießt
(wie einst die Kaiser und Könige bei ihrem Aufenthalt in der Pfalz und die Stiftsjungfrauen von ihren Gärtchen
und Zellen).

4. Die Altäre der Kirche.
Die älteste Stiftskirche enthielt sechs Altäre:
1. Den Altar der 10000 Jungfrauen, der schon vor 1335 vorhanden war. Für ihn und die Kirche erteilte der
Weihbischof Fr. Theodoricus, O. Cist, Bischof von Dionysias, 1335 einen Ablaßbrief für diejenigen, die hier
beteten und außerdem das Bild des Herrn im Elende „miseriooräia ckomini" mit fünf Paternoster oder Ave
Maria anflehen,
2. den Altar 8ti. Ouois, vor 1353 vorhanden,
 
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