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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0044
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— 92 —

Daß der Teppich ein Werk von vollkommenſter Technik und
Meiſterſchaft ſein wird, das nehmen wir als gewiß an; denn
wir ſtimmen aus voller Ueberzeugung in das Lob ein, das Dr.
Bock der Stadt Aachen in Bezug auf ihre Verdienſte um die
Wiederbelebung der kirchlichen Stickkunſt ſpendet. Jhr gebührt
der Vorzug unter allen Städten Deutſchlands, vor allem dem
dortigen Mutterhaus der ,, Schweſtern vom armen Kinde Jeſu''
und dem ,,Klara⸗ Verein. '' Was in Süddeutſchland, wenigſtens
in Württemberg, in dieſer Richtung geſchaffen wird, iſt weſentlich
eine Frucht der Aachener Schule. Wir benützen gern dieſe Gelegen-
heit zum Ausdruck dankbarer Anerkennung. (Kirchenſchmuck.)

Sohn als Opfer der Welt zeigt. Die Flügel enthalten die
Taufe Chriſti, den Tod Mariä, unten auf der Predella ſind
vier Apoſtel angebracht. Jm obern durchbrochenen Aufſatz iſt
Chriſtus als Richter, neben ihm Maria und Johannes für-
bittend. Von den beiden Neben-Altärchen zeigt einer das Bild
der Verkündigung, das andere in ſehr origineller Weiſe den
Heiland als Schauſpiel für Engel und Menſchen.
Die Tafel 10 iſt ein höchſt zierlicher Hoch-Altar, der wie
Filigranarbeit ausſieht. Der Mittetſchrein enthält die Figuren
der hl. Laurentius, Sebaſtian und Jakob, an den Seitenflügeln
ſieht man die zwölf Apoſtel in Relief, an der Predella Maria
mit dem Heilaud auf dem Schooſe und die Auferſtehung. Der
Altar ſtammt ungefähr aus dem Jahr 1506.
Tafel 14 und 15 iſt ein Hochaltar in Non bei Reichenhall
der die Jahrzahl 1513 trägt. Die Tafeln 16, 17 und 18
ſtellen zwei Prachtaltäre der Filialkirche Raventen dar. Der
Hochaltar hat im Mittelſchrein die Apoſtel Jakobus, Simon
und Judas, im obern durchbrochenen Aufſatz unter einem Blü-
thenwald die Geſtalten Jeſu, Mariä und Johannes; auf den
Flügeln ſind Scenen aus dem freudenreichen Leben Mariä, an
der Predella der leidende Jeſus, die Mater dolorosa. Die
Rückſeite zeigt das Gericht. Der Altar ſtammt ungefähr von
1512. Der Seitenaltar hat vornen den hl. Achaz, auf den
Flügeln die 14 Nothhelfer.
Zu den zierlichſten gehören die Altäre aus der Streichen-
capelle bei Graſſau. Die hl. Servatius, Dionhſius und Wolf-
gang nehmen den Mittelſchrein, Scenen aus dem Jugendleben
Jeſu in Relief das Jnnere der, Flügel ein, auf der Predella
ſieht man die Grablegung Jeſu, rechts Maria unter dem Kreuz,
links Maria mit dem Leichnam Jeſu. Der zweite noch elegan-
tere Altar hat in dem reich ornamentirten Mittelſchrein die
Statuen der hl. Wolfgang, Magdalena und Aegidins, auf den
Flügeln vier Kirchenlehrer in ſitzender Stellung auf Goldgrund
gemalt. Anſtatt der Architecturbaldachine ſtreben über den
Seitentheilen zwei ſich durchkreuzende Blumen empor. Die
beiden Altäre mögen ungefähr von 1500 herſtammen.
Der Altar 21 iſt vom Jahre 1515 und von beſonderem
Jntereſſe wegen ſeines Aufſatzes, an welchem anſtatt der Bal-
dachine Pflanzengebilde als Bindeglieder zwiſchen den Fialen
verwendet ſind. Damals war alſo die architectoniſche Con-
ſtruction bereits in Decoration übergegangen.
Ein merkwürdiges Gebilde der Landshuter Schule iſt der
Altar 22 etwa zwiſchen 1470—90 entſtanden. Da die Kirche
dem hl. Geiſt geweiht war, ſo beziehen ſich ſämmtliche Schnitz-
werke und Gemälde auf die dritte göttliche Perſon, wie z. B.
das Pfingſtfeſt, die Taufe Chriſti u. ſ. w.
Die Tafel 23, Hochaltar im Münſter zu Moosburg, 40
Fuß hoch, iſt einer der leichteſten und eleganteſten wahrſchein-
lich um 1504-7 entſtanden. Der St. Urſula-Altar in Moos-
burg, wohl aus derſelben Zeit, iſt ein treffliches Kunſtwerk voll
Character, Leben und Anmuth. Sehr reich ſieht das Altärchen
28 mit der Kreuzigung Chriſti aus. Es iſt ein Werk des Hans
Schöpfer von 1485. Ganz einfach iſt das Hausaltärchen 29.
Sehr figurenreich mit Roſſen und Rittern iſt das letzte Stück
die Kreuzigung Chriſti darſtellend. Es wäre zu wünſchen, daß
dieſe Sammlung von Altarphotographien fortgeſetzt würde und
daß dieſelbe auch in unſerer Erzdiöceſe Nachahmung fände, denn
ich glaube, daß das Ergebniß die Zahl 30 wohl überſteigen
würde. Möchte der Kunſtverein die Ausführbarkeit dieſes Ge-
dankens in gefällige Erwägung ziehen!

IIJ. † Kunſtliteratur.
Album gothiſcher Altäre des Mittelalters in Alt-
bayern. 30 Photographien mit erklärendem Text von
Dr. J. Sieghart, Profeſſor am Lyeeum in Freiſing.
Herausgegeben von A. Majer und J. Bitzl in München.
Wir begrüßen dieſe Sammlung alter Altäre als etwas
Zeitgemäßes und Nützliches. Will man einen ächten, guten
Styl in den Altären wieder einführen, dann iſt es nothwendig,
daß ſich Künſtler und Kunſtfreunde immer mehr mit den kirch-
lichen Kunſtproducten des Alterthums bekannt und vertraut
machen und den Geiſt derſelben ſtudiren. Dies iſt um ſo
nothwendiger, als nicht ſelten eiue falſche Gothik an Altar- und
Kirchenbauten in Anwendung gebracht wird und dieſem Uebel-
ſtand nur dadurch entgegengewirkt werden kann, wenn man
gute Muſter verbreitet. Die vorliegende Sammlung iſt aller-
dings nicht gerade von der Art, daß ein Bildhauer der ſie be-
nützen will, eines eigenen Zeichnungsentwurfes überhoben wäre,
nein; aber ſie bietet vortreffliche Motive zur Anfertigung
von Altarzeichnungen dar. Das blos mechaniſche Nachahmen
des Alten wäre ja ohnehin der Tod aller Kunſt.
Die erſte Photographie iſt ein Altar von Stein aus der
Peterskirche in München aus dem Jahre 1376. Der Altar
iſt erſt im Jahre 1841 hinter einem Zopfaltar entdeckt und
dann von Bildhaner Endres reſtaurirt worden. Jm untern
Felde iſt Chriſtus am Kreuze, rechts und links Maria und
Johannes, Martin, Sixtus und Ulrich, die Patrone der Stif-
ter, das obere Bildwerk ſtellt die Auferſtehung der Todten
und das Gericht dar, Chriſtus als Richter auf dem Throne
ſeiner Herrlichkeit iſt oben im Wimperg angebracht.
Die 2, 3, 4, 5, und 6 Tafel ſtellt ebenfalls einen Stein-
altar dar aus der Martinskirche in Landshut ums Jahr 1424
erbaut. Er iſt ungemein reich und fein ornamentirt und iſt
namentlich deßhalb ſehr intereſſant, weil er eine Verbindung
des Altarbaues mit dem Sacramentshäuschen iſt. Vornen iſt
er Altar und hinten Sacramentshaus. Dieſer Gedanke iſt den
Künſtlern für neue Altarbauten ſehr zu empfehlen. Wie der
vorige, ſo hat auch dieſer Altar das Schickſal gehabt, hinter
einem Holzkoloß von Zopfaltar verborgen geweſen zu ſein, das
Mittelſtück war zur Anbringung einer Winde durchgeſchlagen
worden und mußte ergänzt werden. An der Vorderſeite iſt die
Anordnung der Bilder neuern Datums, man hat ſie nur ver-
ſuchsweiſe zuſammengeſtellt. Die Rückſeite bildet nicht etwa wie
bei unſern Zopfaltären, die ſich von hinten nicht ſehen laſſen
dürfen, eine Rumpelkammer, ſondern iſt ebenfalls mit Statuet-
ten geziert geweſen. Man ſieht überall noch Spuren, daß der
Altar bemalt geweſen iſt. Das Ganze iſt ein Meiſterſtück.
Tafel 7, 8 und 9 enthalten Altäre von Holz aus der
Schloß- und Hofkirche Blutenburg bei München. Die Gemälde
ſtammen von Hans Olmendorf, Hofmaler des Herzogs Sigis-
mund etwa um 1490. Das Mittelbild am erſten Altar zeigt
die heilige Dreifaltigkeit und zwar wie Gott der Vater ſeinen

V. Correſpondenz.
Die neuerdings eingegangenen Beiträge, darunter 17 fl. 30 kr. aus dem
ehrw. Cap. Offenburg, werden in nächſter Nummer verzeichnet werden.

Verantwortliche Redaction: Repetitor Stephan Braun. Verlag und Druck von J. Dilger in Freiburg
 
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