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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0042
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— 90 —

Kelch ſammt Patene muß vom Biſchof conſecrirt d. i.
mittelſt heiligen Oeles geweiht werden. Die Conſecration ſteht
ausſchließlich dem Biſchof zu und kann nicht übertragen
werden. Die Conſecration iſt verloren, wenn der Kelch zu
ſeinem Zwecke untauglich geworden iſt: wenn die Kuppe durch-
bohrt iſt, Riſſe hat oder ſonſt wie das hl. Blut nicht bewahren
kann; wenn die Cuppe vom Fuße abgebrochen wird, wenn in-
nerhalb nene Vergoldung vorgenommen wird. Die Conſecration
geht aber nicht verloren durch kleine Reparaturen ohne be
deutenden Bruch; nicht durch einige die Geſtalt des Kelches
nicht ändernde Schläge des Goldſchmiedes, nicht durch ſacrile-
giſchen Mißbrauch zu profanen Zwecken und endlich auch nicht
wenn der Fuß von der Cuppe ohne Bruch gelöst oder abge-
ſchraubt wird, wenn der Fuß allein zerbricht oder eine Vergol-
dung des Kelches blos außerhalb vorgenommen wird.
Dieſe letztereu Bemerkungen betreffen zwar nicht ſo faſt die
kirchliche Kunſt, ſondern vielmehr die Rubriken und die Liturgik;
dennoch glaubte ich, daß ſie an dieſem Platze nicht unnütz ſeien.

IJ. Kunſtthätigkeit in Aachen

Silben auf den Knaufen vertheilt ſind. Die Höhe des gothi-
ſchen Kelches iſt ähnlich wie die des romaniſchen. Man iſt
dermalen nicht mehr an ſo niedere Kelche gewöhnt, aber ſo viel
iſt gewiß, daß die romaniſchen und gothiſchen Kelche auch in
Bezug auf ihre Höhe den Vorzug vor den hochſchaftigen ver-
dienen, weil der Prieſter bei der Sumtion des hl. Blutes aus
denſelben den Fuß des Kelches nicht über ſeinen Kopf und
dieſen ſelbſt nicht emporheben muß, was bei den modernen
Kelchen jedenfalls einen äußerſt unäſthetiſchen Anblick gewährt
und zu ſehr an das profane Trinken erinnert. Bis zu Ende
des 15. Jahrhunderts findet man noch immer gute gothiſche
Muſter. Die Renaiſſance lieferte immerhin auch noch herrliche
und was das Metall betrifft, häufig viel koſtbarere Kelche als
die früheren Zeiten, aber ſie kehrte wieder zur blos ornamen-
talen Behandlung zurück und konnte ſo leichter von den kirch-
lichen Beſtimmungen und von der Zweckmäßigkeit abirren. Daher
zeigt ſich bald anſtatt des breiten und feſtſtehenden ein enger
Fuß und oft ſo hoch, daß die Patena vor der Communion des
Prieſters nicht auf demſelben liegen kann, anſtatt des einfachen,
mehr niedern Schaftes ein hochgeſtellter, ausgezackter, ſtatt des
leicht faßbaren, kräftigen Knopfes erſcheinen mehrere an einan-
der gereihte, unförmliche Knöpfe mit hervorſtehender Ornamentik,
ſtatt der Lilienform die Form einer Tulpe, eines Bechers oder
Schnapsglaſes (man verzeihe dieſen Ausdruck), unten rund, an
der Seite geſchweift, am Rande oben ausgebogen, wodurch die
Sumtion des hl. Blutes vielfach erſchwert wird. Ueberdieß iſt
die Cuppe faſt bis oben mit den geſchmackloſeſten Verzierungen
und profanſten Schnörkeleien, mit Blätterwerk, Figuren, Kränzen
u. ſ. w. überladen.
Will man ſich einen neuen Kelch beſtellen, ſo thut man gut
daran, ſich von dem Goldarbeiter eine Skizze vorher anfertigen
zu laſſen und ſie mit kunſtverſtändigen Geiſtlichen zu beſprechen,
oder man gebe dem Goldarbeiter eine gute Zeichnung, die er
auszuführen hat. Nur auf ſolche Weiſe werden unſere Metall-
arbeiter in den rechten Styl und Geſchmack eingeführt, andern-
falls bleiben ſie bei ihrem Zopf und bei den franzöſiſchen Mode-
waaren, womit ſie ihre Schauläden auszufüllen gewohnt ſind.
Bezüglich der Höhe eines neu zu fertigenden Kelches muß man
nicht über 7 Zoll greifen.
Es wird darauf Bedacht genommen werden, daß einfachere
und reichere Zeichnungen von Kelchen den artiſtiſchen Beilagen
der ,,Knnſtblätter'' beigegeben werden. Nochmals glaube ich
darauf aufmerkſam machen zu ſollen, die Kelche ja nicht gal-
vaniſch, ſondern nur im Feuer vergolden zu laſſen, weil ſonſt
die Vergoldung nach kurzem Gebrauche verſchwinden wird. Will
man eine Probe machen, ſo laſſe man einen ganz kleinen
Tropfen Vitriolöl auf die Vergoldung fallen, iſt dieſe galvaniſch,
wird ſie ſogleich ſchwinden an der betreffenden Stelle, die Feuer-
vergoldung aber widerſteht und hält die Prüfung ats.
Die Patena muß von der gleichen Materie, wie die Kuppa
des Kelches und vergoldet ſein. *) Der Rand derſelben ſoll
zart und ſcharf (jedoch nicht ſchneidend) ſein, damit die Frag-
mente der hl. Hoſtie genau und leicht können geſammelt werden.
Sie ſoll überall glatt ohne erhabene oder tiefe Verzierung ſein.
Auf den gothiſchen Patenen iſt häufig ein Vierpaß angebracht,
aber deſſen ungeachtet ſind ſie ſehr zweckmäßig eingerichtet.
Wenn die Patena in der Mitte eine Vertiefung hat, welche
dem Umfang des Kelches gleichkommt, dann darf dieſelbe nicht
ſenkrecht ſich abgrenzen, ſondern der Uebergang aus der Mitte
zum Rand muß möglichſt flach ſein. Der Grund iſt jedem
Prieſter bekannt.
Das Löffelchen, womit man das Waſſer aus dem Känn-
chen nimmt, iſt neuern Urſprungs und von den Rubriken nicht
vorgeſchrieben.

Nachdem wir früher ſchon mitgetheilt, daß in jüngſter Zeit
am Kaiſermünſter in Aachen zumal am gothiſchen Chore manche
bedeutende Reſtaurationen aufgeführt worden ſind, können wir
heute melden, daß auch die dort nach dem Entwurfe von V.
Statz aus Köln begonnene Votivkirche bereits im Baue voll-
endet iſt, ſo daß Steinle in Frankfurt daran geht, die Car-
tons zur maleriſchen Ausſchmückung zu fertigen.
Wir können dieſem noch zwei weitere Mittheilungen über
den, neben den großen induſtriellen Beſtrebungen in Aachen zu
Tage tretenden Kunſtſinn beifügen.
1. Die Wandgemälde im Krönungsſaale des
Aachener Rathhauſes, Darſtellungen aus dem Leben
Karls des Großen, ſollen nun endlich ihren Abſchluß erhalten,
nachdem beihnahe 23 Jahre über den Arbeiten verfloſſen ſind.
Zu dem Cyklus der acht vollendeten Bilder: 1) Umſturz der
Jrmenſäule, 2) Schlacht von Cordova, 3) Einzug Karls des
Großen in Pavia, 4) Taufe Wittekind's, 5) Krönung Karls
in der Peterskirche, 6) Erbauung des Aachener Münſters, 7)
Krönung Ludwigs des Frommen, 8) Otto JJ. in der Gruft
Kaiſer Karls — ſämmtlich von Rethel entworfen — gehören
noch zwei Compoſitionen von Kehren, die für das Treppenhaus
beſtimmt ſind: ,Wie Kaiſer Karl die Heilquellen zu Aachen
entdeckt und ,,Karl der Große als Beſchützer der Religion.''
Man hat hier nun um ſo mehr auf gänzliche Vollendung des
Cyklus gedrungen, als man dem Maler Kehren eine Ehren-
ſchuld abtragen mußte. Derſelbe hat bekanntlich ſeither nur
auf den Namen ſeines verſtorbenen Freundes Rethel gearbeitet
und erhält erſt jetzt Gelegenheit, ein Kunſtwerk nach eigener
Kompoſition auszuführen. Die von Kehren eingereichten Far-
benſkizzen fanden hier allgemein Beifall und die Stadt erklärte
ſich bereit, ihren Antheil an den Koſten (drei Fünftel) zu
tragen. Ebenſo bereitwillig hat der Kunſtverein zu Düſſeldorf
den Reſt des Preiſes übernommen.
2. Der Karlsteppich'' im Münſter zu Aachen. Die
Damen von Aachen haben es übernommen, für das Karls-
münſter einen Teppich von großartigem Maaßſtab und dem
Sthl des reſtaurirten Chores entſprechend auszuführen. Der
den Leſern wohlbekannte Dr. Bock, jetzt Ehrenſtiftsherr in
Aachen hat uns das Projekt geſchildert und durch Zeichnung
veranſchaulicht (Der ,,Karlsteppich'' Kaatzers Verlag in Aachen
1863). Wir erfahren hieraus, daß der Teppich nicht weniger
als 572 Quadratfuß hält. Jedoch iſt dafür geſorgt, daß das
complicirte Werk ſich in verhältnißmäßig kurzer Zeit ausführen
läßt. Nach ungefährer Berechnung läßt ſich der ganze Ent-

*) Miss. Rom. J. e
 
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