Fechheimer: Ägypten 73
Tag geweckt hatte; erst bei der vierten war ich imstande,
das andere Ufer zu betreten.“
Vivant Denons „Reise in Nieder- und Oberägypten
während der Feldzüge des Generals Bonaparte“ mit
Zeichnungen ägyptischer Landschaften und Ruinen
erschien im Jahre 1802. Sie leitete die planmäßigen
Sammlungen der in Ägypten vorhandenen Inschriften
und Denkmäler in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahr-
hunderts ein. Das Erhaltene verlockte, in den Sand-
hügeln nach neuen Wundern zu suchen. Herodots
Beschreibung der Seltsamkeiten und Schätze des ge-
alterten Ägyptens, die Berichte von Augenzeugen spä-
terer Jahrhunderte hatten die Erinnerung .wachgehalten.
So war die Legende „Ägypten“ niemals gänzlich ver-
blaßt, und literarische Romantik hatte häufig ihre aben-
teuerlichen Begebenheiten in den ägyptischen Orient
verlegt. Da erweckte Champollion das historische
Ägypten. Die romantische Szenerie erwies sich als der
Boden einer starken und vielseitigen — vielleicht unab-
geleiteten — Kultur von höchstem Rang. Die ent-
zifferten Dokumente enthüllten den ägyptischen Men-
schen ■— einen geistigen Typus von geschichtlicher
Tragweite, den wir in zäher Selbstbehauptung sich aus-
wirken sehen. Und wir sehen zugleich den mächtigen
Hintergrund dieses Geschehens, die afrikanische Erde:
Oasen des Überflusses in der Monotonie der „dröhnen-
den vogelüberflogenen Wüste“.
Dieser fremdartige Schauplatz, das Überganglose der
entgegengesetzten Daseinsbedingungen läßt uns ge-
waltsame, längst verschüttete Seelenzustände hinter der
rhythmischen Gebundenheit seiner bildgeschmückten
Tag geweckt hatte; erst bei der vierten war ich imstande,
das andere Ufer zu betreten.“
Vivant Denons „Reise in Nieder- und Oberägypten
während der Feldzüge des Generals Bonaparte“ mit
Zeichnungen ägyptischer Landschaften und Ruinen
erschien im Jahre 1802. Sie leitete die planmäßigen
Sammlungen der in Ägypten vorhandenen Inschriften
und Denkmäler in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahr-
hunderts ein. Das Erhaltene verlockte, in den Sand-
hügeln nach neuen Wundern zu suchen. Herodots
Beschreibung der Seltsamkeiten und Schätze des ge-
alterten Ägyptens, die Berichte von Augenzeugen spä-
terer Jahrhunderte hatten die Erinnerung .wachgehalten.
So war die Legende „Ägypten“ niemals gänzlich ver-
blaßt, und literarische Romantik hatte häufig ihre aben-
teuerlichen Begebenheiten in den ägyptischen Orient
verlegt. Da erweckte Champollion das historische
Ägypten. Die romantische Szenerie erwies sich als der
Boden einer starken und vielseitigen — vielleicht unab-
geleiteten — Kultur von höchstem Rang. Die ent-
zifferten Dokumente enthüllten den ägyptischen Men-
schen ■— einen geistigen Typus von geschichtlicher
Tragweite, den wir in zäher Selbstbehauptung sich aus-
wirken sehen. Und wir sehen zugleich den mächtigen
Hintergrund dieses Geschehens, die afrikanische Erde:
Oasen des Überflusses in der Monotonie der „dröhnen-
den vogelüberflogenen Wüste“.
Dieser fremdartige Schauplatz, das Überganglose der
entgegengesetzten Daseinsbedingungen läßt uns ge-
waltsame, längst verschüttete Seelenzustände hinter der
rhythmischen Gebundenheit seiner bildgeschmückten