Chrilliche
aunſtblätter
Organ des chriſlichen Aunſtvereins der Erddißreſe reiburg.
SGeilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
N
Nro. 12.
I. “ Ueber die Behandlung der innern Airchenwände ö
zur Abwehr der geiſt- und geſchmackloſen Glatttüncherei.
Schluß.)
In der bezeichneten Art ließ ſchon Papſt Cöleſtin Iim J. 424 in
der Kirche der h. Sabina zu Rom viele Bilder ausführen: Chri-
ſtus, Bethlehem, Jeruſalem, die Symbole der 4 Evangeliſten, St.
Peter und Paul, die Gemeinde der Juden⸗ und Heidenchriſten.
Den Bildern wird ſchöne Anordnung und richtige Zeichnung
nachgerühmt. Im Anfang des 5. Jahrh. baute der hl. Paulinus
von Nola ſeine Felixkirche, die mit muſiviſchen Gemälden und
Inſchriften förmlich bedeckt war, wie der Erbauer ſelbſt im
Detail beſchreibt. Um's Jahr 430 wurde die maleriſche Aus-
ſchmückung der Baſilica Maria maggiore in Rom vollendet. Die
Grabeapelleder Galla Plazidia in Ravenna (3. 430— 40)
in der Kirche der hl. Nazarius und Celſus war gleichfalls mit
muſiviſcher Arbeit geziert, und ebendaſelbſt die noch ältere Kirche
der hl. Agatha. Auch die ältere Baarlaamskirche in An-
tiochien war nach dem Zengniſſe des heil. Chryſoſtomus reich
mit Gemälden ausgeſchmückt. Die ſchönſten Muſivarbeiten aus
dem 6. Jahrh. ſind die in der Kirche des heil. Cosmas und
Damian in Rom, die der Tauflapelle in Ravenna und St.
Apollinaris nuova (vor 526), St. Michaele und Vitale in
Ravenna und der Sophienkirche zu Conſtantinopel. Im Oriente
wurde übrigens die Muſivkunſt in noch größerer Ausdehnung
angewandt als im Abendlande; denn aus dem 4. und 5. Jahr-
hunderte ſtammen eine ungeheure Menge Moſaiken, namentlich
in Conſtantinopel. Dort lebte dieſer Kunſtzweig noch fort, als
er im Abendlande ſchon erſtorben war. Doch wird im Occident
von Kirchen, die unter den Päpſten Honorius I., Gregor III.,
Leo III., Padrian III. u. A. erbant worden, berichtet, daß ſie
maleriſch ausgeſchmückt wurden, und zwar mit Bildern aus dem
alten wie dem neuen Teſtamente. Und unter den germaniſchen Völ-
kern ſoll es unter den Franken ſchon zur Zeit der Merowinger üb-
lich geweſen ſein, die Kirchen auszumalen. Unter Carl d. Gr.
wurde außer deſſen Hofcapelle zu Ingelheim, das Carlsmünſter
zu Aachen, die Laterankirche Carls, mit Moſaikbilden geſchmückt.
— In der Kuppel Chriſtus auf Goldgrund, umgeben von den
24 Aelteſten der Apokalypfe. Ja dieſer für ſein Reich wie
für die Kirche gleich beſorgte Kaiſer befahl auch ſeinen Land-
Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.
Dezember 1862.
grafen und Biſchöfen des Reiches wie Allen, welchen die Auf-
ſicht über die Kirchen oblag: nicht blos für die Erhaltung des
Kirchengebäudes, ſondern auch der Gemälde Sorge zu tra-
gen. Da ſich dieſe Aufſicht auf Städte wie auf Dörfer bezog,
ſo iſt anzunehmen, daß man in jener Zeit die Wandgemälde
für einen nothwendigen und allgemeinen Beſtandttheil der in-
nern Einrichtung größerer und kleinerer, der Stadt⸗ und Land-
kirchen anſah trotz der Machinationen gegen die Bilder auf der
Synode zu Frankfurt 794.
Mit dem Beginn des romaniſchen Kirchenbauſtyls
ward dieſe Richtung noch weiter verfolgt, doch trat zunächſt
das Bemühen in den Vordergrund, die leeren Flächen mit-
telſt der Architektur ſelbſt zu beherrſchen. Liſſenen und
Pilaſter, vereinzelte oder gruppikte Cylinder als Träger der
ſpätern Gewölbe ſtatt der frühern Flachdecken, nach und
nach vermehrtes Niſchenwerk wurden zu Hilfe genommen, um
die Architektur nach den beſten ſtatiſchen Geſetzen zu geſtalten,
zu vervollkommnen, und für ſich allein auskömmlich zu glie-
dern und zu beleben. Doch hat der romaniſche Styl dieſe
letztere Aufgabe nur in ſeltenen Fällen und zwar in ſeiner
Schlußepoche, wie z. B. in dem Dome zu Worms, ſonſt auch
nur anbahnend erreicht. Die ihm übrig bleibenden Mauerflä-
chen, welche namentlich an Werken vorherrſchten, wo die Mit-
tel eine reichgeſtaltete architektoniſche Durchführung unzuläſſig
machten, fielen dann nicht nur wieder der Malerei anheim, und
jetzt beſonders der leichter ausführbaren mittelſt Pinſel und
gewöhnlichen Farben, ſondern dieſe wurde ſo ſehr zur andern
Natur des romaniſchen Kirchenbaues, daß ſie in eigenthümlicher
Weiſe das ganze Innere der Kirchen ſelbſt die gegliedertſten
Architekturtheile bedeckte. Die Kloſtergeiſtlichen, nicht bloß die
Mäcene der Kunſt, ſondern auch die Ausüber derſelben in allen
Zweigen, errichteten und unterhielten förmliche Kunſtſchulen, welche ö
beſonders ſeit dem 1ten Jahrhunderte die Wandmalereien in
großer Mannigfaltigkeit und hoher Vollendung ausführten. Die
in Nro. 11 dieſer Blätter angeführte Vereinsgabe des würt-
temb. chriſtlichen Kunſtvereins zählt Seite 13—15 eine Reihe
intereſſanter Beiſpiele auf, und führt u. A. auch an, daß ver-
blichene Reſte von Gemälden, zum Theil von koloſſaler Dimen-
ſion es beweiſen, daß auch der Dom zu Worms (Ende des
12ten Jahrhnnderts) theilweiſe ausgemalt war.
aunſtblätter
Organ des chriſlichen Aunſtvereins der Erddißreſe reiburg.
SGeilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
N
Nro. 12.
I. “ Ueber die Behandlung der innern Airchenwände ö
zur Abwehr der geiſt- und geſchmackloſen Glatttüncherei.
Schluß.)
In der bezeichneten Art ließ ſchon Papſt Cöleſtin Iim J. 424 in
der Kirche der h. Sabina zu Rom viele Bilder ausführen: Chri-
ſtus, Bethlehem, Jeruſalem, die Symbole der 4 Evangeliſten, St.
Peter und Paul, die Gemeinde der Juden⸗ und Heidenchriſten.
Den Bildern wird ſchöne Anordnung und richtige Zeichnung
nachgerühmt. Im Anfang des 5. Jahrh. baute der hl. Paulinus
von Nola ſeine Felixkirche, die mit muſiviſchen Gemälden und
Inſchriften förmlich bedeckt war, wie der Erbauer ſelbſt im
Detail beſchreibt. Um's Jahr 430 wurde die maleriſche Aus-
ſchmückung der Baſilica Maria maggiore in Rom vollendet. Die
Grabeapelleder Galla Plazidia in Ravenna (3. 430— 40)
in der Kirche der hl. Nazarius und Celſus war gleichfalls mit
muſiviſcher Arbeit geziert, und ebendaſelbſt die noch ältere Kirche
der hl. Agatha. Auch die ältere Baarlaamskirche in An-
tiochien war nach dem Zengniſſe des heil. Chryſoſtomus reich
mit Gemälden ausgeſchmückt. Die ſchönſten Muſivarbeiten aus
dem 6. Jahrh. ſind die in der Kirche des heil. Cosmas und
Damian in Rom, die der Tauflapelle in Ravenna und St.
Apollinaris nuova (vor 526), St. Michaele und Vitale in
Ravenna und der Sophienkirche zu Conſtantinopel. Im Oriente
wurde übrigens die Muſivkunſt in noch größerer Ausdehnung
angewandt als im Abendlande; denn aus dem 4. und 5. Jahr-
hunderte ſtammen eine ungeheure Menge Moſaiken, namentlich
in Conſtantinopel. Dort lebte dieſer Kunſtzweig noch fort, als
er im Abendlande ſchon erſtorben war. Doch wird im Occident
von Kirchen, die unter den Päpſten Honorius I., Gregor III.,
Leo III., Padrian III. u. A. erbant worden, berichtet, daß ſie
maleriſch ausgeſchmückt wurden, und zwar mit Bildern aus dem
alten wie dem neuen Teſtamente. Und unter den germaniſchen Völ-
kern ſoll es unter den Franken ſchon zur Zeit der Merowinger üb-
lich geweſen ſein, die Kirchen auszumalen. Unter Carl d. Gr.
wurde außer deſſen Hofcapelle zu Ingelheim, das Carlsmünſter
zu Aachen, die Laterankirche Carls, mit Moſaikbilden geſchmückt.
— In der Kuppel Chriſtus auf Goldgrund, umgeben von den
24 Aelteſten der Apokalypfe. Ja dieſer für ſein Reich wie
für die Kirche gleich beſorgte Kaiſer befahl auch ſeinen Land-
Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.
Dezember 1862.
grafen und Biſchöfen des Reiches wie Allen, welchen die Auf-
ſicht über die Kirchen oblag: nicht blos für die Erhaltung des
Kirchengebäudes, ſondern auch der Gemälde Sorge zu tra-
gen. Da ſich dieſe Aufſicht auf Städte wie auf Dörfer bezog,
ſo iſt anzunehmen, daß man in jener Zeit die Wandgemälde
für einen nothwendigen und allgemeinen Beſtandttheil der in-
nern Einrichtung größerer und kleinerer, der Stadt⸗ und Land-
kirchen anſah trotz der Machinationen gegen die Bilder auf der
Synode zu Frankfurt 794.
Mit dem Beginn des romaniſchen Kirchenbauſtyls
ward dieſe Richtung noch weiter verfolgt, doch trat zunächſt
das Bemühen in den Vordergrund, die leeren Flächen mit-
telſt der Architektur ſelbſt zu beherrſchen. Liſſenen und
Pilaſter, vereinzelte oder gruppikte Cylinder als Träger der
ſpätern Gewölbe ſtatt der frühern Flachdecken, nach und
nach vermehrtes Niſchenwerk wurden zu Hilfe genommen, um
die Architektur nach den beſten ſtatiſchen Geſetzen zu geſtalten,
zu vervollkommnen, und für ſich allein auskömmlich zu glie-
dern und zu beleben. Doch hat der romaniſche Styl dieſe
letztere Aufgabe nur in ſeltenen Fällen und zwar in ſeiner
Schlußepoche, wie z. B. in dem Dome zu Worms, ſonſt auch
nur anbahnend erreicht. Die ihm übrig bleibenden Mauerflä-
chen, welche namentlich an Werken vorherrſchten, wo die Mit-
tel eine reichgeſtaltete architektoniſche Durchführung unzuläſſig
machten, fielen dann nicht nur wieder der Malerei anheim, und
jetzt beſonders der leichter ausführbaren mittelſt Pinſel und
gewöhnlichen Farben, ſondern dieſe wurde ſo ſehr zur andern
Natur des romaniſchen Kirchenbaues, daß ſie in eigenthümlicher
Weiſe das ganze Innere der Kirchen ſelbſt die gegliedertſten
Architekturtheile bedeckte. Die Kloſtergeiſtlichen, nicht bloß die
Mäcene der Kunſt, ſondern auch die Ausüber derſelben in allen
Zweigen, errichteten und unterhielten förmliche Kunſtſchulen, welche ö
beſonders ſeit dem 1ten Jahrhunderte die Wandmalereien in
großer Mannigfaltigkeit und hoher Vollendung ausführten. Die
in Nro. 11 dieſer Blätter angeführte Vereinsgabe des würt-
temb. chriſtlichen Kunſtvereins zählt Seite 13—15 eine Reihe
intereſſanter Beiſpiele auf, und führt u. A. auch an, daß ver-
blichene Reſte von Gemälden, zum Theil von koloſſaler Dimen-
ſion es beweiſen, daß auch der Dom zu Worms (Ende des
12ten Jahrhnnderts) theilweiſe ausgemalt war.