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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0001
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Chriſtliche

Kunſtblatter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 13.

Domine ilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Januar 1868.

J. * Aeber die Polychromie
Wir haben in Nro. 11. und 12. der Kunſtblätter vom vo-
rigen Jahre vor der geiſt- und geſchmackloſen Glatttüncherei
an den Kirchenwänden gewarnt, indem wir darauf hinwieſen, daß
man ſeit den älteſten Zeiten bemüht war, die leeren Flächen
der chriſtlichen Kirchen theils mittelſt ſinnvoller Conſtruction
der Architektur, theils durch die Malerei zu beleben, und
ſo für die höhere Beſtimmung des Ganzen entſprechender zu
machen.

Waren ſchon die Katakomben aus der Zeit der Chriſten-
verfolgung mit bildlichen Darſtellungen ans dem A. u. N. T.
geziert, ſo geſchah dies noch weit mehr in den älteſten chriſtli-
chen Kirchen, den Baſiliken, welche wie im Oriente ſo im
Occidente mit zahlreichen Moſaikgemälden geſchmückt wur-
den. Jn den ſpätern Kirchen des romaniſchen Bauſtyles
bildeten die Wandmalereien einen weſentlichen Theil, und auch
der gothiſche Bauſthl hat ſelbe, wie unzählige Beiſpiele be-
kunden, nicht verſchmäht, ſondern ſie gepflegt und ſinnreich ver-
wen det.

Menge durch das Auge über die Geheimniſſe unſerer Religion
belehren, und zugleich aus dem Leben der Vorväter des A. T.
des göttlichen Heilandes, ſeiner jungfräulichen Mutter und der
Blutzeugen und Heiligen das Gemüth erheben, die Seele zur
Andacht ſtimmen, dem Herzen den Troſt der Religion ſpenden.
Dieſer fromme Bilderſchmuck ſoll das Jnnere der Kirchen vol-
lends in einen ſtillſeligen Aufenthalt des Gottesfriedens dem
gläubigen, kindlichen Gemüthe umſchaffen, damit es hier in ſei-
ner Erbauung die Außenwelt ganz aufgebe und vergeſſe.
Jn dieſem Sinne und Geiſſe wurden die ältern Kirchen
polychromiſch ausgeſtattet; in demſelben Geiſte muß auch in
unſern Tagen die monumentale Malerei erneuert und ausge-
übt werden. Doch dazu genügt nicht bloße techniſche Fertigkeit,
ſondern es gehört dazu auch eine Kenntniß des Lebens und
Schaffens der Kirche und in der Kirche; ſpeziell Vertrautheit
mit der heil. Schrift und der kirchlichen Auslegung, Kenntniß
des Lebens der Heiligen, der traditionellen Symbolik, der Li-
turgie und A., vor Allem noch der eigene fromme Sinn
und das Streben, perſönlich Alles das durch zu leben, we-
nigſtens ſich ganz in das zu verſenken, was gemalt werden ſoll.
Dieſe Erwägungen geben uns Veranlaſſung ausführlicher
über die Aufgabe und Grenzen des Farben- und
Bilderſchmuckes der Kirchen zu handeln.
Haben wir es in unſern frühern Erörterungen (Nro. 12
S. 46.) nachdrücklich getadelt, daß da, wo der Architekt durch
Formenbildung und Farbe des Materials ſeinen Bau
beleben und ſchmücken wollte, durch Tünchnerei freventliche Ver-
ſündigung an romaniſchen und gothiſchen Kirchen geübt ward;
ſo müſſen wir hier bei Empfehlung der monumentalen Malerei
vom Künſtler vor Allem fordern, daß er ſorgfältig prüfe und
erwäge, welche Flächen und Theile des Baues durch
einen Farbenſchmuck zu heben und zu zieren ſind. Und um
durch keinerlei Ueberladung der Schönheit und Harmonie des
Baues zu ſchaden, ſoll er für ſeine Arbeit ſtets das Grundge-
ſetz vor Augen haben: daß der Farbenſchmuck der Archi-
ektur untergeordnet werden müſſe, weil er dem
Bauwerke eben nur zum Schmucke dienen ſoll.
Sodann ſoll er ſeine Ornamente und Figuren gewiſſenhaft
nach dem Style des Baumeiſters ausführen. Das ſetzt ein

Hierin iſt der Weg gezeigt, wie wir der ſo allgemein be-
liebten, modernen Tünche, ſei es in weiß, in graugelb oder
irgend ſonſt welcher Farbe, welche das Jnnere der Kirchen ſo
eckelhaft monoton machen, entgehen können. Es muß die Po-
lychromie, der Farben- und Bilderſchmuck, die monumentale
Malerei wieder zur Anwendung kommen: doch dem Geiſte
und der Natur des kirchlichen Bauſthls im chriſtli-
chen Alterthume und Mittelalter entſprechend, wie
denn auch in der neueſten Zeit zahlreiche Kirchen nach dieſen
herrlichen, unübertroffenen Vorbildern in Folge des neu beleb-
ten kirchlichen Sinnes ausgeführt worden ſind. Damit wollen
wir zum voraus andeuten, daß hier die Profanirung durch
eine ebenſo unäſthetiſche wie unkirchliche Dekorationsmalerei
ſorgſam und nachdrücklich abgewendet werden müſſe. Denn
leider ſind handwerksmäßige Pinsler ſchon hie und da in das
Heiligthum eingedrungen, und haben durch Zimmermalerei die
Kirche in ein Profanhaus verwandelt, da ſie gar keine Ahnung
von der Aufgabe haben, welche hier zu löſen iſt.
Der Bilderſchmuck in den chriſtlichen Kirchen ward nie als
etwas Zufälliges und Willkürliches betrachtet. Es ſoll die
 
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