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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0035
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtverems der Erdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 57.

Dominé dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

September 1866.

I *leber kirchliche Wand- und Gewölbe -Malerei.

chere'' nennt. Der Kirchenhiſtoriker Euſebius erzählt, daß ge-
malte Bildniſſe der Apoſtel aus den früheſten Zeiten von einer
Generation auf die andere ſich vererbt haben. Aus dieſen und
andern Zeugniſſen geht doch hervor, daß die erſten Chriſten bild-
lichen Darſtellungen nicht ſo abgeneigt waren, wie man glau-
ben machen will. Selbſt die Geheimlehre (disciplina arcani)
war für ſie kein Grund, ſich der Bilder zu enthalten; dieſelbe
war vielmehr ein Anlaß, ſich durch bildliche Darſtellungen zu
verſtändigen. Vorab aber lag im Chriſtenthum ſelbſt der Keim
zu demſelben, da dasſelbe nicht wie ein philoſophiſches Syſtem
aus abſtracten Lehren beſteht, ſondern ſich auf Thatſachen
gründet, welche in früheſter Zeit durch Darſtellungen verſinn-
bildet wurden.
Steigen wir hinab in die Katakomben, ſo finden ſich
dort eine Menge Bilder und Typen, die unſtreitig der vor-
conſtantiniſchen Zeit angehören. Beſonders häufig findet ſich
in denſelben das Bild des guten Hirten. Auch die Vorbil-
bilder des alten Teſtaments ſind vielfältig vertreten, wie z. B.
Adam und Eva, Noe in der Arche, bereits viereckig als Bild
der Kirche gemalt, das Opfer Abrahms, Jſaaks, Moſes u. ſ. w.
Auch Bilder der Engel und Heiligen, der Apoſtel und der
ſeligſten Jungfrau kommen vor. Ein Beſucher der Katacomben)
ſchreibt über die Kapelle des Allerheiligſten Sakramentes Fol-
gendes: ,,Nachdem wir die Niſche und die Stelle, wo früher
der Altar war, genauer beſichtigt hatten, wandte ſich unſere
ganze Aufmerkſamkeit dem kleinen Wandgemälde zu. Die Künſt-
ler glauben, daß es dem zweiten oder dritten Jahrhundert an-
gehöre, ebenſo wie die folgenden Gemälde der Kapelle. Die
Farben ſind noch gut erhalten. Wie die Anzahl der ſieben
Apoſtel kund gibt, lag dem Maler die Speiſung der Apoſtel
am See Tiberias nach der Auferſtehung des Herrn als Sym-
bol des hl. Geheimniſſes zu Grunde. Auf der dem Eingange
gegenüberliegenden Wand fanden wir von Guirlanden und Ara-
besken umgeben eine Reihe kleiner Gemälde. Wir führen von
ihnen an: ein Mann, der an einen Felſen ſchlägt, aus dem ein
Strom Waſſer hervorſprudelt. Es iſt offenbar der Geſetzgeber
und Führer Jſraels durch die Wüſte, Moſes. Ferner Jonas,

Gewichtige Stimmen ausgehend von Männern, welche ſich
beſonders mit dem Studium der kirchlichen Kunſt befaſſen, re-
den mit aller Entſchiedenheit der Wiederbelebung der Wand-
und Gewölbemalerei das Wort. Und dieſes mit vollem Fug
und Recht, denn ſie haben das ganze Alterthum für ſich, indem
die monumentale Malerei als Schweſterkunſt eine ſtete Beglei-
terin der romaniſchen und gothiſchen Architektur war, ja ſelbſt
die Renaiſſance nicht verließ. Jetzt gehört eine gemalte Kirche
zu den Seltenheiten. Jn früheren Zeiten war es nicht ſo.
Alle Jahrhunderte, von der Urzeit des Chriſtenthums an gerech-
net bis herab auf das Ende des vorigen Jahrhunderts, legen
Zeugniß ab für die Allgemeinheit der monumentalen Malerei.
Zwar galt es für eine gewiſſe kunſtgeſchichtliche Richtung als
Glaubensartikel, daß die erſten Chriſten und die Kirchenväter
bei ihrer Strenge den Bildern nicht geneigt geweſen ſeien.
Allein eine ſolche Anſchauung beruht auf völliger Unkenntniß
der Kirchengeſchichte. Wenn z. B. Schnaaſe behauptet, die bil-
dende Kunſt habe in den erſten chriſtlichen Gemeinden keine
Pflege gefunden; das Geheimniß während der Verfolgung habe
dergleichen nicht gedeihen laſſen, außerdem ſei auch der geiſtige
Ernſt dieſer erſten Gemeinden und der Urſprung des Chriſten-
thums aus dem jüdiſchen Volke dieſen Künſten ungünſtig gewe-
ſen, und die Bilderloſigkeit habe dem Götzendienſt gegenüber ein
unterſcheidendes Merkmal chriſtlicher Verſammlungsörter und
Häuſer ſein müſſen, weßhalb auch die meiſten der ältern Kir-
chenväter Gegner dieſer Kunſt geweſen ſeien — ſo wird er in
jedem Satze durch die Geſchichte und den Geiſt des Chriſten-
thums widerlegt.
Schon die Vorſtellung, als ob es vor Conſtantin dem Gro-
ßen nur Betſääle und unterirdiſche Verſammlungsorte für die
Chriſten gegeben habe, iſt eine völlig irrige; den die Kirchen-
ſchriftſteller berichten ausdrücklich über die Zerſtörung von Kir-
chen in der Chriſtenverfolgung, welche auf öffentlichen und nicht
ſelten auf erhabenen Orten geſtanden ſeien. Tertullian im
zweiten Jahrhundert berichtet, daß die Chriſten ihre Trinkbe-
cher mit Darſtellungen des guten Hirten verzierten und ſpricht
von einer Darſtellung des Heilandes, welche er die ,,gewöhnli-

*) Ein Beſuch in den römiſchen Kataeomben von San Callisto im Jahre
1859 von Laurenz Hutmacher. Mainz bei Kirchheim 1861.
 
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