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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0047
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 60

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Dezember 1866.

J. leber kirchliche Wand- und Gewölbe -Malerei.
(Fortſetzung und Schluß.)

Conſtanz iſt an Wänden und Gewölben ganz bemalt, die
Gemälde ſind noch gut erhalten. Dieſes dürften denn Belege
genug ſein für unſere Behauptung, daß man nie aufgehört hat
die Kirchen mit Wand- und Gewölbemalereien zu ſchmücken.
Jm 16. Jahrhundert verliert ſich wenigſtens in Deutſch-
land der Boden der Wandmalereien mehr und mehr, während
die italieniſchen Meiſter immer- noch in dieſer Manier ihre
hauptſächlichſten Arbeiten ausführten. Die Wuth der Renaiſ-
ſange ließ anfänglich kein anderes Streben aufkommen, ſie
brach mit der Vergangenheit. Ein weiterer Umſtand zur Er-
klärung dieſer Erſcheinung iſt der, daß die deutſche Malerei
des 16. Jahrhunderts faſt ausſchließlich zur Tafelmalerei herab
ſank. Jedoch ließ ſich das natürliche Bedürfniß nach Farben
in den Kirchen nicht lange unterdrücken, denn die ſpätere Re-
naiſſange und die Zopfzeit ſind mit Vorliebe wieder zur Aus-
ſchmückung der Kirchen mit Wand- und Deckenmalereien zu-
rückgekehrt. Erſt die Neuzeit, die Periode des Bureauſtyls be-
gnügte ſich wieder mit dem reinen Nichts. Jn der allerneueſten
Zeit jedoch hat man wieder angefangen, einzelne Kirchen mit
Genälden und Decorationen zu ſchmücken, und bei Reſtauration
älterer Kirchen, wie z. B. in Worms, Mainz u. ſ. w. an Wänden
und Gewölben den Pinſel anzulegen. Gott gebe daß die Kir-
chenmalerei in dieſer Weiſe wieder zu neuem Aufſchwunge ſich
allwärts erhebe!

Ferner laſſen ſich anführen die Marienkirche zu Reutlingen,
die in der erſten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut wurde.
Die zur Sakriſtei dienende Katharinenkapelle enthält Wand-
gemälde, die nicht viel jünger als die Kirche ſind. Die Kapelle
in Wekerſtall, Filial von Donzdorf (Württemberg) war ganz
mit Gemälden bedeckt, die jedoch nicht vor 1340 anzuſetzen
ſind. Mit reichhaltigen Malereien ſind verſehen: der Chor
der Pfarrkirche in Wuchzenhofen (jetzt Thurm), die kleine Pfarr-
kirche in Mühlhauſen bei Cannſtatt (nach 1340) und die Pfarr-
kirche zu Weilheim unter Teck, die zwiſchen 1489—97 gebaut
und bemalt wurde. Hieher zu rechnen ſind weiter die Reſte
von Wandmalereien in der von den Franzoſen verwüſteten
Peterskirche in Bietigheim; in dem untern Geſchoß des Thur-
mes zu Gemmrigheim bei Beſigheim und im zweiten Geſchoß;
in der Regiswindiskapelle zu Lauffen am Neckar; in dem Chor
der Pfarrkirche zu Gärtringen an Wänden und Gewölben; im
Chor und Schiff der Heiligkreuzkirche zu Nußdorf; an der
Außenſeite der Pfarrkirche zu Ravensburg; in der ſechseckigen
Kapelle zu Kemburg; im Kreuzgang daſelbſt. Uebertünchte Ma-
lereien gibt es noch in der Kirche zu Bietigheim, zu Leonberg,
Wand- und Deckengemälde zu Magſtadt, in der Dionys- und
Paulskirche zu Eßlingen, in der Pfarrkirche zu Elpersheim im
Tauberthal.
Aus Oeſterreich ſind von großen und kleinen Bauwerten
zu nennen: die Marienkirche auf der Burg Karlſtein mit Ge-
mälden auf Goldgrund, die Katharinen- und Heiligkreuzkapelle
daſelbſt, die Wenzelkapelle im Dom zu Prag, der Domkreuz-
gang zu Brixen 1462 u. ſ. w. Aus Baden, die Kirche in
Burgheim, Amts Lahr, der Münſter in Ueberlingen mit Wand-
gemälden im Jnnern und Aeußern, der Dom zu Freiburg mit
übertünchten Gemälden. ) Die Sylveſterkapelle im Dom zu

Der vorſtehenden hiſtoriſchen Darſtellung erlauben wir uns
noch einige allgemeine Erwägungen anzufügen. Die deutſche
Malerei iſt faſt ausſchließlich zur Tafelmalerei herabgeſunken
und in Folge deſſen verkümmerte auch immer mehr die kirch-
liche Wandmalerei. Dieſer Zuſtand iſt ein unnatürlicher, ein
mit dem Bedürfniſſe der Gläubigen, mit der chriſtlichen Ge-
ſchichte und ſelbſt mit der vollkommenen Ausbildung der Kunſt

) Das Thürfeld des mittlern Nordportals enthält noch ein voma-
niſches Gemälde. Außerdem ſind deutliche Spuren von Wandgemälden im
Dom ſichtbar: in der Vorhalle, an der Seitenwand des ſo genannten
Frau enchörleins und in der Alexanderkapelle. Der Raum oberhalb der
Sakriſtei enthält noch gut erhaltene einfache Gewölbemalereien von Pflanzen-
vrnamenten. Es iſt kaum zu bezweifeln, daß auch die Gewölbekappen des

Schiffes um die Schlußſteine ähnliche Ornamentik gehabt haben. Als am
Ende des vorigen Jahrhunderts der Kaiſer von Oeſterreich bei ſeiner An-
weſenheit in Freiburg auch das Münſter beſuchte, wo die Grautuncher be-
reits ihre Arbeit vollendet hatten, drückte derſelbe ſein größtes Bedauern
aus über das Verſchwinden der Decken- und Wandgemälde. Welch ein
Genuß müßte es ſein, den hieſigen Dom in ſeiner frühern unverletzten.
Ausſchmückung mit Vergoldungen und Gemälden ſehen zu können!
 
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