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Bildnerei und Malerei.

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Spuren und den Hauch des Geistes zu entdecken, denn der
Schöpfer zeigt sich groß in der beseelten wie in der unbeseelten
Welt, im Kamps der Elemente wie in der harmonisch ruhigen
Lebensentfaltnng. Es galt nun ans der Ordnung und Schönheit
der Welt die Weisheit und Güte des Schöpfers darznthnn, und
dies führte die Kirchenväter zu einer gemüthlichen Hingabe an
die Natur wie zu sinniger Naturbeschreibung. Wenn die alten
Römer, von ihren politischen Zwecken erfüllt, die Alpen über-
stiegen, da gedachten sie nie der erhabenen Formen der Berge
oder der anmuthigen Thäler und Seen, sondern nur der Müh-
seligkeiten des Wegs, ja ein Cäsar benutzte die Zeit wo über ihm
die Schneeberge im Glanz des Morgen- und Abendroths strahlten,
für grammatische Studien. Aber die Christen die sich aus dem
Treiben der Welt in die Stille-der Betrachtung, in die Einsam-
keit zurückzogen, suchten nach romantischen Orten, wo ihnen der
Wechsel von Berg und Thal, Wald, Wasser und Flur stets neue
Eindrücke bot. Gregor von Nhssa schreibt: „Wenn ich jeden
Felsenrücken, jeden Thalgrnnd, jede Ebene mit nenentsprossenem
Grase bedeckt sehe, dann den mannichfaltigen Schmuck der Bäume,
und zu meinen Füßen die Lilien, doppelt von der Natur ans-
gestattet mit Wohlgernch und mit Farbenreiz; wenn ich in der
Ferne sehe das Meer, zu dem hin die wandelnde Wolke führt:
so wird mein Gemüth von Schwermuth ergriffen, die nicht ohne
Wonne ist. Verschwinden dann im Herbste die Früchte, fallen
die Glätter, starren die Aeste des Baumes ihres Schmuckes be-
raubt, so versenken wir uns bei dem ewig und stetig wiederkehren-
den Wechsel in den Einklang der Wnnderkräfte der Natur. Wer
diese mit dem sinnigen Auge der Seele durchschaut, fühlt des
Menschen Kleinheit bei der Größe des Weltalls." Und sein Bruder
Basilius spricht von den milden heitern Nächten Kleinasiens, wo
die Sterne, die ewigen Blüten des Himmels, den Geist des Men-
schen vom Sichtbaren znm Unsichtbaren emporführen. Von solchen
Stimmungen war es nicht weit bis zu den Worten Chrhsostomos':
„Siehst du schimmernde Gebäude, will dich der Anblick der Säulen-
gäuge verführen, so betrachte schnell das Himmelsgewölbe und die
freien Gefilde, wo die Heerden am Ufer der Seen weiden. Wer
verachtet nicht alle Schöpfungen der Kunst, wenn er in der Stille
des Herzens früh die ausgehende Sonne bewundert, indem sie ihr
goldenes Licht über den Erdkreis gießt, wenn er an einer Quelle
im tiefen Gras oder unter dem dunkeln Schatten dichtbelaubter
 
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