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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0011
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 51.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

März 1866.

J. * Das Pfarrmünſter in Villingen

von Holz geſchnitzt ſind, aber durch einen einfarbigen Oelan-
ſtrich das Anſehen von ſteinernen Figuren haben und eine paſ-
ſende Füllung der lange Wänden des Mittelſchiffes bilden.
Angekommen in der Mitte zwiſchen den beiden Kreuzgängen,
wodurch das Geſtühl auf der Männer und Frauenſeite in 3 Ab-
theilungen unterſchieden iſt, ſtaunen wir nicht wenig, eine Kan-
zel zu ſchauen, wie man ſie nur in einem der erſten Münſter
erwarten würde. Dieſelbe iſt völlig von Stein aufgeführt und
ruht auf einem ebenſo künſtlich als geſchmackvoll gearbeiteten
Pfeiler, deſſen mittlerer Theil dem Betrachter auf jeder der
4 Seiten eine Statuette zeigt und deſſen Ende in Krabben aus-
lauft, welche die Kanzel umklammern. Da wo das Treppen-
geländer ſich an der Brüſtung der Kanzel anſchließt, iſt noch
ein Nebenpfeiler angebracht, der von einer ſimſonartigen Figur
oder Statuette umfaßt wird. An dem Treppengeländer wie an
der Brüſtung der Kanzel iſt die Geſchichte des Leidens Chriſti
— von der Verurtheilung durch Pilatus bis zur Grablegung —
Basrelief dargeſtellt. Am erſteren ſind drei Felder oder Ab-
theilungen und am letzteren vier angebracht. Wie gern der
Künſtler, der die Kanzel gefertigt, detaillirte, mag daraus zu
erkennen ſein, daß er über einem der Mitgekreuzigten einen
Engel und über dem andern einen Teufel, jeder mit ſeiner
Beute in den Armen, gemeißelt hat. Nur Schade, daß von
dem einfachen Schalldeckel aus ſich nicht ein gothiſcher Aufſatz
in die Höhe ſchwingt, entſprechend dem kunſtvollen geſchmeidigen
Fuß, auf dem die Kanzel ſteht. —
Nachdem wir den Mittelgang bereits zurück gelegt haben
und bei der vordern Abtheilung des Geſtühles angelangt ſind,
ſtehen wir vor dem in der Mitte des Ganges befindlichen ganz
zweckmäßig poſtirten Taufſtein. Die Steinhauerarbeit an dem-
ſelben iſt einfach; aber ein erſter Blick ſagt uns, daß er aus
der gleichen Meiſterhand wie die Kanzel hervorgegangen. Man
ſollte nicht glauben, daß es je zu einer Zeit hätte Jemand bei-
fallen können, denſelben aus dem Münſter zu entfernen und ge-
gen einen anderen unpaſſenden umzutauſchen, und doch geſchah
es. Denn es iſt noch kein Jahrzehent, daß man ihn aus einem
Nachbarkirchlein wieder geholt hat, wohin er zur Zeit der Renaiſ-
ſance verbracht worden, wo er aber weder ſeinem Umfange,
noch ſeiner Form nach am rechten Platze war.

kann zwar weder nach ſeinem Umfange noch nach ſeiner innern und
äußeren Beſchaffenheit überhaupt den hervorragenden Münſtern un-
ſerer deutſchen Städte an die Seite geſtellt werden. Doch hat das-
ſelbe ſeit einigen Jahren eine ſo vortheilhafte Reſtauration erhalten,
daß eine eingehende Erwähnung und eine kurze Beſchreibung dieſes
Gotteshauſes in einem Kunſtblatte uns angemeſſen erſcheint.
Das Langhaus, etwa 100 Fuß lang und 60 Fuß breit, aus
einem hohen Mittel- und zwei niederen Seitenſchiffen beſtehend,
ſtammt wohl ſchon ans dem zwölften Jahrhundert und iſt im
romaniſchen Style gebaut. Der gothiſche Chor etwa 50 Fuß
lang, iſt wahrſcheinlich ein Werk des 14. Jahrhunderts und
gleich dem Langhauſe von gehauenem Sandſtein aufgeführt. Zu
beiden Seiten des Chores ragen zwei achteckige Thürme empor,
die mit dem ganzen Gebäude im harmoniſchen Verhältniſſe ſtehen.
Auf dem nördlichen Thurm erhebt ſich eine einfache mit glaſir-
ten und farbigen Ziegeln gedeckte Pyramide, deren Fuß von
einem ſtarken Geländer aus Sandſtein eingefaßt iſt. Der ſüd-
liche Thurm zeichnet ſich durch reichere Seulpturarbeit aus.
Deſſen Spitze iſt mit Kupfer gedeckt und — gleichſam eine
Laterne bildend zum Aufenthalt einer Wache beſtimmt ge-
weſen, deren Dienſt Tag und Nacht fortdauerte, bis in neueſter
Zeit man für gut fand, den Thurmwartsdienſt aufzuheben und
dagegen die ſtädtiſche Nachtwache zu verſtärken.
Jn den innern Raum des Tempels führen zwei Haupt- und
drei Nebeneingänge. Die erſteren befinden ſich auf der ſüdlichen
und weſtlichen Seite und ſind mit Säulchen geziert, über welche
in byzantiniſcher Art entſprechende Bogen ſchweben. Treten
wir ein durch das weſtliche Portal, ſo befinden wir uns im
Mittelſchiff, das ungleich höher als die beiden Seitenſchiffe und
gemeinſchaftlich mit dieſen von 14 Säulen getragen iſt, die
nach Form und Umfang ungleich und durch Spitzbogen mit
einander verbunden ſind. Durch den breiten Mittelgang vor-
wärts ſchreitend und aufwärts blickend werden wir etwas un-
angenehm überraſcht an der Bühne Stuckaturarbeit zu ſehen,
welche der verdorbene Geſchmack des vorigen Jahrhunderts an
der Stelle des früheren Gewölbes angebracht hat. Dagegen
gewähren die Statuen der Apoſtel einen erbaulichen Anblick, die
 
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