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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 2.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.6484#0045
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Chr iſtliche

Kunſtblatter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 2i.

Domine dilexi docorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Deeember 1868.

J. Die Reſtaurationsarbeiten am Münſter zu reiburg

ſtändigkeit emporblüthe, dürfte man wohl zu der Annahme be-
rechtigt ſein, daß vor dem gegenwärtigen ein anderer Bau da
geſtanden ſein möchte. Wenigſtens kann man nicht wohl glau-
ben, daß die Bewohner von Freiburg bis in das 13. Jahr-
hundert ohne Gotteshaus geweſen ſeien. Mit dieſer Annahme
würde auch das hiſtoriſche Bedenken wegfallen, gegen den Be-
ſuch und die Predigt des hl. Bernhard im Münſter, die 1146
hier ſtattgefunden haben ſoll. Das alte romaniſche Chor, das
ſich, wie alle derartige Chöre rund abſchloß, wurde in der er-
ſten Hälfte des 14. Jahrhunderts abgebrochen, alſo nach Voll-
endung des ganzen Münſters. Unmittelbar darauf wurde der
Grundſtein zum jetzigen Chore gelegt, nämlich im Jahre 1354,
am Vorabend von Mariä-Verkündigung. Aber erſt hundert
Jahre ſpäter, 1471, konnte der Bau ernſtlich in Angriff ge-
nommen werden. Vollendet und eingeweiht wurde derſelbe 1513.
Die Herſtellung des ſüdlichen Giebels des Qnerſchiffes in
ſeiner natürlichen Schönheit facht aufs Neue den lebhaften
Wunſch an, daß auch das Jnnere des Münſters von ſeiner
raucheligen, aſchgrauen Tünche befreit werden möchte nach den
Vorgängen der Dome in Straßburg, Baſel, Marburg und
anderwärts.
Schon in Nro. 12 dieſer Blätter Seite 46 wurde dieſer
Wunſch mit folgenden Worten geäußert: ,,Welch herrlichen
Anblick würde das Jnnere des Münſters gewähren, wenn die
Steine in ihrer natürlichen Farbe prangen würden!'' Es
wäre lächerlich, wenn man einwenden wollte, daß durch Ab-
nahme der grauen Tünche und das Hervorteten der Natur-
farbe des Sandſteines das Münſter dunkler würde, vielmehr
würde das gerade Gegentheil eintreten. Wer ſich von der
Wirkung der Entfernung der Tünche in Bezug auf das Licht
überzeugen will, der ſchaue die Südfaçade des Querſchif-
fes und die Dome zu Straßburg und Baſel an. Dieſe
Befürchtung kann alſo keinen Grund abgeben, die Schmuzfarbe
zu conſerviren. Aber woher die Mittel nehmen zu einem ſo
koſtſpieligen Unternehmen? Meines Erachtens könnte dasſelbe
allmählig und ohne viel außerordentlichen Koſtenaufwand da-
durch ausgefüht werden, daß die Bauktte ihre Arbeiten am
Aeußern des Münſters für einige Zeit einſtellt und die Ge-
rüſte innerhalb desſelben aufrichtet. So gut die Arbeit an der

Das Münſter zu Freiburg hat, abgeſehen von ſeiner groß-
artigen Schönheit und dem Adel ſeiner Verhältniſſe, auch noch
den Vorzug vor den meiſten mittelalterlichen Bauwerken, daß
es trefflich erhalten und bei allen widrigen Schickſalen der Stadt
unverſehrt geblieben iſt. Die fehlenden Thürmchen auf der
Nordoſtſeite des Chores, die Verwitterung einzelner Steine und
decorativer Theile des Baues kommt gegenüber der Vollendet-
heit des Ganzen nicht in Betracht. Bekanntlich beſteht beim
Münſter eine Bauhütte, welche fortwährend damit beſchäftigt
iſt, die einzelnen Schäden des äußeren Banwerkes auszubeſſern,
die verwitterten Steine, Thürmchen, Baldachine, Figuren u. ſ. w.
durch neue zu erſetzen und zu ergänzen. Man muß dieſen un-
ter der Leitung des Herrn Baumeiſters Lembke ausgeführten
Reparaturen nachrühmen, daß ſie in Uebereinſtimmung mit dem
Bauſtyle des Domes und mit ſichtbar fortſchreitender techni-
ſcher Fertigkeit bewerkſtelligt wurden. Jm Verlaufe des Jah-
res wurde auch die an dem Geſimſe des Schiffdaches fortlau-
fende Galerie durch eine entiprechendere erſetzt und erſt kürz-
lich wurde, was wir mit beſonderer Freude melden, die ſüd-
liche Giebelſeite des romaniſchen Querſchiffes endlich auch
von ſeinem abgeſchmackten rothen Anſtrich befreit. Die Ab-
wechslung der rothen und weißen Sandſteine gibt der Façade
ein teppichartiges, wohlthuendes Ausſehen. Prächtig nimmt
ſich das Rundfenſter mit ſeiner ſchönen, klaren Gliederung aus.
Der Anfang des Münſters fällt bekanntlich in die Zeit, wo
noch der romaniſche Styl herrſchend war. Berthold J.
legte 1091 den Grund zu Freiburg und ſein Nachfolger Konrad
beſiegelte 1120 die Gründung des Ortes. Es iſt wohl nicht
zu bezweifeln, daß auch das Münſter, wenn auch nicht in der
jetzigen Geſtalt, in den Stadtplan aufgenommen wurde. Von
dem gegenwärtigen Gebäude ſcheint jedoch nichts mehr in dieſe
frühe Zeit hinaufzureichen. Das romaniſche Tranſept und die
Hahnenthürme in ihren untern Stockwerken, die älteſten Theile
des Münſters, haben vielmehr den Character der ſpätromaniſchen
Zeit und dürften nicht vor dem Anfange des 13. Jahrhunderts
entſtanden ſein. Da die Stadt durch Zuzug von Außen ſich
raſch vergrößerte und bald zu hohem Anſehen und innerer Selbſt-
 
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