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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0043
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 59.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

November 1866.

alten Stadt dort unten im Thal, deren goldene Domkuppel
uns im hellen Sonnenſchein wie eine zweite Sonne entgegen-
glänzt. Steigen wir hinab zu dem ,,niederſächſiſchen Nürn-
berg,'' wie man Hildesheim mit Recht nennt, zu dieſem auf goldener
Aue ſich pittoresk erhebenden Muſeum architektoniſcher Schätze,
wie ſie keine andere niederſächſiſche Stadt, ſelbſt Lübeck und
Braunſchweig nicht ausgenommen, aufzuweiſen hat.
Wenn wir von gedachtem Hügel, dem ,,Galgenberg,'' aus
eine Reihe üppiger Saatfelder durchwandert haben, ſo betreten
wir durch das Goſchen oder Goſlarſche Thor die Neuſtadt Hil-
desheims, welche ſich erſt im ſpätern Mittelalter aus mehreren
der Stadt nahe gelegenen Dorfſchaften bildete. Die breiten
geraden Straßenzeilen entlang blickend, wird der Fremde, der
hier die Stadt zuerſt betritt, von deren ſchönen alterthümlichen
Bauten er bereits viel gehört, ſich verwundert uach ſolchen
umſchauen; er ſieht nur kahle, ſelten einmal von einem unbe-
deutenden Häuschen aus dem ſechszehnten oder ſiebenzehnten
Jahrhundert unterbrochene Neubauten, zum Theil mit großen
Einfahrtsthüren zum Betriebe der Landwirthſchaft eingerichtet;
auch die ihrem Style nach der ſpäteren Gothik angehörende
Kirche der Neuſtadt bietet nichts Beſonderes, und höchſtens
mögen die verwitterten Kaiſer-Bruſtbilder an der Neuſtädter
Rathhausſchenke oder ein allerdings mit ſehr ſchönem und inte-
reſſantem Schnitzwerk verziertes Haus auf der Wollenweberſtraße
eine kurze Weile ſeinen Blick feſſeln. Die äußerliche Beſchaf-
fenheit der Neuſtadt überhaupt trägt neben dem Gepräge des
Modernen, das des Landſtädtlichen, und unterſcheidet ſich ſcharf
von der viel lebendigeren, alterthümlichen Altſtadt, welche be-
ſonders in ihren nördlichen und öſtlichen Theilen der ſtillen
Neuſtadt gegenüber von dem Geräuſch einer regen, geſchäftlichen
Betriebſamkeit belebt wird.
Der ſüdweſtliche Theil der Altſtadt dagegen, welcher die
,,Domfreiheit'' und die ,,Kreuzfreiheit'' in ſich ſchließt, liegt in
ſeinen meiſten Straßen und Plätzen in einer gewiſſen feierlichen
Ruhe da, und wir werden Ortskundigen gegenüber gewiß nicht
fehlgreifen, wenn wir die Stadt Hildesheim aus drei Theilen
von ſo ganz verſchiedenem, äußerlichem Character zuſammenge-
ſetzt ſehen, wie ſie kaum eine andere Stadt in gleicher Eigen-
thümlichkeit aufweiſen dürfte. Durchwandert man nämlich auf-

J. Ein Gang durch Hildesheim.
(Von Carl Seifart.)
Die ergiebigſte Provinz des Königreichs Haunover bildet
das bis zum Jahre 1802 reichsnnmittelbare Bisthum Hildes-
heim, welches etwa 32 Quadratmeilen umfaßte und jetzt einen
Theil des gleichnamigen Landdroſtei-Bezirks ausmacht. Die
Hauptſtadt des ehemaligen Bisthums, jetzt Sitz der Landdroſtei,
zählt gegen 16,oo Etuwoher und iegt drei Meilen von
Hannover, fünf Meilen von Braunſchweig und Goslar, hart
auf der Scheide, wo die unabſehbare, ſich bis an die Nordſee
erſtreckende Ebene an die letzten Höhen herantritt, welche in
weſtlicher Richtung vom Harze nach der Leine und Weſer zu
auslaufen. Von Oſt bis Nordweſt iſt die im Verhältniß zu
ihrer Einwohnerzahl ſehr ausgedehnte und umfangreiche Stadt
in bald näherer, bald weiterer Entfernung amphitheatraliſch
von Hügeln und waldigen Bergen umſchloſſen, von welchen
herab das Auge die üppig fruchtbare mit unzähligen Dörfern,
Flecken und Landſtädtchen überſäete Ebene durchſchweift und am
äußerſten Horizont auf den in nebelgrauer Ferne aufragenden
Thürmen und Kirchen von Braunſchweig und Hannover haften
bleibt; herrliche Fruchtfelder, von Gebüſchen und kleinen Hol-
zungen lieblich ſchattirt, umwogen von rothbedachten, reichen
Dörfern und Flecken, die, zum Theil mit Kirchthurmſpitzen
von anſehnlicher Höhe und hin und wieder mit weit ins Feld
hineinleuchtenden, ſtattlichen Gebäuden, den ganzen ſich breit
hindehnenden Landſtrich dem Auge als einen der geſegnetſten
und durch die Cultur verklärteſten deutſchen Gaue vorführen.
Die Umgegend von Hildesheim bietet in dem mannigfalti-
gen Wechſel von Berg und Thal, friſchgrünem Wieſengrund
und goldgrün durchleuchteten Forſten eine ſo reiche, durch die
maleriſche Stadt uud altergraue Schlöſſer gehobene Fülle land-
ſchaftlicher Reize, daß dieſe für ſich allein ſchon in neuerer
Zeit häufig die Wanderluſt rege machten, und namentlich Harz-
reiſende beſtimmten, von Goslar aus die faſt ununterbrochene
Kette waldiger Höhen über Bockenem und die Bodenſteiner
Klippen nach Hildesheim zu verfolgen. Jndeß, wie anmuthig
und überwältigend die reizende Landſchaft von dieſem grünen
Hügel, dem letzten Ausläufer des Harzgebirges, auch auf uns
einwirkt, mächtiger werden wir angezogen von der thurmreichen,
 
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