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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 13.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.7191#0013
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Chriſtliche

Kunſtblatter.

Organ des chriſtlichen Knnſtverems der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 143.

Domine ilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1874

Paläſtina auf der Weltausſtellung in Wien 1873.
Von Profeſſor Dr. H. Zſchokke.

deiht ganz vortrefflich, wird aber bei der ſchlecht beſtellten
Wirthſchaft auch nur ſtellenweiſe angetroffen. — Unter der
Gruppe Textil- und Bekleidungs- Jnduſtrie ſind zu nennen:
Seide, deren Zucht eigentlich am Libanon und in Syrien be-
trieben wird; ein Sack aus Pferdehaaren, ein Teppich (dergl.
Sachen werden von den Beduinenfrauen mit großer Geſchick-
lichkeit gearbeitet), Schuhe aus roth- und gelbgefärbtem Leder,
wie ſie die Orientalen zu tragen pflegen, ein Fez mit Silber.
Da die Waldungen Paläſtina's verſchwunden ſind, ſo kann
natürlich die Holzinduſtrie nicht in beſonderm Flor ſtehen;
nichtsdeſtoweniger wird das ſchöne Olivenholz, namentlich in
Jeruſalem, zu Schnitzereien verwendet. Aus dieſer Kategorie
waren ausgeſtellt: verſchiedene Holzſchnitzereien, Caſetten aus
Olivenholz, Taburets, Körbe, Leuchter, Schlöſſer, Medaillons
aus Holz, Strohmatten, mit denen man im Winter den Stein-
boden der Zimmer zu belegen pflegt und die oft ſehr ſchöne
Zeichnungen enthalten. Der in Jeruſalem anſäſſige preußiſche
Tiſchler Feſter ſtellte das Modell der Himmelfahrtskirche, aus
Olivenholz gearbeitet, aus. Beſonders nennenswerth iſt das
Modell der drei Gräber Abſalom's, Jacob's und Zacharias'
im Thale Joſaphat, welches durch Daniel Gatta aus Jeruſalem
ausgeſtellt wurde, und mit größter Genauigkeit aus Einem
großen Stück Olivenholz gearbeitet war; letzterer Umſtand
muß hier beſonders hervorgehoben werden, da der Oelbaum
in ſeinem hohen Alter leicht verwittert, und ein geſunder, kräf-
tiger Stamm, wie er zu dieſer Arbeit erfordert wurde, ſelten
vorkommt. Unter den Stein⸗, Thon- und Glaswaaren mögen
erwähnt werden: Teller, Schüſſeln, Becher, Pfeifen und Töpfe,
wie ſie heutzutage bei den Arabern gebräuchlich ſind; große
Kunſt wird man an dieſen Gegenſtänden nicht ſuchen durfen.
Aus den Glasfabrikationen zu Hebron waren Armbänder, Hals-
ketten, Ringe aus buntgefärbtem Glas ausgeſtellt. Die Be-
duinen- und Fellahweiber lieben auch wie die Frauen des Oe-
cidentes den Schmuck; da ſie es jedoch hierin ihren cultivirtern
Geſchlechtsgenoſſinen an Luxus nicht gleichthun können, ſo be-
gnügen ſie ſich mit gläſernen Schmuckſachen, die mit geringem
Preiſe beigeſchafft werden können und mit denen ſie Geſicht,
Arme und Hände zieren. Reichlich war die Kurzwaaren⸗Jn-
duſtrie namentlich durch die den Pilgern bekannten Bethlehem-

Nachdem die Weltausſtellung, welche in dieſem Jahre zu
Wien ſtattfand und aus aller Herren Ländern Tauſende herbei-
gelockt hatte, mit dem 2. November vorigen Jahres geſchloſſen
worden iſt, dürfte es für die Leſer dieſes Vereinsorgans nicht
unintereſſant ſein, zu erfahren, wie denn Paläſtina, dieſes kleine,
aber für uns ſo denkwürdige Land, neben den Coloſſen eines
ruſſiſchen, perſiſchen, japaneſiſchen, chineſiſchen und indiſchen
Reiches, an der Ausſtellung der Kunſt- und Jnduſtrie-Gegen-
ſtände ſich betheiligt habe? Dieſen Gegenſtand glaubte ich um
ſo mehr in Erwägung ziehen zu müſſen, da die Tagesblätter,
welche in Weitem und Breitem allen Abtheilungen mehr oder
weniger ihr Lob ſpendeten, der Gegenſtände aus und über Palä-
ſtina meines Wiſſens gar nicht gedachten, was uns um ſo
weniger wundern darf, da ja die intereſſanteſten Objecte nicht
einmal in den Hauptkatalog der Ausſtellung aufgenommen worden
ſind. Warum, iſt dem Schreiber dieſes natürlich unbekannt.
Jeder, der die Verhältniſſe Paläſtina's näher kennt, wird
des Erſtaunens ſich nicht erwehren können, wie es überhaupt
möglich geweſen, daß den Blicken der Beſucher Gegenſtände
aus dieſem Lande in welchem Kunſt und Jnduſtrie ſeit dem
Verfalle des lateiniſchen Königreichs in Jeruſalem aus ihrer
Lethargie nicht mehr zu erwachen ſchienen, begegnen konnten.
Die hier einſchlägigen Objecte bildeten natürlich keine beſondere
Abtheilung, ſondern waren größtentheils der türkiſchen Abtheilung
einverleibt. Beginnen wir nun mit den von den Eingeborenen
ſelbſtausgeſtellten kleinen Objecten.
Aus der Land- und Forſtwirthſchaft waren zu ſehen: Tabak,
kleine Fiſolen, Gerſte, Kichererbſen, Weizen, Linſen, Seſam,
Hirſefrüchte, die in den fruchtbaren Theilen Paläſtina's, nament-
lich in der Umgegend von Jaffa gebaut werden. Unter den
Nahrungs- und Genußmitteln führt der Katalog bloß Wein
und Oel an. Der Wein wird heutzutage bloß in wenigen
Gegenden Paläſtina's gebaut; der beſte Wein gedeiht noch um
Hebron, aus deſſen nächſter Umgebung die 12 Kundſchafter
ſchon zu Moſes Zeiten eine Traube und Früchte zum Beweiſe
der Fruchtbarkeit dieſes Landes brachten. Der Oelbaum ge-
 
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