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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0018
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— 66 —

Altares; was verſtand ſich nun mehr von ſelbſt, als daß die-
ſelbe paſſend verziert wurde? Dieſes geſchah entweder durch
mit Stickwerk verſehene Seidenbehänge, ähnlich den Antipendien,
oder mit mehr oder weniger koſtbaren Metallplatten von ciſe-
lirter Arbeit u. d. gl. Vor etlichen Jahren noch konnte man
im Domſchatz zu Baſel das Oberfrontal ſehen, welches Kaiſer
Heinrich J. geſtiftet hatte. Das Mittelfeld enthält Chriſtus
als König der Welt, zur Seite rechts ſtehen der Erzengel
Michael und Benediktus, zur Linken Gabriel und Raphael.
Jetzt wird von dieſem koſtbaren Oberfrontal in Baſel nur noch
ein Gypsabdruck aufbewahrt, das Original iſt nach Paris ge-
wandert.

beſondern Hinterbau, ſondern auf den Altar geſtellt, an Stelle derſel-
ben treten oft bloße Heiligenbilder, die Altäre erhalten hohe Auf-
ſätze. Mit Staunen und Verwunderung ſehen wir an den uns
noch aus dieſer Zeit erhaltenen Meiſterwerken der Kunſt empor.
Michael Wohlgemuth von Nürnberg, Friedrich Herlin von
Nördlingen, die beiden Syrlin, Vater und Sohn, in Ulm,
Daniel Mauch und Brüggmann, Martin Schön, Bartholomä
Zeitblom, deſſen Schüler Martin Schaffner, die beiden Stocker,
Vater und Sohn, Jakob Acker, Hans Schühlein (von dem
der Hochaltar zu Tiefenbronn 1469), Lucas Knechtelmann, der
ältere und jüngere Holbein u. ſ. w., ſind unſterbliche Meiſter aus
dieſer Zeit.

Was den Altartiſch in dieſer Periode anlangt, ſo bleibt
derſelbe in Bezug auf Form und Ornamentation ſo ziemlich
derſelbe, verſteht ſich, alles noch im romaniſchen Style gehalten.
Das Sepulchrum wurde entweder in die Altarplatte ſelbſt ein-
gelaſſen, oder es wurden die zur Altar-Conſecration noth-
wendigen Reliquien in den hohlen die Steinplatte tragenden
Säulen oder deren Kapitälen verborgen. Die Umkleidung
des Altars mit Gold- und Silberplatten, ſeidenen Behängen
u. ſ. w. bleibt ebenfalls im Brauch. Es kommen jedoch jetzt
häufig auch hölzerne Antipendien und Altarumfaſſungen vor,
die mit herrlichen Malereien auf Goldgrund, oder mit Edel-
ſteinen und Glasemail geziert ſind. Zu den ſteinernen Um-
kleidungen nimmt- man in Jtalien meiſtens Marmor von
verſchiedener Farbe, da wo dieſes Material mangelt, verwen-
det man Sandſteine und ziert ſie mit Bilderwerken und Orna-
mentik.

Die Altaraufſätze beſtehen aus einer Staffel oder Unter-
ſatz, Predella oder Piedrella genannt, und aus einem offe-
nen oder verſchließbaren Kaſten oder Bilderſchrank, vorne
und hinten bemalt, mit oder ohne einen Oberaufſatz. Die
Predella, welche dem Bilderſchrank als Baſis dient, und die
in der Regel oben breiter war als unten, war ebenfalls mit
Bildwerk auf Holzgrund verſehen, ſeltener mit geſchnitzten Fi-
guren. Die gewöhnlichſten Malereien auf den Predellen ſind:
Chriſtus mit den Apoſteln oder das Abendmahl, das Schweiß-
tuch der Veronika mit dem Bildniß Chriſti u. ſ. w. Auf der
Predella des ſchönen Altärchens in der Spitalkapelle zu Pful-
lendorf find Kirchenväter und auf der Rückſeite das Veronika-
tuch, von zwei Engeln gehalten, angebracht. . Der ſpät gothi-
ſche Hochaltar im Münſter zu Altbreiſach hat geſchnitztes Bild-
werk an der Predella.

Auf der Predella ſitzt der Altarſchrein, der entweder in
bemalten Holztafeln beſtand, die man zuſammenſchlagen konnte
— Klappenbilder, — oder der als förmlicher Kaſten conſtruirt
war mit Flügelthüren zum Verſchließen. Man nannte ſie auch
Diptychen und Triptychen. Dieſe an die Stelle der früheren
Reliquiarien tretenden Bilderſchreine werden beſonders immer
häufiger, als ſchon im 14. Jahrhundert die Holzſchnitzerei in
Deutſchland eifrig betrieben wurde und im 15. Jahrhundert zu
einer hohen Vollendung gelangte, und ſeitdem die Anwendung
des Oel- und Harzfirniſſes auf die Malerei durch Van Eyk
um die Mitte des 15. Jahrhunderts immer allgemeinere Ver-
breitung fand. Es gab ſolche Flügelaltäre, die in der Mitte
und an den Flügeln blos mit Gemälden, ohne Sculpturen,
verſehen waren; ſolche, wo der mittlere Schrein und die in-
nere Seite der Thüren mit geſchnitzten Heiligenbildern und
ſelbſt mit ganzen Gruppen, z. B. mit einer Darſtellung der
Geburt Chriſti, der Krönung, dem Tode Mariens, oder mit
aus dem Leben der Heiligen genommenen Scenen geziert wa-
ren. Die Schränke ſelbſt enthielten ſodann reiche Verzierun-
gen von Laubwerk und endigten ſich nach oben oft in Gewölbe
und thurmartige Aufſätze. Die Malerei begnügte ſich nicht da-
mit, die Flügelthüren und die Rückſeiten des Altares zu be-
malen (letztere meiſtens jedoch nur mit Waſſerfarben), ſondern
auch die Heiligenſtatuen von Holz, ja ſogar die von Stein, wie
z. B. an der Vorhalle des Münſters zu Freiburg und an dem
gothiſchen Brunnen vor demſelben in der Kaiſerſtraße, wurden
polychromirt, wodurch denſelben mehr Leben und ein eigenthüm-
licher Reiz verliehen wurde. Die Beſchaffenheit des Holzes,
der Umſtand, daß ſich der Bildhauer häufig genöthigt ſieht,
namentlich bei größeren Figuren und Darſtellungen, mehrere
Holzſtäbe zuſammenzuleimen, und daß dieſe Stücke der Farbe,
den Faſern nach ſo ungleich ſind, ließ ſchon die Polychromirung
für geboten erſcheinen. Noch mehr aber beruht die Bemalung
der Sculpturen auf der Abſicht, durch harmoniſche Farbenwir-
kung den Figuren mehr Leben zu geben. Die Tempera-
Malerei des Mittelalters verdient bei Weitem

Hinſichtlich des Ciboriums (Ueberdachung) tritt eine Ver-
änderung gegen früher ein. Dieſe werden nämlich ſeltener mit
dem Aufſtellen der Reliquienſchreine hinter der Mensa und dem
Aufkommen der Oberfrontalien. Es blieb aber die Sorgfalt,
die Altäre vor Schmutz und Staub zu bewahren und mit aller
Ehrfurcht zu behandeln, weßhalb man dieſelben entweder mit
einem Tuche oberhalb überſpannte oder mit Baldachinen (Bal-
dachinus, umbraculum, coelum, conopaeum) von Linnen
oder Seide verſah. Die Umhänge (vela) behaupteten ſich auch
jetzt noch, wenn auch mit einigen Modificationen. Man ver-
ſchloß nemlich nicht mehr alle vier, ſondern bloß die Neben-
ſeiten, und im Falle der Altar frei ſtand, auch die Rück-
ſeite deſſelben. Die Vorhänge wurden an freiſtehenden Säu-
len (ohne Bedachung) befeſtigt, auf welchen häufig Figuren zu
ſehen waren z. B. Engel mit Kerzen. Da um dieſe Zeit die
Areandisciplin nicht mehr herrſchte, ſo ſieht man aus der Bei-
behaltung der Verhüllung des Altares, daß dieſe nicht bloß
wegen jener eingeführt wurde, ſondern offenbar auch im Hin-
blick auf das Myſterium des Glaubens und damit der Prieſter
in ungeſtörter Ruhe und Geiſtesſammlung die hl. Handlung
vollbringen konnte. Da die Ciborien-Altäre ſeltener wurden,
ſo mußte man natürlich auch darauf Bedacht nehmen, der Pyxis
mit dem Allerheiligſten, welche bisher von dem Gewölbe des
Ciboriums herunterhing, einen andern geeigneten Platz anzu-
weiſen; und ſo findet man jetzt häufig die Vorrichtung, daß
dieſes Gefäß (columba Taube, turris Thurm, oiborium
Speiſekelch) an einem nach Art eines Wandleuchters oder
Krummſtabes gefertigten Arm hing, welcher an dem Reliquien-
aufbau als conſtruktiver Theil oder auch an dem auf dem
Altare ſtehenden großen Kreuze angebracht war. Jn dieſer
Zeit (des romaniſchen Styls) trifft man noch keine Spur von
Sacramentshäuschen oder Tabernakel.
Die dritte Periode kennzeichnet ſich durch ihre Altäre mit
Hoch bau. Die Kunſt erreicht eine ungemeine Höhe, Sculptur und
Malerei ſcheinen im Wettkampf zu liegen und einander den Vor-
rang ſtreitig zu machen. Die Reliquien werden nicht mehr auf einen
 
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