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Almanach 1920
weder trotzen und sein eigenes Programm tendenzvoll
übertreiben, oder er wird sich beeinflussen lassen und
den Absichten des Kaufmanns zu sehr nachgeben.
Im ersten Fall wird der Verleger dann grollen,
daß ihm die Macht aus der Hand gewunden wird,
im zweiten Fall wird der Redakteur mit seinem Ge-
wissen nicht in Ordnung sein. Nicht einmal gleich-
gültig darf der Verleger sein. Denn eine gute Kunst-
zeitschrift will dauernd gepflegt sein bis ins einzelne;
und alles muß aus demselben Willen geboren sein, das
Geistige und das Technische, das Künstlerische und
das Kaufmännische. Um das Ideelle und Praktische
auszubalancieren, müssen Verleger und Redakteur sich
grundsätzlich einig sein. Vor allem müssen sie sich
begegnen in der Liebe zu denselben Künstlern. Dieses
fruchtbare Verhältnis ist selten, weil zwischen Ver-
leger und Redakteur eine natürliche Gegnerschaft be-
steht, die bei jedem Anlaß zum Ausdruck kommt.
Wenn Hausfrauen beisammensitzen, sprechen sie von
ihren Dienstboten, wenn Fürsten zusammenkommen,
sprechen sie von ihren Ministern, und wenn Verleger
beieinander sind, so sprechen sie von ihren Redak-
teuren. Es herrscht zwischen beiden ein bewaffneter
Friede. Worauf es ankommt, das ist, diese natürliche
Gegnerschaft kameradschaftlich zu temperieren und
die stille Feindschaft fruchtbar zu machen. Verleger
und Redakteur müssen sich selbst erziehen, wie
der Jäger junge Jagdhunde erzieht, die gemeinsam
jagen sollen. Er bindet sie aneinander fest und läßt
sie dann dem Wild nachlaufen. Zuerst erdrosseln
sie sich beinahe, weil der eine hierhin, der andere
Almanach 1920
weder trotzen und sein eigenes Programm tendenzvoll
übertreiben, oder er wird sich beeinflussen lassen und
den Absichten des Kaufmanns zu sehr nachgeben.
Im ersten Fall wird der Verleger dann grollen,
daß ihm die Macht aus der Hand gewunden wird,
im zweiten Fall wird der Redakteur mit seinem Ge-
wissen nicht in Ordnung sein. Nicht einmal gleich-
gültig darf der Verleger sein. Denn eine gute Kunst-
zeitschrift will dauernd gepflegt sein bis ins einzelne;
und alles muß aus demselben Willen geboren sein, das
Geistige und das Technische, das Künstlerische und
das Kaufmännische. Um das Ideelle und Praktische
auszubalancieren, müssen Verleger und Redakteur sich
grundsätzlich einig sein. Vor allem müssen sie sich
begegnen in der Liebe zu denselben Künstlern. Dieses
fruchtbare Verhältnis ist selten, weil zwischen Ver-
leger und Redakteur eine natürliche Gegnerschaft be-
steht, die bei jedem Anlaß zum Ausdruck kommt.
Wenn Hausfrauen beisammensitzen, sprechen sie von
ihren Dienstboten, wenn Fürsten zusammenkommen,
sprechen sie von ihren Ministern, und wenn Verleger
beieinander sind, so sprechen sie von ihren Redak-
teuren. Es herrscht zwischen beiden ein bewaffneter
Friede. Worauf es ankommt, das ist, diese natürliche
Gegnerschaft kameradschaftlich zu temperieren und
die stille Feindschaft fruchtbar zu machen. Verleger
und Redakteur müssen sich selbst erziehen, wie
der Jäger junge Jagdhunde erzieht, die gemeinsam
jagen sollen. Er bindet sie aneinander fest und läßt
sie dann dem Wild nachlaufen. Zuerst erdrosseln
sie sich beinahe, weil der eine hierhin, der andere